Seine Geschichte

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Es waren jetzt schon zwei Wochen vergangen, seit wir Remus zur Rede gestellt hatten. Wir wollten ihm Zeit geben, uns alles zu erklären.

Eines Abends saßen James, Peter und ich im Gemeinschaftsraum, Remus verzog sich, wie seit dem Abend vor zwei Wochen immer, in der Bibliothek. Mir ging es zunehmend schlechter.

„Sirius. Wir wollten ihm Zeit geben. Er wird schon mit uns reden", sagte James beruhigend.

Ich ignorierte ihn. Die Tür zum Gemeinschaftsraum schwang auf und Remus trat ein. Ich sah sofort zu ihm. Der Gemeinschaftsraum war leer, nur wir vier standen hier.

„Ich habe lange nachgedacht...", begann er leise.

Wir alle sahen ihn gespannt an.

„...und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich Hogwarts verlasse. Die Weihnachtsferien fangen morgen an und ich werde nach diesen nicht mehr an diese Schule zurückkehren. Ihr braucht mich dann nicht mehr ertragen", beendete er seine Ansprache.

Alles war ruhig. Ich sah ihn geschockt an.

„Oh nein. Remus Lupin, du ziehst jetzt nicht den Schwanz ein und verschwindest einfach! Wir sind verdammt nochmal deine Freunde. Du bist uns ans Herz gewachsen. Schön, dann hast du halt ein kleines, pelziges Problem, na und?! Wende dich nicht von denen ab, die für dich alles tun würden!"

Ich schrie ihn an. Remus schaute mich geschockt an. Auch Peter und James sahen erschrocken aus.

„Ihr wendet euch doch ab. Wer will schon mit einem Werwolf befreundet sein?!", sagte Remus aufgebracht.

„Wir wollen das. Bitte bleib in Hogwarts. Wir wollen nicht, dass du gehst...", sagte ich leise.

Remus sah uns mit tränengefüllten Augen an. Er setzte sich auf einen Sessel vor dem Kamin.

„Ich hätte nicht gedacht, dass ihr so reagiert...", murmelte er.

Wir lächelten ihn an. Auf einmal brach James in schallendes Gelächter aus.

„Hast ... hast du gerade ... bei Merlin, ich kann nicht mehr ... hast du gerade ernsthaft Remus' Problem als ‚klein und pelzig' beschrieben?"

James rollte sich vor Lachen auf dem Boden. Auch ich fing an, zu lachen. Remus sah uns eine Weile verständnislos an, aber dann rang auch er sich ein Lächeln ab.

„Du hast gerade einen blutrünstigen, mordenden Werwolf ‚klein und pelzig' genannt. Respekt. Ich hätte dir sonst was antun können", sagte Remus, nachdem wir uns beruhigt hatten.

„Als wenn du mir je etwas antun würdest! Du bist genauso verliebt in mich, wie der Rest der Schule. Und wahrscheinlich bist du ein kleines Schoßhündchen", grinste ich.

Remus sah mich wieder mit diesem komischen Blick an.

„Hast Recht. Wie kann man dich denn nicht lieben? Das weiße Schaf der Familie Black."

Er erwiderte mein Grinsen.

„Also, ich möchte ja ungern bei eurem Flirt stören, aber wir würden gerne ein wenig mehr über dein kleines, pelziges Problem wissen", sagte James grinsend.

Ich hatte ein leichtes Kribbeln im Bauch, ignorierte dies aber gekonnt.

„W-was genau wollt ihr wissen?", fragte er und war ein bisschen rot um die Nase.

„Am besten alles", sagte ich.

Remus grinste, doch das Grinsen war eher gequält.

„Gut, dass wir morgen keine Schule mehr haben ... setzt euch am besten", sagte Remus.

Ich setzte mich vor ihm auf den Boden, James auf einen Sessel neben ihn und Peter tat es mir gleich und setzte sich etwas abseits auf den Boden.

„Vorher möche ich euch um zwei Dinge bitten. Erstens, ihr dürft niemandem davon erzählen und zweitens, ihr dürft mich nicht unterbrechen. Fragen können danach geklärt werden. Okay?"

Er sah uns an. Von uns kam ein einheitliches Nicken.

„Also ... ich war gerade vier Jahre alt, als das passierte. Mein Vater arbeitet im Ministerium und er hatte damals an einem Fall mit Werwolfvergehen zu tun, dies erfuhr ich jedoch erst Jahre später. Er beleidigte den Werwolf ... Fenrir Greyback. Mein Vater sagte, Werwölfe sollten eigentlich getötet werden. Dies machte Greyback sauer. An dem Abend, als es geschah, spielte ich gerade im Garten. Meine Mutter rief mich rein, da es schon sehr dunkel war. Ich legte gerade meine Sachen weg und wollte ins Haus, als ich urplötzlich von einer riesigen Kreatur auf den Boden gedrückt wurde."

Remus machte eine Pause. Ich sah ihn geschockt an, wie auch die anderen.

„Greyback biss mir in ... meine Taille ... seine Zähne bohrten sich immer und immer tiefer. Ich hab um Hilfe geschrien, doch niemand kam. Er biss mich weiter und kratzte mich", dabei deutete er auf die langen Spuren in seinem Gesicht.

„Als er von mir abließ und endlich verschwand, kamen meine Eltern auf mich zugerannt. Sie brachten mich ins St. Mungos, doch dort wollte mir niemand helfen. Sie sagen, es wäre besser, ich würde sterben. Meine Eltern nahmen dies aber nicht an und so versorgten sie mich, so gut es ging. Es blieben schreckliche Narben zurück. Als ich elf wurde, besuchte uns Dumbledore. Er sagte, er würde sich freuen, wenn ich nach Hogwarts kommen würde. Ich müsste mich allerdings an Regeln halten, er hätte auch schon Vorkehrungen zu meinem und dem Schutz der Schüler getroffen. Ich müsste mir keine Sorgen machen, dass ich jemanden verletzte", beendete er seine Geschichte.

Wir alle sahen ihn geschockt an, mir lief sogar eine kleine Träne über die Wange. Er hatte so Schreckliches durchlebt und ich hatte keine Ahnung.

„Welche Vorkehrungen?", fragte Peter leise.

„Dumbledore ließ die peitschende Weide auf dem Schlossgelände einpflanzen. Unter den Wurzeln der Weide befindet sich ein Geheimgang, der zur heulenden Hütte führt. Dort zog ich monatlich meine Verwandlung durch."

Lupin sah uns nicht an, er sah aus dem Fenster, wo der Himmel fast schon so schwarz wie meine Haare war.

„Deswegen heulende Hütte. Nicht etwa, weil da ein Geist wohnt ... sondern weil ein Werwolf jeden Monat seine Verwandung erlebt", flüsterte James.

„T-tut die ... Verwandlung sehr weh?", fragte ich.

Ich hatte Angst vor der Antwort.

„Ja. Ich würde es keinem Menschen wünschen. Deswegen würde ich mich wahrscheinlich auch umbringen, sollte ich je einen Menschen beißen und dazu verdammen, so zu sein wie ich."

Meine Befürchtungen wurden wahr. Ich dachte mir schon, dass es sowas sagen würde. Ich kannte ihn. Er würde sein Leben lang unter Schuldgefühlen leiden.

„Du würdest niemanden verletzen. Du bist Remus. Du tust keiner Fliege was zu leide", sagte nun Peter.

Doch wir wussten alle, dass ein Werwolf keine Kontrolle über sich hatte.

In dieser Nacht ging keiner von uns schlafen, wir redeten viel. Doch gegen Tagesanbruch ging Remus in den Schlafsaal. Er war sehr müde.

„Wir müssen alles über Werwölfe herausfinden. Jedes Buch in der Bibliothek lesen. Es muss einen Weg geben, wie wir ihm helfen können", sagte ich nach einer Weile.

„Wow. Sirius, so kenne ich dich ja gar nicht. Was ist los?", sagte James grinsend.

„Er ist unser Freund. Wir müssen ihm helfen.", sagte ich nachdrücklich.

„Du hast ja Recht. Lass uns jetzt erstmal schlafen gehen."

James streckte sich. Wir gingen in den Schlafsaal und legten uns ins Bett. Ich drehte mich nach links und beobachtete eine Weile lang Remus, bis ich dann selber vor Erschöpfung einschlief.

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