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ROBIN

Die letzten Wunderkerzen brennen aus. Unsere Sektgläser sind leer und langsam erlöschen auch die letzten Feuerwerke am Nachthimmel.

Paul ist einer der ersten, der wieder nach drinnen geht, weil er friert. Phil ist ihm dicht auf den Fersen.

«Na du?» Camille stellt sich neben mich, während ich immer noch in die Ferne sehe.

Sie schiebt ihre Hände tiefer in die Taschen ihres schwarzen Wintermantels. «Starten wir grübelnd ins neue Jahr?»

«Frag mich was leichteres», seufze ich.

«Hat er dich geküsst?»

Ich schüttle meinen Kopf. Als er mich gefragt hat, wie ich zu Neujahrsküssen stehe, hatte ich die Befürchtung, dass es sein Plan wäre, mich zu küssen. Allerdings wurden diese Gedanken nicht bestätigt. Während unseres Gespräches hatte ich nicht das Gefühl, dass dahinter mehr steckt, außer dass er meine Perspektive dazu kennenlernen wollte.

«Hättest du es dir gewünscht?», hakt Camille nach.

Wieder ein Kopfschütteln meinerseits.

«Du machst es mir nicht gerade leichter dich zu verstehen», seufzt die Schwarzhaarige und zieht sich die Kapuze ihrer Jacke über.

«Wenn ich es doch nur selbst verstehen würde.» Mein Blick wandert durchs Fenster hindurch nach innen.

Paul sitzt mit Phil, Matteo und Celia am Esstisch. Sie spielen ein Kartenspiel und scheinen sich gut zu unterhalten. Er wirkt aufgehoben. Im Laufe des Abends hat er sich immer mehr fallen gelassen. Wenn man bedenkt, dass er fast nicht hergekommen wäre, erleichtert mich das ziemlich.

Nur weiß ich nicht wie ich das finde, dass er sich bei allen geoutet hat. Um das klarzustellen, ich habe das nicht zu entscheiden und ich freue mich unfassbar, dass er sich bei uns sicher genug fühlt, um sich zu öffnen.

Es ist eher, weil ich nun ein weiteres Argument von der Liste streichen muss, die aufgliedert, warum das zwischen uns nichts werden könnte. Uns ist beiden klar, dass wir noch nicht annähernd so weit sind, um uns in etwas reinzustürzen. Trotzdem wissen wir, dass da etwas zwischen uns ist.

Auch dass er vorhin offen und ehrlich mit mir gesprochen hat und völlig transparent damit umgegangen ist, wie er zu mir steht, macht es nicht besser. Es wird plötzlich vorstellbar. Es hat sich die Möglichkeit aufgetan, dass wir uns in eine Richtung entwickeln könnten, die uns zu mehr als nur Freunden machen würde.

Dass mir das Angst macht, muss ich nicht laut aussprechen. Wiederrum nervt mich das auch, denn seit wir einvernehmlich beschlossen haben, es einfach laufen zu lassen, bin ich irgendwie verkrampft. Dabei hat Paul keine Erwartungen an mich.

Als ich gesagt habe, dass ich sehen will wo das hinführen kann, habe ich das vollkommen ernst gemeint. Ich bin es, der sich nun selbst Druck macht.

Seufzend senke ich meinen Blick, beobachte das Flackern der Lichterkette, die um das Geländer der Terrasse gewickelt ist und spiele mit dem schwarzen Ring, der an meinem rechten Mittelfinger steckt.

«Er bedeutet mir etwas. Seine Nähe zu suchen ist so leicht», offenbare ich ihr.

Camille hakt sich bei mir unter und lehnt ihren Kopf an meine Schulter. «Paul ist echt ein Lieber. Phil würde mich auslachen, weil ich laut ihm wieder wie eine Esoterik-Tante klinge, aber ich spüre irgendwie, dass er nur gute Absichten hat.»

Argwöhnisch versuche ich in der Dunkelheit etwas in ihrem Gesicht zu lesen. «Hat dir das seine Aura gesagt?»

Sie verdreht ihre Augen und schnaubt. «Okay, vielleicht habe ich auch einfach mitgehört, wie er heute irgendwann mit Matteo gesprochen hat.»

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