Kapitel 8 - Äh...

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Louis merkte gar nicht so richtig, wie die Zeit verging. Irgendwann hatte es angefangen zu regnen. Aber das störte ihn nicht. Es regnete ja öfter mal und tat nicht weh. Eine aufwändige Frisur die Schaden nehmen könnte, trug er zudem nicht. Außerdem hatte er ja nichts besseres zu tun. Er würde sich sonst später ein Zimmer irgendwo nehmen, um die Nacht nicht in der Wohnung zu verbringen, die Stan gerade zum Spaßvögeln nutzte.

"Einen wunderschönen guten Tag, du da.", sprach ihn plötzlich jemand enthusiastisch von hinten an.
"Äh.... Hi?", fragte Louis erschrocken und wirbelte herum. Vor ihm stand ein Mann, der wohl etwas älter war als er selbst. Aber nicht viel.

"Oh, lass mich raten: du möchtest zu Mr. Styles?", fragte der mit einem wissenden Gesichtsausdruck.
Mr Styles? Keine Ahnung. Louis wollte zu Harry. Was für ein Mister das war, wusste Louis ja nicht einmal.

"Äh... Harry?", fragte er also und hatte das Gefühl, plötzlich sehr akut Wortfindungsschwierigkeiten zu haben. Ihm war es peinlich, dass er nicht einmal Harrys Nachnamen kannte. Der guckte auch so wissend. Louis hatte das dringende Bedürfnis anzumerken, dass er sowas sonst nicht machte.
Wer war denn der überhaupt? Ein junger Mann, blond gefärbt mit einem Schirm, der über und über voll war mit Katzencomics.

"Jap. Möchtest du... Tja, also eigentlich biete ich die Selbsthilfegruppe für anhängliche One Night Stands immer Montags um 17 Uhr an. Aber für dich mache ich Mal eine Ausnahme. Komm mit rein.", grinste der Mann und öffnete die Haustür.

"Äh... Danke.", murmelte Louis und ging mit. Sie hielten auf Harrys Etage. Der Mann wohnte offenbar direkt nebenan.

"Rucksack? Hast du da deine Zahnbürste drin?", fragte der dann plötzlich mitfühlend.
"Äh... Ich..."
"Verstehe... Naja. Kürbissuppe?"
"Äh. Gern. Danke."
"Wie lange hast du jetzt im Regen vor der Tür gestanden?", fragte der Typ und stellte seine Comickatzenschirm in seiner Wohnung in den dafür vorgesehenen Ständer.

"Nicht lange...", meinte Louis mit einer wegwerfenden Handbewegung.
"Jaa?"
"So zwei Stunden..."
"Okay. Kriegst sogar ne große Portion Kürbissuppe. Eine warme Suppe hilft immer. Von innen und außen.", entschied der Mann und ging in eine kleine Küche, in der ein großer Topf auf dem Herd stand.

"Oh danke."
"Eigentlich muss man dafür auf Knien rutschen, aber, weil du es bist...", sprach der Typ und nahm Louis sogar seinen Rucksack ab.

"Willst du duschen? Trockene Sachen anziehen? Du siehst aus, als wärst du her geschwommen."
"Äh... Danke. Das wäre sehr nett..."
"Niall. Niall Horan. Verdammt. Ich wollte das immer sagen, bevor ich Leute in meine Wohnung mitnehme."
"Bist du auch wie Harry?", fragte Louis und der Blick, der Niall traf, hätte die Polarkappen allein schmelzen lassen können.

"Äh... Nee. Nee, bin ich nicht. Aber tja... Ich mag es nicht, wenn die Jungs hier herum stehen und dann nehme ich sie mit rein zu mir."
"Ähm... Bist du auch... Also..."
"Och, Herzchen. Du kannst es noch nicht einmal aussprechen? Schwul. Sprich mir nach Sch-w-u-l!"
"Ähm... Bist du?"
"Nein, bin ich nicht. Aber du kannst ruhig erzählen, was du willst. Mein theoretisches Wissen ist auf dem Niveau eines durchschnittlichen schwulen Mannes von etwa Mitte dreißig Jahren. Glaub mir: mein theoretisches Wissen ist... Du glaubst nicht, was ich schon alles gehört habe, seit Harry nebenan eingezogen ist..."
"Oh... Dann haben... Die anderen .. dir also erzählt... Von ihrer Nacht...?"
"Ach herrje... Wie heißtn du, Mäuschen?"
"Louis... Louis bin ich."
"Also, Louis. Du gehst duschen und ich mache die Suppe warm. Und dann quatschen wir, okay?"
"Okay... Danke, Niall...", seufzte Louis und schob sich niedergeschlagen in das angewiesene Bad.

Es war komisch. Er kannte den Namen von dem netten Knilch erst seit wenigen Augenblicken und nun zog er sich in dessen Bad aus. Vielleicht lag das am Haus? War man hier generell einfach schnell nackig? Keine Ahnung.

Louis tauchte durch ein Meer von Shampooflaschen in der Dusche und nahm letztlich einfach irgendwas. Es war alles was verschiedenes. Aber wofür nun was war, wusste Louis nicht. Er hoffte, die Haare würden ihm nun nicht ausfallen.
Er fand Niall unglaublich nett. Auch wenn... Nun ja... Auch hier war er eben nicht der Erste. Niall hatte schon öfter Leute mit rein genommen, die auch zu Harry gewollt hatten. Allein der Gedanke, dass er für Harry ganz offensichtlich nicht so einzigartig gewesen war, wie der für ihn, ließ Louis sein kleines Herz schwer werden. Er hatte es ja gewusst... Aber nun wusste er es eben...

Schließlich betrat er frisch geduscht die kleine Küche. Niall hatte eine super orange Kürbissuppe in ziemlich großen Schüsseln angerichtet und jedem aus Balsamico die  Umrisse von einem Kürbis auf die Suppe gemalt. Er hatte sogar Kürbisservietten hingelegt.

"Wow. Das sieht toll aus.", staunte Louis.
"Oh, ich liebe Kürbisse. Ehrlich. Sie sind so vielseitig. Man kann sie kandieren, in Suppe packen, als Pie backen, als Mousse kochen... Ein Kürbis ist niemals falsch. Setz dich, setz dich."
"Ich hoffe, ich störe dich nicht.", murmelte Louis und schob sich dankbar auf den angebotenen Platz.

"Aber nein. Ich mag Besuch. Und ich bin spontan. Außerdem habe ich einige meiner besten Freunde so kennengelernt."
"Du hast sie auf der Straße angesprochen und ihnen Suppe gegeben?"
"Nein. Sie wollten zu Harry und ich wollte nicht, dass sie im Regen stehen."
"Oh .."
"Also, Louis. Erzähl."
"Was denn?"
"Wie alt bist du?"
"Ich bin 18 und mache gerade Abi."
"Oh, sehr gut. Wie geht's danach weiter?"
"Äh... Ich wollte studieren. Bin auf der Warteliste. Wenn das nicht klappt, werde ich ein soziales Jahr machen. Und es dann wieder versuchen."
"Wow! Du hast eine Alternative. Herzlichen Glückwunsch, mein Freund. Du hast mich gerade offiziell im Spiel des Lebens überholt. Und ich bin 25."
"Hä?"
"Ach, nein. Eigentlich bin ich ganz glücklich in meinem Job. Ich meine, ich rede sehr sehr gern. Und das kann ich da sehr gut. Aber manchmal muss ich Leuten sagen, dass sie gut aussehen, obwohl sie aussehen, wie ein Laster. Aber Mal ehrlich: ist denn wer immer komplett zufrieden mit seinem Job? Irgendeinen Haken gibt es doch immer."
"Äh...", machte Louis und überlegte, was der Typ beruflich machte.
"Ich schätze, du brauchst einen größeren Freundeskreis. Schon wegen deiner sexuellen Orientierung. Es ist leichter, wenn man Gleichgesinnte hat. Zum Austausch. Also ich bin natürlich auch da. Aber für mich ist, mein Körper, Mal abgesehen vom Mund, alles ein Ausgang. So lange man da was als Eingang bezeichnet.. nun ja, sagen wir: es würden sich wohl Themen ergeben. Ich nutze im Übrigen auch keine Wattestäbchen und steck sie mir in die Ohren. Solltest du das machen: das darf man nicht. Steht sogar auf der Packung."
"Äh..."
"Du kommst vom Land oder? Ach, was frag ich so doof? Natürlich kommst du. Du hast zwei Stunden im Regen gestanden und es hat dich nicht gejuckt. Du brauchst Anschluss hier in der Stadt, um mal auszugehen. Ich kann dir Leute vorstellen. Ich hätte da welche, die gut zu dir passen würden. Also nicht für Sex. Ach, was rede ich? Von mir aus auch dafür. Aber nicht ausschließlich. Dann lernst du jemanden kennen und kommst über Harry hinweg. Gut oder?"
"Ähm...", machte Louis traurig.
"Oh... Armes Mäuschen. Weißt du, Louis..  ich mag Harry. Wirklich. Er ist ein netter Kerl. Toller Nachbar. Aber... Wenn es eine einmalige Sache bleibt, dann solltest du dankbar sein. Sonst...  Sonst wird es mehr weh tun. Aber... Es wird nicht das werden, was du dir wünschst, okay? Pass auf dein Herz auf, Louis. Besonders, wenn du auf Menschen wie Harry triffts."

Da ist er drin. Aber nebenan. Und nun?
Bis dann.
Viele Grüße ^⁠_⁠^

Innocent - Wird fortgeführt auf StorybanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt