22. Was bedeutet Harry?

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Louis starrte ihn an und für einen Moment hätte er die Hand gerne weggezogen, doch dann musste er an Nialls Worte denken.

„Er bedeutet dir etwas."

Tat Harry das? Seine Hand war warm und es fühlte sich nicht falsch an, sie in seiner eigenen zu halten. Ganz im Gegenteil. Louis kniff die Lippen zusammen und betrachtete Harry: einen jungen Mann, den es eigentlich gar nicht hier geben durfte.

Und doch war er hier und ja, es fühlte sich gut an.

Es fühlte sich verdammt gut an und gerade im Moment hoffte Louis, dass sie keinen Weg finden würden, ihn nach Hause zu schicken. Er wollte, dass Harry blieb. Ihnen würde schon etwas einfallen, um das erklären zu können. Sicherlich bekam man neue Papiere für ihn, wenn man sich nur eine passende Geschichte ausdenken würde. Das war alles eine Frage der Kreativität.

Aber hatte Harry nicht gesagt, dass er nach Hause wollte? Hier war ihm alles zu schnell und zu hektisch und er fühlte sich nicht wohl. Er vermisste seine Familie.

Und doch, wollte Louis nicht, dass er ging. Was, wenn er wirklich im Krieg ums Leben kam? Was, wenn die Maschine auf dem Weg nach England abstürzte?

Wäre es dann nicht besser, ihn hierzubehalten und sein Leben zu retten?

Wobei sich dann natürlich die Frage stellte, ob Harry hier wirklich glücklich werden konnte. Er vermisste ja seine Familie jetzt schon.

Louis kniff die Lippen zusammen und sah auf ihre Hände. Ohne es bemerkt zu haben, streichelte er Harrys Handrücken.

„Du wirst mir fehlen, wenn du weg bist, weißt du das?", sagte er leise und streichelte ihm über die kleine Narbe an der Wange.

„Du mir auch", antwortete Harry leise und öffnete die Augen.

Louis sah ihn an und lächelte traurig. Fast rechnete er damit, dass Harry die Hand wegzog, doch das tat er nicht. Er hielt sie weiterhin fest umklammert und sah ihn an.

„Ich würde dir fehlen?", fragte Louis, weil er glaubte, sich verhört zu haben.

„Ja schon. Du hast mir immerhin geholfen und mich hierher gebracht...Ich weiß gar nicht, wie ich mich dafür bedanken kann", sagte Harry leise und schluckte. Seine Augen waren glasig und er sah ihn ernst an. „Ich hab das Gefühl, ich bin dir etwas schuldig, aber ich kann dir gar nichts bieten..."

„Du musst mir nichts bieten und ich freue mich, wenn ich einfach weiß, dass es dir gut geht", sagte Louis leise und drückte ihm vorsichtig die Hand. Sie sahen sich an und Harry streckte vorsichtig eine Hand nach ihm aus. Zart und zögerlich berührten seine Fingerspitzen Louis' Wange.

„Gerade geht es mir gut", hauchte Harry und sein Blick fand Louis'.

Waren sie sich nicht zu nahe? Seine Hand wanderte ganz langsam ebenfalls zu Harrys Gesicht und dem jungen Soldaten fielen die Augen zu, als Louis ihn am Nacken berührte. Sein Herz klopfte und zum ersten Mal schien Harry nicht darüber nachzudenken, was richtig oder falsch war. Er ließ die Nähe zu.

Zitternd atmete Louis aus und zog Harry zu sich.

Gierig küssten sie sich und Louis hatte kaum die Möglichkeit, zu atmen. Er zog Harry so eng an, sich, dass er leise wimmerte.

„Was ist?"

„Meine Rippen..."

„Entschuldige..." Vorsichtig ließ Louis ihn wieder aufs Kissen sinken. Harrys Hand in seinem Nacken zog ihn mit sich nach unten und wieder fanden sie einander. Vorsichtig krabbelte Louis auf Harrys Schoß, setzte sich auf seine Hüfte und stützte sich rechts und links von ihm ab.

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