Schietwetter [Poetry Slam]

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{Vorgetragen am 16.02.2016}

Es regnet.

Nass, grau Matsch, patsch nass.

Kühle Massen, die, sich strömend ergießend, durch die Gassen fließen.

Blätter treiben in der eisigen Flut, verstopfen Silos, verursachen Wut.

Menschen hasten mit bunten Schirmen aufgespannt, geduckt zum nächsten Unterstand und denken sehnsuchtsvoll an sonnige Zeiten, die Schuhe voll – Wasser.

Autos fahren durch spritzende Straßen und machen jeglichen Versuch zu nichte, den Wassermassen zu entkommen, wenn sie durch eine Pfütze fahren und einem die nassen Massen nahe bringen, da kann man noch so sehr weg vom Kantstein springen, da bringt auch der Schirm nicht viel.

Durchnässt bis auf die Knochen kommt man dann nach Haus gekrochen, wo der Schnupfen schon lauert und es dauert nicht lang, bis man die Hymne niesen kann.

Nasen laufen den fallenden Tropfen hinterher, wollen auch strömen ins – Me(h)r Regen – ihre Besitzer auf mit ihrem ständigen Lauff, werden schniefend mit dem Tempo trocken gewischt, vergessen wird, dass sich das Lauftempo nicht reduzieren lässt.

Der normale Bürger verkriecht sich schniefend mit einem heißen Kakao im Bett, macht es sich unter der warmen Decke nett und ward nicht mehr gehört und gesehen bis der Südwind warme Lüfte bringt.

Nass, grau Matsch, patsch nass.

Tierbesitzer haben es auch nicht leichter. Hunde wollen ihren Geschäften nachgehen, sich mit anderen Abseilern treffen und um die Wette kläffen. Also zieht Herrchen sich den Regenmantel an und versucht schnell wieder daheim zu sein, sofern der Köter denn bald scheißen kann. Und dann mieft die Bude nach nassem Hund. Na schönen Dank, für den Gestank.

Auch Katzendamen haben es nicht leichter, die Tiere werden auch nicht heiter, bei diesem Wetter. Katzen wollen raus, aber nichts ins Nasse und jammern und klagen, man möchte schier sagen, dass sie sich gar herrlich beschweren über den Regen, der nun aus ihrer Sicht, wirklich kein Segen, da er sie vom Jagen abhält und von den Weiten dieser kleinen Welt.

Einige hartgesottene Gestalten walken bei Wind und Wetter, das regt angeblich die Geister und ist bei kühlem Wetter netter.

Spinner.

Ebenso wie die Eltern, die ihre Kinder bei dieser Witterung die Sau raus lassen lassen.

Nass, grau Matsch, patschnass toben die kleinen Genossen unermüdlich durch die grauen Gassen und lassen

Sich durch den Regen nicht beirren, wenn sie wie kleine Derwische durch die Pfützen sirren und mahnende Worte der Eltern, welche zitternd im Regen frieren, schlicht ignorieren.

Das alte Stück Flugblattzettel wird geschwind zu einem kleinen Boot, vom Stapel gelassen im Rinnstein segelt es im rauen Wind für immer fort.

An der nächsten Ecke wird es untergehen, doch das werden keines Kindes Augen sehen und so bleibt der Spaß am kühlen Nass - grün Matsch, patsch nass.

Braune Pflanzen saugen, vor staunenden Augen, die Wassermassen aus den überfluteten Gassen.

Ziehen jeden Tropfen in ihre Stiele und Stängel, Äste und Stämme und verwandeln das ungeliebte Nass in eine strahlend gründe Pracht.

Die Sonne schiebt sich hinter den Wolken hervor und spendet zärtlich Wärme, zurückhaltend und vorsichtig, vermutlich aus Angst, dass einer ihrer zarten Strahlen zerbricht unter dem Jubel über das spärliche Licht.

Ein Regebogen spannt sein buntes Band über die Dächer der grauen Straßen und sorgt für einen Moment der Herrlichkeit.

[Kinder, die eben noch Bootsmänner waren machen sich auf die Suche nach dem Schatz am Ende des schildernden Bandes, träumen von Schätzen eines fernen Landes, wo es Einhörner, Feen und echte Piraten gibt, sowie den ein oder anderen edlen Dieb, der die holde Dame erobert.]

Schnell vergessen ist beim ersten Sonnenschein auf sattes Grün und leuchtend bunte Blüten und Knospen, die noch in ihrem tristen Kokon hocken, die Sehnsucht nach der heißen Zeit.

Wenn alles trocken weit und breit und die nun ach so hübschen Pflanzenpracht durch die Dürre kahl gemacht.

Tropfen zaubern glitzernde Perlen auf Blätter in kristallklarer Pracht, Spinnenweben werden zu Netzen aus funkelnden Diamanten, einem Collier von unglaublicher Schönheit gemacht.

Nass, schön, Matsch, patsch nass ist zwar die trübe Jahreszeit, doch der Frühling ist nicht weit.

Geduld auch in den dunklen, grauen Zeiten, es wird ja schon heller, die Tage werden länger, bekommt jetzt bloß keinen Hänger, die Sonne kommt auch wieder hervor.

Diese tristen Zeiten, wenn wir uns im Sessel verkriechen und Tagelang in unseren Betten liegen, geben uns Ruhe und Kraft, gestärkt in die helle Zeit zu schreiten.

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