Part 1

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01: 04 Uhr

Ich schaue auf die Anzeigetafel der Bahn „9 Min." geschrieben in leuchtend, gelber Schrift. Wenigstens keine 25 Minuten mehr. Ein etwas dicklicher Mann mit einem Rucksack, ungefähr 5 Meter von mir entfernt, geht ungeduldig auf und ab. Er scheint es wohl eilig zu haben.

Auf irgendeine Art und Weise irritiert er mich, wahrscheinlich ist er auch nur ein ganz normaler Mensch, der einfach nur nach Hause will aber wenn man so lange in der Dunkelheit an einer verlassenen Bahnhaltestelle wartet, ja dann würde einem sogar der netteste Mensch der Welt irritieren. Man wird ja genug von den Nachrichten aufgefordert in jedem Menschen einen potenziellen Mörder zu sehen, ich meine klar okay das ist ja auch gut informiert zu werden und auf der Hut zu sein, wenn es dann nur einem nicht so eine Angst einjagen würde.

Erneut schaue ich auf mein Handy:


01: 07 Uhr

Bitte Ladegerät anschließen


Na super, das hat mir gerade noch gefehlt, jetzt war die Situation zu eindeutig für ein Mordverbrechen, welches die Bild perfekt als Schlagzeile verwenden kann.


Die 15 jährige Joyce Pauper wartete auf die Bahn als ihr Akku leer ging, auf den Überwachungskameras nur sichtbar: Ein Mann mit Rucksack. War er für ihr Verschwinden verantwortlich?


Ja, so in etwa würde das dann aussehen, und in allen deutschen Haushalten würden Mütter und Väter ihre Kinder mit GPS Systemen versehen und in den Schrank sperren damit ihnen ja nichts passiert.

Dann überall Nachrichten, ein Schulfoto von mir in einer Ecke des Fernsehers und ein Typ der, ein Buch vor das Gesicht haltend, durch den Gerichtssaal läuft.

Endlich fährt die Bahn ein, ich bin schon etwas erleichtert es lebend überstanden zu haben.

Zu Hause angekommen drehe ich vorsichtig den Wohnungsschlüssel im Schloss um und stoße möglichst leise die Haustür auf.

Hoffentlich ist Basti noch unterwegs, schließlich ist es Wochenende und er sollte sich doch auf irgendeiner Party voll laufen lassen und ein weiteres Naiv'chen um den Finger wickeln. Jeden falls sollte er nicht da sein und seine 10 Jahre jüngeren Schwester dabei erwischen wie sie, wieder einmal, zu spät nach Hause kommt.

Nein, das wäre wirklich nicht wünschenswert.

Na toll. Im Flur ist das Licht angeschaltet was an sich Nichts gutes verheißt jedoch ist es im Wohnzimmer, in dem mein Bruder schläft, aus.

Jetzt höre ich auch wieso. Basti scheint also Besuch zu haben, unzwar ein ziemlich lautes Naiv'chen.

Ich versuche nicht hin zu hören und gehe in mein Zimmer wo ich meine Tasche und Jacke ablege. Kurzerhand schließe ich noch mein Handy an das Ladekabel an. Eine neue Nachricht von Yuri:


Und? Bist du gut nach Hause gekommen??"


Ja klar, abgesehen davon dass ich alleine auf die Bahn warten musste und ich kurzzeitig Angst um mein Leben hatte.


Du meintest die Bahn kommt in ein paar Minuten.. sie kam aber in 25.." antworte ich dann.


Oh sorry Babe, Ich hätte dich ja gebracht aber als die Jungs kamen.. Und du meintest ja auch dass das kein Problem wäre.."

You Can't Always Get What You WantWhere stories live. Discover now