| 22 | a sword

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She wasn't looking for a knight. She was looking for a sword. -Atticus

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- Victorine -

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- Victorine -

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Nicolas spannte einen neuen Pfeil und richtete ihn auf den Eingang des Saales, während die anderen Soldaten zu beiden Seiten ausgewichen waren und Schutz gesucht hatten. Dabei war er einige Schritte zurückgegangen, um mich mit seinem Rücken abzudecken. Mir schien, als würde Nicolas mich noch weiter zurückdrängen wollen, aber meine Füße waren noch immer wie mit dem Boden verwachsen, unfähig, auch nur einen Schritt zu tun.

Sie blieben an Ort und Stelle, um meine Schwester zu schützen. Obwohl diese schon längst verschwunden war. Ich hatte ihre fliehenden Schritte deutlich gehört. Und ich hatte es geschehen lassen, ich hatte sie fliehen lassen.

Weil sie doch meine Crescentia war. Meine kleine Schwester war.

Weil ich sie aufwachsen sehen hatte. Weil sie früher nachts verängstigt zu mir ins Bett gekommen war und ich sie vor Monstern und der Dunkelheit beschützt hatte. Wir hatten zusammen gelacht, uns durchs Schloss geschlichen, uns Streiche gespielt, uns Geschichten erzählt. Uns gegenseitig beim Ankleiden geholfen, gemeinsam gegessen und gelacht und gelebt.

Und all die Zeit über soll sie mich wirklich gehasst haben?

Unsere Ermordung geplant haben?

Der Schmerz über diesen Betrug war größer als alles, was ich je in meinem Leben gespürt hatte. Das Wissen über ihre Taten saß tief in meiner Brust, gespikt mit scharfen Scherben, die mir von innen den Brustkorb aufschlitzten. Ich verstand das alles nicht. Und andererseits verstand ich es doch sehr wohl, weil ich Einblick in ihren Geist bekommen hatte und das Erfahrene nicht verleugnen konnte.

Nicolas stieß mit dem Rücken gegen mich und holte mich so mit einem wachrüttelnden Ruck in die Realität und gegenwärtige, scheinbar aussichtslose Situation zurück. Die Soldaten würden wahrscheinlich jeden Moment hereinstürzen. Und Nicolas' Feuerkräfte würden bei der schweren Rüstung der Männer vielleicht nichts ausrichten können.

"Wir haben fünf Leute, die uns gerade umbringen wollen. Irgendeine Idee?", flüsterte ich und ging nun gemeinsam mit Nicolas ein paar langsame Schritte zurück.

"Eigentlich sind es sieben", erwiderte der Mann in trockenem Ton vor mir, den gespannten Pfeil noch immer stetig auf den Eingang gerichtet.

Ich unterdrückte ein Schnaufen. "Entschuldige, dass ich nicht genau genug war."

Und schon stürmten die Soldaten herein. Nicolas schoss den Pfeil ab und traf erneut wie durch ein Wunder oder unendlich viel Übung in den schmalen Spalt, den der Helm der Soldaten freiließ. Aber die anderen stürmten weiter, direkt auf uns zu. Und niemals würde Nicolas die restlichen schnell genug erledigen können.

Imprecate | ✓Where stories live. Discover now