Ein paar Antworten und ein Zimmergenosse...

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(Kapitel bearbeitet und verbessert)

"Tja, meine liebe Lucy, so sehen wir uns wohl wieder", lachte die Rezeptionistin. Sie versuchte wohl herzlich zu klingen und war miserabel dabei. Wenn man keine menschlichen Gefühle hat ist das wohl sehr schwer. Psycho.

Unfassbar, dass die sich überhaupt noch traut, mir in die Augen zu schauen. Kennt die keine Reue? Kein Mitleid? Keinen Scham? Natürlich nicht. So wie die immer glücklich drauf ist, nimmt die sicher irgendwelche Aufputschmittel. 

"Wo bin ich hier?", ich beschloss nicht auf ihre Äußerung einzugehen und fragte einfach darauf los.

"Oh Lucy, Lucy, Lucy. Du kleines, dummes, naives Mädchen. Was glaubst du denn wo du bist?", fragte sie mich in mit einer erhöhten Stimme, als würde sie mit einem kleinen Kind reden. 

Will die mich komplett verarschen? Bei der ist ja ne Schraube im Hirn locker. "Woher soll ich das denn wissen? Ich war gerade noch in einem Krankenhaus und plötzlich wache ich in einem Käfig auf und überall sind kleine Monster die mich fressen wollen! Also sagen sie es mir!" Gegen Ende wurde ich ungewollt etwas lauter. Doch ich schaffte es gerade noch, sie nicht zu beleidigen. Obwohl es sowieso egal gewesen wäre. Die lächelt ja eh nur vor sich hin. 

"Mein Engelchen, vielleicht sollte ich so langsam mal anfangen dir etwas zu erklären, nicht wahr?", fragte sie und ich verdrehte die Augen. 

Dass die mich das auch noch fragte. Hätte ich ein Messer gehabt, hätte ich sie wahrscheinlich erstochen. Doch ich blieb ruhig und zeigte keine Emotionen. Ich nickte ihr zu und gab ihr das Zeichen weiterzureden.

"Du bist hier die Älteste von allen Versuchsobjekten hier. Naja, du und Experiment FR33. Ihr beide seid etwas ganz besonderes. Du wirst von nun an Experiment L1v3 genannt werden. Du solltest deinen Namen vergessen, denn du wirst ihn wahrscheinlich nie wieder hören. Die Versuche, die wir an euch durchführen, können nicht an Jüngeren unternommen werden und auch nicht an Leuten über das alter von 20 Jahren, da der Körper den Belastungen nicht standhalten kann. Du wirst dir einen Raum mit Experiment FR33 teilen, denn er ist der einzige, der noch unsere Sprache sprechen kann. Verstanden?", erklärte sie mir, als würde sie mir die Regeln eines Basketballspiels erklären wollen. Versuchsobjekte? L1v3? Das klang alles so bescheuert und unwirklich, dass ich das nicht einmal verarbeiten konnte. 

"Welche Versuche? Von was reden sie? Sie können doch Menschen nicht als lebende Versuchsobjekte benutzen! Und überhaupt. Wo sind wir hier?!", fragte ich leicht verwirrt und aufgebracht. 

Diese Frau schien das alles irgendwie ziemlich lustig zu finden, denn sie lachte sogar auf. Man, ich glaube ich werde auch mal diese Drogen probieren müssen.

"Das wirst du noch früh genug erfahren, Engelchen. Und unser Standort ist nicht von belangen. Außerdem, ich werde die Operationen durchführen, denn darin wurde ich geschult. Nicht als Rezeptionistin. Also, mein kleiner Engel, von jetzt an bin ich deine Ärztin. Verstanden?"

So viele Informationen. Zu viele. Ich konnte das alles nicht sofort verarbeiten, also nickte ich einfach nur schwach. Und warum nannte sie mich Engelchen? Was fiel ihr eigentlich ein? Gerade als ich wieder meine Stimme gefunden hatte und sie anfauchen wollte, wurde ich aus dem Raum gezogen und dieses mal wurde mir eine Augenbinde umgelegt. Wozu? Keine Ahnung. Als ob ich mir jemals diese verwirrenden Wege gemerkt hätte. 

Ich hörte wie eine Tür geöffnet wurde und mich jemand in einen Raum schubste. Dann wurde mir meine Augenbinde abgenommen. Überraschenderweise war ich in einem recht nett dekorierten Raum, der an einen Friseursalon erinnerte. In jeder Ecke befanden sich mir unbekannte, bewaffnete Männer, die den Raum bewachten. Sie wirkten recht einschüchternd und ich traute mich gar nicht, sie länger anzusehen. In der Mitte des Raumes stand eine Frau ungefähr Mitte 30, mit langen blonden Haaren und plumpen grauen Augen. Nichts besonderes an ihr eigentlich. Würde man ihr auf der Straße begegnen, würde sie in der Masse an Menschen sofort unter gehen. Doch gerade jetzt, bekam ich eine Gänsehaut bei ihrem Anblick. Was für eine Rolle spielte diese Frau in diesem kranken Spiel?

Ich wurde in ihre Richtung und auf einen gepolsterten Stuhl geschubst. Dort wurden meine Hände angekettet und ebenso meine Beine. Wieder einmal fühlte ich mich wie ein Tier und nicht wie eine Person. Ich spürte wieder die vertraute Angst vor dem Unbekannten hinauf kriechen. Was hatten sie bloß vor?

"Du bist also Experiment L1v3. Nett dich kennen zu lernen. Mein Name ist Deria. Ich werde dafür sorgen, dass du sauber bleibst und mich um deine Kleidung kümmern", erklärte die...Friseurin... professionell. 

Ich sagte einfach mal gar nichts. Mir fiel ehrlich gesagt auch nicht wirklich ein, was ich hätte sagen sollen und mein Mund war staubtrocken. Also nickte ich einfach nur. Dasselbe tat sie dann auch und wendete sich ab. Nach einer gewissen Zeit, drehte sie sich wieder zu mir um und gab mir ein übergroßes, weißes T-shirt, das so aussah wie ein Schlafkleid. Eingenäht stand oben "Experiment L1v3". Natürlich. 

"Das ist zum Schlafen gedacht. Du wirst alle zwei Wochen ein neues bekommen. Also mach es nicht sofort dreckig", erklärte sie mit einer beruhigenden Stimme.

Danach händigte sie mir eine Art Ganzkörperanzug. Er war schwarz-weiß und sah aus, als ob er eng anlag und sich genau an meine Konturen anpassen würde. Es erinnerte an eines dieser Superheldenkostüme die, wie eine zweite Haut eng anliegen und man darin immer gut aussieht.  

"Das ist dein Trainingsanzug. Zieh ihn jeden Tag nach dem Aufstehen an, denn du wirst jeden Tag gebraucht werden. Auch dieser wird alle zwei Wochen gewaschen. Er ist Wasserresistent und schützt dich vor Hitze. Alles klar?"

Ich nickte wieder und fragte dann wie betäubt: "Wozu brauche ich einen Wasser und Hitzeresistenten Anzug?"

"Das wirst du schon noch früh genug herausfinden. Ich habe keine Befugnis dir Einzelheiten zu erzählen", erwiderte sie ein wenig genervt.

Ja diese Frau ist mir ebenso unsympathisch. Wahrscheinlich tut sie immer genau das, was ihr der Chef sagt und zwar immer genau dann, wann er es sagt. Eine, die blind jeder Autoritätsperson folgt.

Als letztes übergab sie mir ein eng anliegendes T-Shirt in weiß und eine bequem aussehende Leggins in schwarz. 

"Diese Sachen kannst du an den Tagen tragen, an denen du regenerierst. Also dann, wenn du frei hast."

"Regenerierst? Heißt das, ich werde auch verletzt?!", rief ich panisch und ich spürte, wie sich mein Herzschlag wieder beschleunigte.

Sie sagte dazu gar nichts. Doch ihr Blick sagte mehr, als Worte es jemals könnten. Oh Gott. Wo bin ich nur gelandet? Ich muss hier raus!

"Das war für heute alles. Die Angestellten werden dich in deine Zelle bringen." Mit einer einzigen, kleinen Geste, kam ein breit gebauter Mann zu mir, packte mich, so wie jeder hier, an meinem Arm und zog mich hinter sich her. Natürlich hatte er davor noch die Fesseln gelöst und mir die Augenbinde angelegt.

Nach einer gefühlten Ewigkeit blieben wir stehen. Ich hörte einen Schlüssel, wie er in ein Schloss gesteckt und umgedreht wurde. Ein Riegel wurde zur Seite geschoben und ich hörte, wie sich noch weitere Schlösser öffneten. Ich dachte mir als einziges nur: Wow, ich hab ein Saugutes Gehör. Unangebracht. Ich weiß. Aber man denkt immer die seltsamsten Dinge in ausweglosen Situationen.

Ich wurde wieder unsanft am Arm gepackt und in einen Raum geschubst. Man nahm mir die Augenbinde ab und bevor ich mich an das wenige Licht gewöhnen konnte, wurde die Tür schon zugeschlossen. 

Als ich dann den Raum endlich genauer betrachten konnte, fiel mir als erstes die Überwachungskamera in der Ecke auf, die kontinuierlich rot blinkte. Eine Glühbirne war an der Decke in der Mitte platziert worden, die den gesamten Raum spärlich beleuchtete. Der Raum war recht sauber, weiß gestrichen und hatte noch eine weitere Tür. Diese führte in ein Badezimmer, das nur eine Toilette besaß. Diese sah allerdings nicht so rein aus. Achja und außerdem gab es noch einen zerbrochen Spiegel im Badezimmer. Wer ihn allerdings zerbrochen hatte, wusste ich nicht. Zurück im Hauptzimmer bemerkte ich noch, dass es zwei Betten an jeder Seite der Wand gab. Wofür war bloß das zweite Bett?

Doch, diese Frage wurde schnell beantwortet, als sich eine Figur aus einem Schatten löste und langsam auf mich zu kam. 

Vor schrecken stieß ich einen angsterfüllten Schrei aus.

Experiment L1v3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt