7- "Stell dich nicht dumm"

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„Das Gefühl ist der Wahnsinn!" Mazes Wangen glühten mit seinen blauen Augen um die Wette. „Hast du das die ganze Zeit?" Er sah jünger aus, unschuldiger.

„Ich kann es nicht abstellen, wenn es das ist, was du meinst." Schlafen war am schlimmsten: Ständig schwebten meine Decken davon.

„Mit ein bisschen mehr Kraft könntest du möglicherweise fliegen", fuhr mein Trainer begeistert fort und ließ mich unvermittelt wünschen, er hätte auch mit Garcys Unterricht begonnen, „Ich denke dahin sollten wir trainieren."

Fliegen? Eher nicht. Vielleicht sollte ich ihm von meinen Decken-Problemen erzählen und mit etwas Praktischerem anfangen?
Aber Maze wollte von alldem nichts hören. Fliegen bedeutete Ausdauer und Kraft. Zwei Dinge, von denen ich nur in Maßen besaß.

Und gleichzeitig hatte ich die ganze Zeit darauf achten müssen, dass er sich entweder außerhalb oder innerhalb meines stetig schwindenden Radius befand.

Es war also nicht weiter verwunderlich, dass ich zurück in den Stall kroch, als Maze eine Stunde später mit mir fertig war. Es war wie nach der Flucht. Meine Muskeln protestierten, meine Kräfte hatten sich in den letzten Winkel meines Körpers vor mir zurückgezogen und ich wollte ins Bett.

Doch kaum da ich in den Stall zurück kroch, prallte ich mit Amila zusammen, die im gleichen Moment aus der Tür herausstürzte.
„Hab ich dir weh getan?", fuhr ich sie erschrocken an, die Hände tastend nach ihr ausgestreckt.

Amila sah... aufgeregt aus. Selbst ihre Ohren waren rot angelaufen. Mit einer Hand griff sich mich am Kragen und zog mich ins Innere des Stalls, ehe sie die Tür zuknallte.
„Du musst noch eine Stunde mit Maze machen. Ich hatte nicht genug Zeit!"

Wirklich jede Faser meines Körpers hatte Einwände. Maze wartete zwar vor der Tür darauf, dass ich meine Jacke geholt hatte, aber noch eine Runde würde ich definitiv nicht aushalten. Und noch etwas anderes strebte dagegen. Ich war von Anfang an nicht begeistert von der Idee Calean auszuspionieren. Vielleicht hatte es einfach nicht sein sollen.
„Es tut mir leid, Amila, aber ich bin fertig."

„Dann denk dir was anderes aus, wie du Maze länger hinhältst! Oder weih ihn in unseren Plan ein."

Nein. So lange wir keine konkreten Beweise für Caleans Schuld hatten, wollte ich so wenigen Menschen wie möglich von unserem Verdacht erzählen.
„Lass Maze die Ablenkung sein. Vielleicht sollten wir uns nicht in Caleans Zimmer schleichen. Es fühlt sich falsch an."

Hinter uns ging eine Boxentür auf und ließ mich schmerzhaft zusammenzucken.
„Ihr stehlt von einem Stalljungen?" Sidra zog jedes Wort wie alten Kleber auseinander. Sie trug teuer anmutende Reitkleidung, die bestimmt nicht jedem Schüler an Primwoodhall bereitstanden.

„Was tust du hier?", wischte Amila ihren Kommentar aus der Luft, während ich ertappt in mich zusammen sank. Aber nur für's Protokoll: Wenn ich etwas gestohlen hätte, hätte sie mich auch nicht dabei erwischt.

„Nach meinem Pferd schauen. Hast du kurz, Calean? Nur, um Gwinn genug Zeit zu geben, noch einmal in dein Zimmer einzubrechen ..." Mit ihren langen Fingern winkte sie Calean aus den Schatten der Heuballen zu sich, als locke sie eine Katze.

Ich wollte sterben. Hier und jetzt im Boden versinken und nie wieder auftauchen.

Calean hatte die Arme vor dem Oberkörper verschränkt, den Mund zu einer schmalen Lippe verzogen.
„Und? Irgendetwas Interessantes gefunden?"

„Wir... wollten nur nachsehen-...", versuchte ich, mich zu erklären.

„Natürlich. Tut mir ausgesprochen leid, dass ich keine Wertsachen habe", fuhr er ungerührt fort, während Sidra sich kichernd aus der Hintertür stahl.

Jagd der Nebelflüsterer- Die VogelfängerWhere stories live. Discover now