Kapitel 19

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„Keine Ahnung. Ich denke, ich kann dich doch ein bisschen leiden."

Dieser Satz will mir einfach nicht aus dem Kopf gehen und das obwohl ich gerade mitten im Unterricht bin.
Wobei das auch daran liegen könnte, dass die Herren aus der letzten Reihe heute ihren Tag nicht in der Schule, sondern vermutlich auf einem Polizeirevier verbringen.
Dieser Gedanke lässt mich einen Moment schmunzeln, aber im nächsten Augenblick zwinge ich mich wieder dazu, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

D Okay, ihr werdet euch gleich in Gruppen von drei bis vier Personen zusammen tun und dann gemeinsam die Aufgabe auf diesem Zettel bearbeiten. Wenn ihr Fragen habt, könnt ihr euch natürlich jeder Zeit an mich wenden. Am Ende der Stunde solltet ihr aber soweit fertig sein. Alles, was ihr nicht schafft, ist Hausaufgabe, also: trödelt nicht zu sehr."

Mit diesen Worten reiche ich den Stapel mit den Aufgaben herum und lasse mich dann auf den Stuhl hinter meinem Pult fallen, worauf ich möglichst unauffällig mein Handy aus der Tasche ziehe, um nachzuschauen, ob Josh mir schon geschrieben hat.
Immerhin hat er mir ja versprochen, mich auf dem laufenden zu halten.

Leider ist dem nicht so, weshalb ich ein bisschen frustriert mein Telefon wieder an seinen Platz lege und dann meinen Blick durch die Klasse gleiten lasse.
So langsam bilden sich auch die letzten Gruppen und schon kurze Zeit später arbeiten alle, mehr oder weniger konzentriert, an den Aufgaben, die ich gestern Abend noch vorbereitet habe, bevor ich komplett übermüdet neben Justin ins Bett gefallen bin.

Keine Ahnung. Ich denke, ich kann dich doch ein bisschen leiden.

Schon wieder schwirrt dieser Satz in meinen Gedanken umher und, so sehr ich es auch versuche, er will sich einfach nicht verdrängen lassen.

„Miss Jones?"

Die Stimme meines Schülers reist mich aus meinen Gedanken und ich brauche einen kurzen Augenblick, bevor ich antworten kann.

„Ja", sage ich schlicht. Zu mehr scheint mein Gehirn gerade einfach nicht im Stande zu sein.

„Geht es Ihnen gut?"

Mit einem etwas aufgezwungenen Lächeln nicke ich und erwidere: „Ja ja, es geht mir gut. Ich bin heute wohl einfach mit den Gedanken woanders. Mach dir da mal keine Sorgen."
Der Junge nickt nur schulterzuckend und widmet sich dann wieder dem vor ihm liegenden Zettel.
Ich fahre mir einmal durch die Haare und beschließe dann, mich einfach mit etwas anderem als dem Nachdenken zu beschäftigen, um eventuell auf andere Gedanken zu kommen.
Ohne zu zögern erhebe ich mich von meinem Stuhl und gehe durch die Klasse, während mein Blick umherschweift und meine Schüler beim arbeiten beobachtet.
Immer wieder schaue ich auf die Zettel und lese mir schon einmal die bereits aufgeschriebenen Lösungen durch.
Zwischendurch gebe ich den oder anderen Ratschlag und auch die aufkommenden Fragen beantworte ich. Für einen kurzen Moment finde ich mich einfach in der Rolle der Lehrerin wieder und ich vergesse in diesem Augenblick komplett, warum ich eigentlich hier bin.
Ich werde allerdings sofort wieder zurück in die Realität geholt, als mir eine Zeichnung auf dem College Block von einem Jungen namens Harry auffällt.
Wenn mich nicht alles täuscht, ist dort das Tattoo von Wren Greens Arm abgebildet und auch wenn ich mich vielleicht später dafür verfluchen werde, kann ich gerade einfach nicht anders als meinen Schüler darauf anzusprechen.

„Hast du das gemalt?", frage ich den Jungen, welcher leicht aufschreckt und dann etwas unsicher nickt.

Ich lächele ihm aufmunternd zu und meine: „Das sieht wirklich sehr gut aus. So - lebendig. Machst du das schon länger?"

Erneut nickt Harry und sagt nun ein bisschen sicherer: „Ich habe schon immer gerne gezeichnet. Ich schätze, das habe ich von meiner Mutter."

„Und wie kommst du auf deine Motive? Das hier ist ja nun nichts wirklich alltägliches."

„Sie erscheinen einfach in meinem Kopf. Vermutlich habe ich sie vorher schon einmal irgendwo gesehen - vielleicht in Form einem Graffitis oder so."

Dieses Mal bin ich diejenige die nickt und, vermutlich mit Anerkennung in der Stimme, meine ich: „Ich will dich auch gar nicht weiter stören."
Mit diesen Worten kehre ich wieder zu meinem Schreibtisch zurück und denke über das nach, was ich gerade eben erfahren habe.
Die einfachste Erklärung wäre natürlich, dass Harry Mr. Greens Tattoo während des Unterrichts mal gesehen hat, aber so weit ich das bisher erkennen konnte, sind auch die männlichen Lehrkräfte immer in Anzug unterwegs, was den Arm natürlich verdeckt hätte.
Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas an diesem Gedankengang dran ist, ist natürlich nicht besonders groß, aber ich werde jedem noch so kleinen Hinweis folgen, denn nur so kann man die Chancen erhöhen, wirklich Erfolg mit dem zu haben, was man tut.
Ich beschließe, nachher mit Justin über die weitere Vorgehensweise in diesem Punkt zu sprechen.

In meiner Mittagspause, sitze ich wieder gemeinsam mit Marcus, Liv und dieses Mal auch Molly sowie zwei weiteren Lehrern, die ich bisher noch nicht kennengelernt hatte, an einem Tisch.
Wir unterhalten uns über Gott und die Welt und mit der Zeit wird mir auch Liv immer sympathischer.
Die Gedanken, die ich vorher nicht geschafft habe zu verdrängen, geistern nun eigentlich nicht mehr in meinem Kopf umher - als aber mein Handy in meiner Tasche vibriert blinken in meinem Kopf wieder alle Signallichter.
In der Hoffnung, dass Josh mir nun endlich schreibt, krame ich mein Telefon hervor und entsperre es, um dann so schnell wie möglich zu überprüfen, ob es sich bei der Nachricht um die von mir erhoffte handelt.
Wie es das Schicksal aber so will, ist die Nachricht natürlich nicht von Josh sondern von Justin.

Kurz überlege ich, ob ich den Chat überhaupt öffnen soll, aber letztendlich entscheide ich mich dafür.

‚Kann ich heute Abend ein paar Kollegen mitbringen?'

Ich verdrehe innerlich die Augen und antworte dann:

,Wenn es nicht zu viele sind, kannst du das meinetwegen machen. Kommt aber nicht zu früh. Ich muss vorher noch ein paar Vorkehrungen treffen.'

Eigentlich will ich nicht, dass wir heute Besuch bekommen - immerhin müssen wir uns dringend mit der Zeichnung und dem Tattoo beschäftigen -, aber vielleicht ist es ja ganz gut, wenn wir mal ein kleines bisschen Normalität in unsere vier Wände bringen.

„Sophia? Ist alles in Ordnung?", erkundigt sich Marcus besorgt, worauf ich erwidere: „Ja ja, ich war nur in Gedanken."

Ist es wahr? Habe ich gerade wirklich ein neues Kapitel hochgeladen?
Tatsache.
Ich bin mit dem Ende dieses Teils alles andere als zufrieden, aber ich denke, es ist besser als nichts.
Ich hoffe es gefällt euch!

Wichtig!!!
Ich brauche nach wie vor eure Vorschläge für diese Story. Ich habe mir schon viele Gedanken gemacht, aber irgendwie fehlt da noch etwas.
Danke schonmal im Voraus!

Ich wünsche euch allen übrigens noch ein frohes neues Jahr voller Gesundheit, Freude und guten Büchern.🎉❤️

LG
Nele

The Boss UndercoverWhere stories live. Discover now