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CN: • Missbrauch

Meine frühste Erinnerung ist an ein Gespräch mit einer Erzieherin im Kindergarten. Sie fragt mich darüber aus wie genau mich ein Kindergartenmitkind misshandelt hat. Der Junge war wesentlich älter als ich, aber geistig so behindert, dass er mit 9 noch auf dem Stand eines Vorschulkindes war. Ich mache ihm dafür keinen Vorwurf, dass ich mich nicht wehren konnte gegen etwas das er nicht als falsch ansah. An die Misshandlung an sich erinnere ich mich nicht, ob aus Schutz oder weil ich zu klein war, kann ich nicht sagen.

Ich habe das lange Zeit niemandem erzählt, auch nicht meiner Therapeutin, weil ich nicht möchte, dass Kinder und Erwachsene dafür Konsequenzen erleiden müssen, die sie nicht verdient haben.

Inklusion ist wichtig, aber das sollte man den Profis überlassen. Ein Kind in den Dorfkindergarten zu stecken, in dem niemand mit sonderpädagogischen Kompetenzen arbeitet, ist fahrlässig, nicht nur weil sowas wie bei mir passieren könnte.

Ich habe noch immer mit den Folgen zu kämpfen, in der Gegenwart schwer geistig behinderter Menschen kann ich mich nicht entspannen und habe deshalb nur ungern mit ihnen zu tun. Es sind keine Panikattacken, nur ein starkes Gefühl des Unwohlseins und dafür schäme ich mich.

Diesen Oktober bekomme ich eine neue Therapeutin, vielleicht kann ich dieses Erlebnis dann endlich mal in Angriff nehmen.

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