9. Kapitel

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Schweigend sitzen sie in einem kleinen Fastfood-Restaurant etwas abseits der Stadt. Lustlos und mit kaltem Blick kaut Lilia auf ihren Pommes herum. Meran betrachtet das mit mitleidigem Blick. Doch er lässt sie. Er kann sie nicht dazu zwingen, mit ihm zu reden. Es ihm zu erzählen oder gar glücklich und froh zu sein.
Nach einer Weile schiebt Lilia die Pommes von sich weg, stützt die Ellenbogen auf den Tisch und sieht desinteressiert aus dem Fenster.
„Redest du etwa nicht mehr? Nicht, dass ich ein Problem damit hätte." Meran verzieht bei ihren Worten leicht den Mund. Ihr Tonfall gefällt ihm nicht. Sonst redet sie eher genervt, wütend und abweisend mit ihm. Nicht so gleichgültig und monoton. Vollkommen gefühllos. Er versucht sich nichts anmerken zu lassen.
„Doch, hab nur gewartet bis du dich wieder gefangen hast." Er versuchte ein seiner Stimme einen neckenden Ton zu verleihen, wie er ihn immer benutzt. Doch er versagt kläglich. Um Lilia zu täuschen reicht es aber trotzdem aus. Energisch dreht sie den Kopf zu ihm, schaut ihn hasserfüllt an.
„Mir geht's super!", behauptet sie. Eine glatte Lüge, die ihr niemand abkaufen würde. Wieder verzieht Meran den Mund. Dieses Mal sieht sie es und schaut ihn leicht verwundert an. Sie kennt diesen Gesichtsausdruck nicht. Besorgt, mitleidig und fast ein bisschen... wütend.

Was sie aber noch mehr verwirrt, ist die Reaktion ihres Körpers. Ihr Herz schlägt schneller, Blut schießt ihr in den Kopf und ihr Atem geht unregelmäßig. Schnell sieht sie weg. Was war das? Für einen kurzen Moment, fand sie, er sieht hübsch aus. Mehr als das. Wunderschön. Und sie wollte sein Lachen sehen, nicht den Gesichtsausdruck, mit dem er sie gerade mustert. Plötzlich war ihr das alles unangenehm.
„Alles ok?" Meran legt seine Hand auf ihren Oberarm, sie zuckt zurück. Versteckt ihr Gesicht hinter ihrem Pony, sieht ihn jedoch durch ihre Haare hindurch an.
„Ja.", sagt sie leise, ihre Stimme zittert. Ungewollt. Sie versteht nicht was mit ihr los ist. Merans Mundwinkel ziehen sich langsam wieder nach oben. Er steht auf, geht zu ihr herüber und beugt sich zu ihr herunter, bis seine Lippen fast ihr Ohr berühren.
„Du siehst irgendwie niedlich aus. Lass uns heimfahren." Mit hochrotem Kopf schreckt Lilia zurück, sieht ihn geschockt an. Meran kichert leise und hält ihr seine Hand hin. Etwas unsicher ergreift sie sie und er zieht sie auf die Beine. Gemeinsam verlassen sie das Restaurant und begeben sich zum Auto.

„Ich denke mal, du willst dann direkt nach Hause verschwinden, oder?", fragt Meran mit einem Lächeln in der Stimme. Sie fahren gerade in die kleine Stadt - oder das „Kaff", wie Lilia es liebevoll nennt - hinein, in der sie wohnen. Lilia mustert ihn überrascht. Die ganze Fahrt über hatten sie kein Wort gesprochen. Doch was sie am meisten wundert, er hatte ihr nicht eine Frage gestellt.
„Warum?" Sie sieht ihn verständnislos an, mustert ihn verwirrt. Er bekommt das nur nebenbei mit. Schließlich muss er sich auf das Fahren konzentrieren. Schnell bemerkt Meran, das ihre Frage keinerlei Bezug zu dem hatte, was er sagte.
„Was meinst du?"
„Du hast gar nichts gefragt. Wegen vorhin.. naja, du weißt schon." Lilia wendet ihren Blick ab, schaut stattdessen aus ihrem Fenster. Betrachtet die vorbeiziehenden Häuser und Bäume.
„Weil es deine Sache ist. Und ich warte, bis du es mir von dir aus erzählen willst." Schnell wendet sie ihren Kopf wieder Meran zu, sieht aber nur wie er seinen Blick wieder auf die Straße richtet. Ein Lächeln liegt auf seinen Lippen. Doch es erreicht seine traurig wirkenden Augen nicht. Er wirkt fast schon besorgt. Irgendwie findet sie das unheimlich süß. Unbewusst will sie die Hand nach ihm ausstrecken, bemerkt es aber noch rechtzeitig und zieht sie wieder zu sich hin. Mit hochrotem Kopf sitzt sie da und starrt auf ihre Knie. So verweilt sie den Rest der Fahrt.
Bei Meran angekommen, holt sie schnell ihre Sachen und will dann direkt nach Hause.

"Mach nichts Dummes." Sie nickt, schaut ihn jedoch nicht an und Meran gibt ihr widerwillig den Schlüssel. Besorgt sieht er ihr hinterher, während sie nachhause geht. Erst als sie um die Ecke des Hauses verschwindet, geht auch er wieder ins Haus.

Als sie vor ihrer Tür steht, überlegt sie kurz, ob sie überhaupt schon nachhause möchte. Eigentlich will sie das nicht. Aber sie kann jetzt auch nicht einfach so wieder zu Meran gehen. Sie schüttelt kurz ihren Kopf. An was denkt sie da nur? Seufzend schließt sie die Haustür auf, geht geradewegs in ihr Zimmer, wo sie ihre Sachen einfach in eine Ecke wirft. Nachdem sie sich ein altes Shirt angezogen hat, geht sie mitsamt der Tüte des Friseurgeschäfts ins Bad. Sie braucht etwas zur Ablenkung, warum also nicht einfach ihre Haare neu tönen?

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