Kapitel 16

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So unauffällig wie möglich lasse ich meinen Blick über die Tische der Mensa gleiten.
Redende und lachende Schüler.
Nichts Auffälliges.

Ich schaue weiter durch den Raum und bleibe für einen Moment an dem Tisch mit meinen Kollegen hängen.
Gerade setzt sich Ms. Eliot auf den Stuhl neben Marcus und schmachtet ihn regelrecht an.
Meine Lippen verziehen sich zu einem leichten Schmunzeln, bevor ich mein Portemonnaie aus meiner Tasche hole und mich an der Essensausgabe anstelle.
Trotzdem lasse ich Ms. Eliot nicht eine Sekunde aus dem Blick.

"Hallo?", meint die Dame hinter der Theke fragend, was mich leicht aufschrecken lässt.

"Ähm, ja, entschuldigen Sie bitte. Für mich einmal das Menü zwei."

Die Frau nickt ein wenig mürrisch und reicht mir einen Teller mit Suppe und einem Stück Brot, nachdem ich ihr das Geld in die Hand gedrückt habe.

"Danke", bringe ich noch lächelnd heraus und drehe mich dann um, um mich auf den Weg zum Lehrertisch zu machen, wo ich mich auf den Stuhl gegenüber von Marcus und Ms. Eliot fallen lasse, nachdem ich meinen Teller abgestellt habe.

"Guten Appetit!", sage ich in die Runde, was von den anderen 7 Lehrern erwidert wird.
Nebenbei nehme ich war, wie meine Verdächtige sich offenbar versucht, an Marcus heranzuschmeißen.

"Ich finde es ja toll, wenn Männer sportlich sind und logisch denken können. Das macht sie so - attraktiv."

Leicht verdrehe ich die Augen, während ich mir innerlich die Hand gegen die Stirn schlage.
Marcus unterrichtet ja Sport und Mathe und so ist es natürlich überhaupt nicht auffällig.
Ironie lässt grüßen.

Einen kurzen Moment bin ich am überlegen, ob ich sie nicht vielleicht auf ihren Aufenthalt in der Sporthalle ansprechen sollte, ich entscheide mich aber recht schnell dagegen.
Vermutlich ist es schlauer, das in einem Moment zu machen, wenn wir zwei alleine sind.

"Wie gefällt es dir denn bis jetzt so an dieser Schule?", erkundigt sich Marcus und reißt mich somit aus meinen Gedanken.
Schnell zwinge ich mir ein Lächeln auf mein Gesicht, um nicht allzu konzentriert zu wirken und antworte dann: "Bis jetzt sehr gut! Meine Klassen sind wirklich in Ordnung. Ich kann mich nicht beschweren."

"Das freut mich!", erwidert mein Kollege. "Wenn du irgendwas brauchst, kannst du dich jederzeit an mich wenden. Tu' dir keinen Zwang an."
"Das ist sehr nett von dir, ich werde bestimmt mal darauf zurückkommen."

In diesem Moment klingelt die Glocke zum Ende der Mittagspause, weshalb fast alle Lehrer und Schüler aufstehen.
An meinem Tisch bleiben nun nur noch Ms. Eliot und ich sitzen.
Perfekt.

Ich warte noch einen Augenblick, bis alle außer Hörweite sind und richte mich dann an meine Kollegin.
"Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber darf ich Ihnen trotzdem eine Frage stellen?"
Sie scheint kurz zu überlegen, zuckt dann aber mit den Schultern und nickt.

"Was haben Sie gestern in der Sporthalle gemacht? Ich habe Sie dort gesehen und das, obwohl sie gar keine Sport Lehrerin sind. Haben Sie etwas gesucht?"

Stille.

"Ich wüsste nicht, was sie das angehen sollte, Ms. Jones. Es ist und bleibt wohl meine Entscheidung, wo ich meine Pausen verbringe."

Ich fürchte, ich muss meine Taktik ein wenig ändern...
"Das stimmt natürlich, ich dachte nur, Sie hätten vielleicht etwas verloren und ich kann Ihnen helfen, es wiederzufinden."

"Nein, nein, ich habe nichts verloren. Ich habe nur jemanden gesucht."

Etwas überrascht hebe ich eine Augenbraue und frage dann: "Darf ich fragen, wen Sie gesucht haben?"

Ms. Eliot seufzt leise auf und sagt dann: "Marcus."

Ah... Daher weht der Wind.

"Sie mögen ihn mehr als man einen Kollegen mag, oder?", frage ich vorsichtig, um diese Offenheit ihrerseits nicht wieder zu verspielen.

Sie zuckt mit den Schultern.
"Das kann schon sein, aber ich befürchte, dass das nicht auf Gegenseitigkeit beruht."

Ich nicke leicht und schiebe mir, unwissend, was ich jetzt sagen soll, einen Löffel Suppe in den Mund.
Irgendwie glaube ich ihr.
Ich weiß nicht warum, aber sie wirkte wirklich ziemlich geknickt.

Für einen Moment herrscht eine unangenehme Stille, aber zum Glück unterbricht Ms. Eliot diese.
"Eigentlich können wir uns doch auch duzen, oder? Ich heiße Liv."
Ein freundliches Lächeln liegt auf ihren Lippen.
Dieses erwidere ich und ich sage: "Das können wir gerne tun. Ich bin Sophia."
"Freut mich, Sophia."

Wir unterhalten uns eine Weile, bis mir eine letzte Frage für heute einfällt.
"Warum warst am Anfang eigentlich so abweisend zu mir?"
Liv überlegt kurz, was sie jetzt sagt und meint dann:
"Du hast dich so gut mit Marcus verstanden und ich dachte, du würdest auch etwas von ihm wollen."

Ein Lachen verlässt meine Lippen.
"Keine Sorge, ich nehme ihn dir schon nicht weg. Ich bin glücklich vergeben."

Liv hebt überrascht eine Augenbraue und fragt dann: "Ach wirklich? Wie heißt denn der Glückliche?"

"Jaden."


"Wie ist es heute so gelaufen?", fragt Justin und umarmt mich zur Begrüßung.
"Mal ganz abgesehen davon, dass ich meine bisher einzige Verdächtige ausschließen kann, ganz gut."

Frustriert lasse ich mich rückwärts auf das Sofa fallen und lege meine Arme über mein Gesicht.
"Wieso muss das so kompliziert sein? Kann nicht irgendwer einfach mal einen Fehler machen? Das ist doch nicht so schwer."

Justin zuckt nur mit den Schultern und meint dann: "Du bist doch die Erfahrene in diesem Gebiet und müsstest doch am Besten wissen, dass das dauern kann."

Ein Seufzen verlässt meine Lippen und ich zwinge mich dazu, dass bequeme Sofa wieder zu verlassen, um meine Schuhe ausziehen zu können und anschließend Waffe und Munitionen wieder zu verstauen.

Als Alles wieder an seinem Platz ist, lehne ich mich erschöpft gegen den Türrahmen und schließe für einen Moment die Augen.
Ich weiß nicht genau wieso, aber aus irgendeinem Grund strapaziert dieser Fall meine Nerven.

"Alles okay?" Höre ich Justin's Stimme fragen, worauf ich meine Augen öffne und direkt in sein besorgtes Gesicht blicke.
Ich nicke und drücke mich von der Wand weg.
"Es geht schon.", sage ich. "Lass uns einfach was Essen."

Ich gehe an ihm vorbei und möchte gerade die Küche betreten, als er mich plötzlich an meinem Oberarm festhält.
An diesem zieht er mich zu sich.
Direkt in seine Arme.

Und so stehen wir dort.

Ich in seinen Armen.

Ein ziemlich langweiliges, aber doch wichtiges Kapitel.
Ich hoffe, es gefällt euch!

LG
Nele



The Boss UndercoverWhere stories live. Discover now