Das Gepräch

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James sagte mir, ich solle mich vor den anderen ‚outen'. Das war gestern Abend. Jetzt saß ich im Unterricht und überlegte, wie ich das anstellen sollte, oder, ob ich es überhaupt machen sollte. Alles würde sich ändern. Ich nahm mir vor, abends mit ihnen im Gemeinschaftsraum zu reden.

Beim Mittagessen saßen wir wieder alle zusammen, auch Remus redete mit mir, doch wenn ich ihn auf gestern ansprach, blockte er ab.

„Sirius? Kann ich dich mal was fragen?"

Ich drehte mich genervt um. Vor mir stand ein Mädchen aus Hufflepuff.

„Was?", fragte ich sichtlich genervt, doch sie schien es nicht zu merken. Sie brauchte Ewigkeiten, um weiter zu erzählen. Meine Gedanken schweiften wieder zu dem klärenden Gespräch ab.

„...ob du vielleicht mit mir ausgehen würdest?"

Ihre Frage bekam ich gerade so mit. Ich drehte mich wieder genervt zu meinen Freunden um.

„Ich habe kein Interesse an Mädchen. Also lasst mich in Ruhe."

Anscheinend ging sie. Remus und Peter sahen mich erschrocken an, während James nur grinste.

„Was denn? Ich bekomme fünfmal die Woche diese Frage gestellt, ist doch normal, dass ich genervt bin", sagte ich grinsend.

„Du hast ihr gerade gesagt, dass du kein Interesse an Mädchen hast, Tatze", sagte James und wackelte mit den Aufgenbrauen.

Ich riss erschrocken die Augen auf.

„Das war nicht ernst gemeint. Ich wollte nur, dass sie mich in Ruhe lässt", log ich.

Das wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, es ihnen zu sagen. Stattdessen sagte ich sowas. Wie dumm konnte ich bitte noch werden?!

„Über sowas macht man keine Witze. Man sollte es ernst nehmen", fauchte Remus und stapfte wütend aus der großen Halle.

„Was ist denn in den gefahren?", sagte ich verdattert.

„Verdammt nochmal Tatze! Beweg deinen Arsch und entschuldige dich bei ihm. Jetzt!", schrie mich James an.

Ich schaute ihn verwirrt an, stand jedoch auf.

„Was ist denn jetzt mit euch los?", murmelte ich, während ich aus der Halle ging.

Ich brauchte nicht zu überlegen, wo er war. Jedesmal, wenn er sauer war, ging er rauf auf den Astronomieturm. Also lief ich die vielen Treppen hinauf zu ebendiesem Turm. Dort angekommen saß Remus tatsächlich dort.

„Moony?", fragte ich vorsichtig.

„Lass mich in Frieden, Sirius."

Er wirkte traurig.

„Nein, das mach ich nicht."

Ich setzte mich neben ihn. Lange Zeit war es still.

„Was ich eben sagte ... das mit, dass ich es nur gesagt hätte, damit sie mich in Ruhe lässt ... das stimmt nicht", sagte ich nach einer Weile und sah hinauf in den Himmel.

Remus sah mich überrascht an.

„Wie meinst du das?", hakte er verwundert nach.

„Wie wohl? Ich stehe nicht auf Frauen. Ich bin ... naja ... schwul."

Ich sah ihn immernoch nicht an. Plötzlich lachte er. Etwas in mir brach. Er lachte mich aus. Ich hätte es ihm nie sagen dürfen. Eine Träne rollte mir über die Wange. Schlagartig verstummte er.

„Sirius. Oh mein Gott. So meinte ich das nicht! Tut mir leid. Es ist nur so ... naja, seltsam ... zwei von vier Rumtreibern sind schwul. Ist ein ziemlich komischer Gedanke."

Er sah mich entschuldigend an.

„Was?", hauchte ich.

Er grinste. Nur war es ein wehmütiges Grinsen.

„Schon scheiße. Halbblut, Werwolf und schwul. Ich bin arm dran."

„Du bist arm dran? Was soll ich denn sagen? Abkömmling einer bösartigen Familie von Slytherins, ein Gryffindor, ich werde als Bastard angesehen, als Schande, und zudem bin ich schwul. Ich glaube, ich habe gewonnen", sagte ich grinsend.

Remus grinste jetzt auch.

„Seit wann weißt du, dass du schwul bist?"

Ich sah ihn fragend an.

„Ungefähr, seit ich 13 bin ... irgendwie wusste ich es schon immer, vielleicht wollte ich es nur nicht wahrhaben. Wie ist es mit dir?"

Er sah hoch in den Himmel.

„Naja, ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht so lange. Vor drei Wochen hatte ich ein Gespräch mit James und ich kam zu dem Schluss, ich sei schwul. Vorher war da definitiv auch was. Ich erkannte es nur nicht und James hatte mich oft darauf angesprochen."

Auch ich sah jetzt in den Himmel.

„Endlich sagt ihr es mal. Meine Güte. Eure Geheimnisse zu bewahren war nicht immer leicht", ertönte hinter uns eine Stimme.

James und Peter standen grinsend da.

„Du wusstest es?", hakte ich nach.

„Ja ... bei deiner ‚Erkenntnis' war ich ja dabei, Sirius. Bei Remus jedoch-"

Remus unterbrach ihn.

„Ist doch egal, wie du es herausgefunden hast. Lasst uns mal in den Gemeinschaftsraum gehen."

Wir nickten und gingen gemeinsam in den Gemeinschaftsraum.

Dort setzten wir uns hin. James und ich auf die Couch, Remus auf den Sessel links von mir und Peter auf den Sessel neben James.

„Hey Remus, jetzt kann man ja den Spruch unseres Lehrers ernstnehmen. Das ‚Werwölfe durchnehmen', weißt du noch? Jetzt kann es dir ja wirklich passieren."

James grinste fies. Remus sah ihn nur Augenverdrehend an. Wir unterhielten uns ziemlich lange und James ließ keine Gelegenheit aus, unsere Homosexualität zu erwähnen und sich einen Spaß daraus zu machen. Irgendwann gingen James und Peter ins Bett. Remus und ich unterhielten uns noch eine Weile lang. Niemand außer uns beiden war noch im Gemeinschaftsraum.

„Hast du je einen Mann geküsst?", fragte ich in die Stille.

Er sah mich leicht erschrocken an.

„Nein ... du?"

Er sah mich fragend an.

„Wie denn, wenn ich es erst seit drei Wochen weiß?"

Ich lachte. Er grinste verlegen. Ich schaute ihm in die Augen, diese strahlten eine Mischung aus Angst und Freude aus. Auch er sah mir in die Augen.

Wir saßen beide auf der Couch, nebeneinander. Langsam rutschte ich näher zu ihm. Auch er kam näher. Ich konnte seinen Atem auf meinen Lippen spüren und überbrückte die letzten wenigen Zentimeter, legte meine Lippen sanft auf seine. Vorsichtig und schüchtern bewegte er langsam seine Lippen auf meinen. Mein Herz setzte aus. Ich bekam Bauchschmerzen und eine Welle von Glück durchströmte mich.

Nch wenigen Sekunden lösten wir uns voneinander. Jedoch nur so, dass wir uns geradeso in die Augen sehen konnten.

„Das ... war ...", setzte er zum Sprechen an, doch ich ließ ihn nicht ausreden und legte meine Lippen wieder auf die Seinen.

Dieser Kuss war fordernder, leidenschaftlicher und gefühlvoller als der letzte. Er keuchte überrascht auf. Langsam drückte ich ihn runter in die Kissen der Couch, sodass ich nun über ihm lag, den Kuss nicht unterbrechend.

Er erwiderte den Kuss genauso fordernd und leidenschaftlich. In mir breitete sich ein wundervolles Kribbeln aus, doch stach mir auch etwas ins Herz. Sollte dieser Kuss enden, und das würde er, war dieses Gefühl vorbei.

Ich liebte ihn, das wusste ich. Nur, dass er dieses Gefühl erwiderte, war unwahrscheinlich. So legte ich all meine Gefühle in den Kuss, mit der Hoffnung, er möge nie enden.

Keep me SafeWhere stories live. Discover now