Kapitel 52

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Immer noch in Gedanken versunken erreichte Adriana kurz nach sieben Uhr das Krankenhaus. Den ganzen Weg über begleiteten sie die Gedanken an Luzifer und ihre Mutter. Die Informationen von Gesa fühlten sich einfach zu ungeheuerlich an. Adriana vergrub die Hände in ihren Jackentaschen. Für die kommende Nacht musste sie sich eine zusätzliche Weste zulegen. Entweder das, oder einen anderen Unterschlupf finden. Das Problem war nur, dass es wenige Plätze in der Stadt gab, die genügend Schutz vor Dämonen boten und ihr trotzdem erlaubten in Ruhe mit Drym und Cruz Pläne zu schmieden. Falls Cruz in der nächsten Nacht überhaupt noch auftauchen sollte ...

Außerdem musste sie Savannah mitnehmen. Sie checkte ihre Nachrichten und machte vorsichtshalber einen Screenshot von Uhrzeit und Gleis, an dem sie Savannah am Mittag abholen sollte. Um nicht denselben Fehler wie bei ihrem letzten Besuch zu begehen, überredete sie die Empfangsdame im Krankenhaus auf Tequila aufzupassen. Noch einmal hätte sie ihn nicht vor dem Gebäude angebunden. Wer wusste schon, wozu Ivan Dakota noch alles anstiften würde?

Der Labrador sah sie aus seinen intelligenten Augen an, als sie ihm zum Abschied über den Kopf strich. „Sei schön brav, Süßer. Ich bin gleich zurück." So als hätte er sie verstanden, legte er sich auf den Linoleum-Boden, verfolgte allerdings weiterhin jede ihrer Bewegungen.

Wie immer nahm sie die Treppe anstelle des Aufzugs in den zweiten Stock. Wahrscheinlich würde sie diese Phobie nie ganz ablegen können.

Bevor sie die Klinke der Tür, die in den Flur führte herunterdrückte, flackerten Bilder ihrer Mutter vor ihrem geistigen Auge auf. Ihr letztes gemeinsames Picknick im Park. Unter der steinernen Engelsstatue mit den ausgebreiteten Flügeln. Rotkarierte Decke, Truthahn-Bagels, Trauben und Kindersekt. Ein perfektes Thanksgiving-Winterpicknick. Allein der Gedanke an diesen Tag schmerzte. Gesa hatte mit der Nachricht alte Wunden wieder aufgerissen. Sie musste heftig blinzeln, um die Tränen zurückzuhalten. Das hier war nicht der richtige Moment. Sie musste sich zusammenreißen.

Während sie sich noch auf die Lippen biss, öffnete sie die Tür und schlüpfte in den Flur. Trotz der frühen Stunde flitzten schon viele Schwestern den Gang entlang, bereiteten offensichtlich ihre Patienten für das anstehende Frühstück vor.

In Zimmer 208 saß Rico aufrecht in seinem Bett und starrte nach draußen.

„Hey Rico." Sie schloss die Tür hinter sich, damit sie ungestört reden konnten. „Wie geht's dir? Bereit entlassen zu werden?"

„Oh, hi. Schön dich zu sehen." Er lächelte. Klopfte dann auf die Bettdecke, um Adriana aufzufordern sich zu ihm zu setzen. „Ehrlich mal, sie hätten mich schon gestern entlassen können, die Quacksalber. Von dem Dämonenbiss ist nichts mehr als ein kleiner Kratzer übrig."

„Da bin ich sicher", seufzte Adriana wobei sie die Augen verdrehte. Sie setzte sich auf Ricos Matratze, die unter ihrem Gewicht nachgab, zupfte dann eine Weile an der gelb gestreiften Bettwäsche herum.

Rico griff sich seine Harry Potter Brille vom Nachttisch. „Wie war deine Nacht? Noch alles dran? Fortschritte mit den Halbdämonen, die ihr sucht?"

„Nein, leider nicht. Gibt nicht viel zu erzählen." Schnell brachte sie ihn auf den neusten Stand ihrer Suche.

Den Teil mit Cruz' Kuss ließ sie allerdings aus. „Viel Zeit bleibt uns nicht mehr. Hast du etwas über Luzifers Kinder herausgefunden?"

Er zuckte mit den Schultern „Nur merkwürdige Blogeinträge von Sektenmitgliedern. Meinst du, ihr könnt diesem Drym trauen? Irgendwie ist mir nicht wohl dabei, dass du mit so vielen Alpha-Dämonen herumhängst." Adriana schmunzelte. Dabei wusste er noch gar nichts von Brutus!

Dämonentage - Band 1 [Leseprobe]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt