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PAUL

Während ich den Kakao in meinem Becher schwenke, vergleicht Milos meine Rechnungen mit seinen und vertieft zunehmend die Furchen auf seiner Stirn.

Wir haben uns nochmal ins Café gesetzt, um gemeinsam zu lernen.

Mich beschleicht das Gefühl, dass ich ein paar dumme Fehler, wie Vorzeichenwechsel oder Ähnliches, gemacht habe.

Milos holt das Lösungsblatt hervor, bevor er hinter meine und Umformungen einen Haken setzt.

«Wieso hast du mich eigentlich nach Hilfe gefragt, wenn du soweit alles einwandfrei kannst?», fragt er schlussendlich und legt mein Blatt wieder zu mir.

Ich kratze mich zögernd im Nacken, während mich seine braunen Augen beobachten.

Just in dem Moment passiert uns Robin mit einem Lappen in der Hand. Mein Blick bleibt an ihm haften.

Dem Serben gegenüber von mir scheint es wie Schuppen von den Augen zu fallen. «Das ist nicht dein Ernst.»

Bin ich so durchschaubar? «Was?», blaffe ich.

Milos legt den Kopf schief. «Ich möchte dir jetzt nicht zu nahetreten. Nur bist du auffälliger als du denkst. Ich bin schon dabei gewesen, wenn Jan und du übereinander hergefallen seid. Mich geht es nichts an, ob du queer bist, aber dass du den da anschmachtest erkenne selbst ich.»

«Was wenn ich queer bin?», frage ich, ohne ihn anzusehen und räume währenddessen mein Mäppchen um.

«Was soll dann sein?», hakt Milos nach.

Seufzend reibe ich mir übers Gesicht und beobachte Robin dabei, wie er wieder hinterm Tresen verschwindet und seine Hände wäscht.

«Wenn du queer bist, bist du queer. No big deal, also für mich zumindest. Aber im Ernst, wenn selbst ich sehe, dass du was für den übrig hast, solltest du was unternehmen.»

Ich schüttle meinen Kopf und schließe mein Mäppchen. «Das fühlt sich nicht fair an. Er ist echt nett, aber zum einen weiß ich nicht, ob er überhaupt auf Männer steht und zum anderen bin ich noch ein viel zu großes Wirrwarr.»

Wir schreiben zwar mehr miteinander, aber das ist ungezwungen. Es tut gut mit ihm zu reden. Wahrscheinlich gerade, weil er nicht mitten im Chaos schwimmt.

Milos Mundwinkel heben sich und er verschränkt seine Arme vor der Brust. «Es sollten mehr Menschen so denken wie du.»

Schulterzuckend packe ich meinen Rucksack zu packen. «Was soll es bringen ihn da mit reinzuziehen? Ich will erstmal mit mir selbst fertig werden.»

Das Lächeln meines Gegenübers bleibt standhaft. «Du bist glaub auf einem echt guten Weg. Übrigens freut es mich, dass du dich mir anvertraut hast.»

Nun schmunzle ich. «Danke fürs Zuhören.»

Es dauert, bis zu mir durchsickert, dass Milos der erste ist, bei dem ich mich quasi richtig geoutet habe.

Milos neigt sich etwas über den Tisch und spricht nun mit gesenkter Stimme. «Darf ich dich fragen, was das mit dir und Jan ist?»

«Nichts», hüstle ich und nehme einen weiteren Schluck aus meinem kalt gewordenen Kakao.

Seine Brauen heben sich in Unglauben.

Ich atme auf. «Naja, ich habe mich in ihn verknallt und bin dadurch doppelt auf die Nase gefallen.» Er weiß was ich damit meine. Mit der Sache, dass für mich nicht nur Frauen in Frage kommen, habe ich mich mittlerweile angefreundet. Nur warum Jan ausgerechnet der sein musste, durch den ich es herausfinde, leuchtet mir nicht ein.

the love you wantWo Geschichten leben. Entdecke jetzt