3.1 Emma läuft doch keinem Jungen nach...^^

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Mein Vater begrüßte uns schon von weitem.
»Du bist aber früh dran, Liam«, strahlte Dad ihn an. »Sehr lobenswert.«
Liam grüßte zurück und zwinkerte mir zu.
Bei seinem frechen Grinsen, in Kombination mit diesem kecken Zwinkern, wurde mir ganz heiß, und obwohl Liam eigentlich von meinem Vater eingestellt worden war, damit ich mehr Freizeit hatte, würde ich vermutlich genauso viel Zeit im Laden verbringen wie vorher. Wenn nicht sogar mehr ...
Jedenfalls wollte ich versuchen, in Liams Nähe zu sein, wann immer es möglich war. Er schien so ganz anders zu sein als die Jungen, die ich bis dato kannte. Nicht, dass irgendein Junge aus der Schule jemals wirklich meine Aufmerksamkeit erregt hätte, doch ich sah, wie sie sich untereinander verhielten. Ständig knufften und verspotteten sie sich, warfen sich Beleidigungen an den Kopf und lachten sich gegenseitig aus, wenn jemandem von ihnen etwas Unangenehmes passierte. Falls das für sie Freundschaft bedeutete, wollte ich lieber kein Freund von ihnen sein.
Liam ging bereits in den Laden, während ich die Treppe hinaufschoss und mein Schulzeug in die Ecke pfefferte.
Schnell warf ich einen prüfenden Blick in den Spiegel, bevor ich mindestens genauso schnell wieder herunterlief.Merkwürdig. Früher hatte mich mein Spiegelbild nie interessiert, doch vermutlich gehörte das zu den Dingen, die sich im Alter änderten. Meine Mutter prophezeite mir laufend mehrere dieser wundersamen Wandlungen und die dazugehörigen Gespräche waren mindestens genauso schrecklich wie ihre Aufklärungsversuche.
Sie begann dann immer mit Worten wie: »Emma, wenn aus einem Kind eine Frau wird ...«
Sobald dieser Satz über ihre Lippen kam, verdrückte sich mein Vater vor den Fernseher oder versteckte sein Gesicht hinter einer Zeitung, und ich konnte zusehen, wie ich diese Peinlichkeit ertrug.
Schließlich folgte nach dieser Einleitung immer ein Thema, über das man mit seinen Eltern eher weniger gern redete, wie beispielsweise die erste Periode, Geschlechtsverkehr oder die damit womöglich einhergehenden Geschlechtskrankheiten.Bis jetzt hatte ich jedoch weder etwas mit Geschlechtsverkehr noch mit den dazugehörigen Krankheiten zu schaffen gehabt. Trotzdem meinte meine Mutter wohl, es könne nicht schaden, mich ausführlich und vor allem laut darüber zu informieren. Egal, ob wir gerade beim Einkaufen waren und die Verkäuferinnen schon fragend zu uns herüberschauten oder ob wir auswärts aßen und mein Dad mit einem knallroten Kopf am Tisch saß, der jeder Ampel Konkurrenz machen konnte.Ich stand auf der letzten Treppenstufe und atmete noch einmal tief durch. Liam sollte bloß nicht denken, ich hätte mich seinetwegen so beeilt.
»Hast du's eilig?«, fragte Dad, während er aus dem Verkaufsraum kam, der direkt in unseren Flur mündete.
»Äh ... nein, wieso?«
»Du siehst so ... gehetzt aus?«
Mein Dad war wirklich nicht der Feinfühligste, aber irgendwie hatte er immer ein Gespür dafür, mich ausgerechnet in den Momenten zu erwischen, die ich ihm lieber verheimlicht hätte. Glücklicherweise war er genauso gutgläubig.
»Das bildest du dir nur ein«, log ich, obwohl meine gezwungen ruhige Atmung überhaupt nicht zu meinem rasenden Puls passte.
Betont langsam setze ich mich in Richtung Verkaufsraum in Bewegung.
»Hatte ich Liam nicht eingestellt, damit er dir etwas Arbeit abnimmt?«, begann er erneut.
Ich blickte über die Schulter und überlegte schnell. Glücklicherweise fiel mir sogar etwas ein, was sich auch noch ganz passabel anhörte.
»Ja, schon. Aber solange er neu ist, helfe ich ihm, sich zurechtzufinden.«
Dad nickte kritisch. Ich wusste nicht, ob er mir die Geschichte abkaufte. Es sah nicht wirklich danach aus, aber er schien es zu akzeptieren, denn er sagte nichts mehr dazu. Ich hätte auch nicht gewusst, ob ich noch einmal so schnell eine passende Ausrede parat gehabt hätte. Schlagfertigkeit gehörte nicht zu meinen hervorstechenden Eigenschaften.Liam war bereits dabei, das frisch gelieferte Obst aus dem Keller heraufzutragen.
Vergnügt schlüpfte ich in den Verkaufsraum und ging hinter die Theke. Ich tat so, als würde ich das Geld in der Kasse zählen, doch in Wahrheit hatte ich nur Augen für ihn. Ich beobachtete, wie er unermüdlich eine Kiste nach der anderen aus dem Keller holte und wunderte mich gleichzeitig, warum er nicht müde wurde. Ich stand bereits nach zwei Kisten kurz vorm Exitus, aber die wievielte schleppte Liam gerade herauf? Die fünfte oder sechste? Kein Wunder, dass er solche muskulösen Oberarme hatte. Das hier schien er eindeutig öfter zu machen.
Mein Dad kam um die Ecke und verscheuchte mich von meinem Platz.
»Geh in den Keller und hilf Liam mit dem Obst«, kommandierte er.
»Geh in den Keller und hilf Liam mit dem Obst«, ätzte ich.Doch ich gehorchte und trabte die Kellertreppe hinunter, während Liam oben die Kisten ausräumte. Glücklicherweise hatte mein Vater den Befehl so laut gegeben, dass Liam ihn gehört haben musste. Nicht, dass er noch auf den absurden Gedanken kam, ich würde ihm hinterherlaufen ... Pfff!

Moonlit Nights 1 - GefundenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt