Kapitel 20.

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Wir wachen alle sehr spät auf. Gestern Nacht waren wir noch sehr lange wach.

Avery weckt mich mit einem Rütteln. „Laura, wach auf! Wir sollten uns auf den Weg machen!“ Langsam stehe ich auf und sehe, wie jemand auf dem kleinen Tisch im Bus ein Frühstück hergerichtet hat. Kim sitzt bereits auf der Bank und Heather, die neben mir auf einer Isomatte liegt, ist genauso verschlafen wie ich.

„Sie haben unser Videotagebuch bekommen“, teilt Kim uns mit ihrer kühlen, etwas unfreundlichen Stimme mit und erst jetzt sehe ich den Laptop, der vor ihr steht. Ich erinnere mich. Kim hat den ganzen letzten Abend daran gearbeitet. Es gab Probleme beim Verschicken, weil es so viele MBs hatte. Aber letztendlich hat es dann doch geklappt. „In der E-Mail steht, dass sie es heute Abend um Viertel nach acht ausstrahlen werden. Im Bus der Jungs steht ein Fernseher...“

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Eine Stunde nach dem Frühstück sind wir auch schon wieder unterwegs zu unserem nächsten Ziel: Ottawa.

Andrew und Daisy haben beschlossen, uns nicht weiter zu begleiten, sondern so wie es vorher schon ausgemacht war, in zehn Kilometern Entfernung. Außerdem haben sie zu unserer großen Überraschung gesagt, dass wir in Ottawa einkaufen gehen dürfen. Daisy hat es uns so erklärt: „Natürlich geht es in dieser Fernsehsendung darum, dass ihr allein in der Wildnis 'überlebt'. Aber das ist nur für die Vermarktung. Das heißt, ihr dürft natürlich auch Dinge tun, die nicht direkt etwas mit 'Wildnis' und 'Überleben' zu tun haben und es natürlich auch aufnehmen.“ Das war etwas, das der Chef uns nicht bei der Versammlung gesagt hat. Dabei ist es doch etwas so Grundsätzliches!

„Daisy hat gesagt, wir sollen heute mehrere Szenen in Ottawa drehen“, erklärt Avery und reißt mich damit aus den Erinnerungen. „Wie findet ihr es, dass wir shoppen gehen dürfen?“ Sie dreht sich kurz während dem Fahren nach hinten zu mir und Heather um, um unsere Gesichtsausdrücke zu sehen. Ich zwinge mich zu einem Lächeln, weil sie wahrscheinlich so etwas in der Art erwartet hat und sage einfach: „Super.“ Was mich gestern Abend etwas überrascht hat, war, dass Avery sich ziemlich gut mit Daisy angefreundet hat. Klar, eigentlich ist es nichts Eigenartiges, aber trotzdem fand ich es etwas seltsam, dass sie sich so gut mit einer Betreuerin versteht. Schließlich ist Daisy etwa neun Jahre älter als sie...

„Wer ist eigentlich heute dran mit Drehen?“, fragt Heather.

„Logan“, antwortet Avery als wäre es etwas, was man unbedingt wissen müsste.

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Wir liegen alle auf der Wiese mit Aussicht auf den Fluss und ein paar alte Gebäude von Ottawa. Die Sonne kriecht langsam unter den Horizont und ihre letzten Strahlen kitzeln unsere Haut. Niemand sagt etwas. Ich habe die Augen geschlossen. Die Stille ist so schön! Ab und zu hört man Vögel vorbei flattern oder ganz in der Ferne ein Auto fahren. Ich glaube, wir denken alle an dasselbe. Wir lassen den vergangenen Tag nochmal vor unserem inneren Auge abspielen und genießen es.

Letztlich verging der Tag viel zu schnell. Obwohl wir zu Acht in Ottawa durch die Läden gingen, hat es Spaß gemacht. Logan hat uns „zur Feier des Tages“ in ein französisches Restaurant eingeladen. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben Muscheln gegessen und wirklich – zu meiner großen Überraschung hat es mir sogar geschmeckt! Außerdem wollte Kim unbedingt in ein Kosmetikgeschäft, weil sie etwas Wichtiges vergessen hat. Da wir sie nicht allein lassen wollten, sind wir einfach mit ihr gekommen. Logan hat dann mit einer „Make-up Schlacht“ angefangen, wobei wir uns gegenseitig mit irgendwelchen Proben von Cremes beschmiert, bis uns die Verkäuferin herausgeworfen hat. Die Einzigen, die sich nicht an unserer „Schlacht“ (wie wir sie später liebevoll genannt haben) beteiligt haben, waren Kim und Daniel, die ein wenig genervt schienen.

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