35. Kapitel

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Mason

Wutentbrannt renne ich immer weiter in den Wald hinein.

Mein ganzer Körper zittert und ich spüre bereits, wie ich beginne mich zu verwandeln. Nach ein paar weiteren Meter wehre ich mich nicht mehr dagegen. Ich lasse es zu.

Das Geräusch meiner zerrissenen Kleidung wird schon bald von einem ohrenbetäubendem Knurren übertönt.

Mit vom Zorn verschleiertem Blick sprinte ich los. Die eisigen Windzüge zerzause mir bei meiner übermenschlichen Geschwindigkeit das Fell. Ich bin mir sicher, sollte ich jetzt selbst gegen den dicksten, ältesten Baumstamm in diesen Wäldern rennen, würde ich ihn Dank meiner hitzigen Laune mit Leichtigkeit aus den Wurzeln reißen.

Warum verdammt nochmal lügt Amara mich an?

Habe ich es denn nicht verdient, dass wenigstens meine eigene Mate ehrlich zu mir ist?

War ich so schlecht zu ihr?

Meine Herz brennt und zieht sich bei jedem neuen, negativen Gedanken schmerzhaft zusammen. Gleichzeitig lodert diese unbändige Wut in meiner Brust. Sie gibt mir die Energie, immer weiter zu laufen. Nicht stehen zu bleiben. 

Erst, als ich irgendwann die Anwesenheit anderer Wölfe um mich herum spüren kann, verlangsame ich mein Tempo widerwillig.
Vor einem großen Felsen halte ich letztendlich inme. Ich setze mich und warte geduldig darauf, dass sie aus dem Schatten hervortreten.

Kurze Zeit später kommen sie auch schon angetrottet. Eine große Wölfin mit hellem, verwaschen wirkenden Fell. An ihrer Schnauze klebt Blut und Kratzspuren erstrecken sich über ihre linke Seite. Im Schlepptau hat sie zwei weitere Wölfe, beide wirken jedoch mit ihrer Statur nicht annähernd so bedrohlich wie die Vorangehende. Die Köpfe halten sie gesenkt. Meine Schwester ist mal wieder die Einzige, die sich traut mir in die Augen zu sehen.

Zwei Jäger, teilt sie mir aufgeregt mit, als sie vor mir zum Stehen kommt.

Erledigt?, frage ich nur knapp zurück.

Ronda's Wolf winselt und schaut über ihre Schulter zurück ins Dickicht.
Einer konnte flüchten. Bryce folgt seiner Spur.

Willst du ihm nach?

Ich sehe deutlich, wie sehr es ihr zusetzt ihren Mate in Gefahr zu wissen. Aber als Gruppenleiterin hatte sie keine andere Wahl als mir persönlich Bericht zu erstatten.

Mit hoffnungsvoll weit aufgerissenen schaut sie wieder zu mir.
Ich gebe ihr mit einem wortlosen Nicken die Erlaubnis, Bryce zu folgen. Sofort macht sie sich auf den Weg.

Bleiben noch zwei, denke ich mir und betrachte die beiden verängstigten Kreaturen vor mir.

Eingekauert hocken sie da und vermeiden dabei jeglichen Augenkontakt zu mir.

Genervt richte ich mich auf, sodass ich sie nun in voller Größe, um mindestens zwei Köpfe überrage.

Geht und bewacht den Pfad ins Tal!, befehle ich ihnen.

Sie ziehen die Köpfe noch weiter ein als ich es für möglich gehalten hätte und geben jeweils ein gequältes Winseln von sich.

GEHT!, brülle ich in ihre Köpfe und unterstütze meine Aufforderung dieses Mal durch ein furchteinflößendes Knurren.

Fast zeitgleich erheben sie sich daraufhin und verschwinden blitzschnell zurück in Richtung Vallis Mortis.

Ich beschließe, noch eine Weile an diesem Ort zu bleiben. In der Hoffnung auf die baldige Rückmeldung meiner Schwester dass  Bryce wohlauf ist, halte ich den Mind-Link zu den Mitgliedern unserer kleinen Siedlung offen.

Als ich auch Stunden später immernoch nichts von Ronda oder Bryce gehört habe, werde ich langsam unruhig.

Haben die Jäger sie erwischt? Vielleicht war es eine Falle.

Aber die zwei gehören zu unseren besten Kriegern und sind bestimmt nicht so dumm, sich gefangen nehmen zu lassen.

Wahrscheinlich haben sie eine heiße Spur zu ihrem Versteck gefunden und observieren die Lage, damit wir einen Angriffsplan erstellen können, beschwichtige ich mich selbst.

Die kommen schon alleine klar.

Ein Blick zum Himmel verrät mir, dass eine sternenklare Nacht bevorsteht. Die Sonne ist bereits vollständig hinterm Horizont verschwunden.

Höchste Zeit, mich um meine Observation zu kümmern.

Gemächlich erhebe ich mich und trotte zurück in die Richtung, aus der ich vor Stunden gekommen bin. Umso näher ich unserer Siedlung komme, desto fühlbarer setzt sich die Anspannung in jeder einzelnen Faser meines Körpers ab.
Ich wünsche mir so sehr, dass alles nur ein riesiger Irrtum ist und ich mit meiner Vermutung falsch liege. Das ich sie gleich nicht mit Caden zusammen vorfinden werde.

Enttäusch mich bitte nicht, meine kleine Wölfin.

Unerkannt schleiche ich durch die Büsche am Rande des Tals und lege mich sichtgeschützt auf die Lauer.

Jetzt heißt es wohl Abwarten.

Es ist schon weit nach Mitternacht, als ich plötzlich ihren unverkennbaren Duft in der Nähe wahrnehmen kann.
Bei einer anderen Person müsste ich mich zwar darum sorgen, ihr genauso durch meinen eigenen Geruch aufzufallen. Da ich allerdings stark bezweifle, dass Amara ihre Wolfsseite inzwischen gut genug unter Kontrolle hat um mich auch in Menschengestalt wittern zu können, verbleibe ich in meiner Position.

Im Stillen beobachte ich, wie sie mit nackten Füßen über die Gräser schleicht. Mit jedem ihrer Schritte hoffe ich dabei verzweifelter, dass sie nicht gleich genau das tut, was ich insgeheim befürchte. Mich hintergehen.

Doch irgendwann ist es dann soweit und ich muss fassungslos dabei zusehen, wie sie einer dunklen Gestalt unterm Schatten einer monströsen Eiche das letzte Stück entgegenhetzt.

Ich unterdrücke den Drang zu knurren, auch wenn ich dem mysteriösen Mann gerade am liebsten den Hals umdrehen würde. Noch will ich sie nur beobachten. Mir ein klares Bild verschaffen, bevor ich eingreife.

Auf einmal packt der unerkannt meine kleine Wölfin fest an den Oberarmen und scheint eindringlich auf sie einzureden. Ich setze zum Sprung an.

Von Weitem höre ich wie sie zu schluchzen beginnt und jede Faser meines Körpers spannt sich an. Sie reißt sich von ihm los und versucht wegzurennen, doch er hält sie am Handgelenk zurück. Dabei tritt er einen Schritt ans Licht und endlich erkenne ich auch  sein Gesicht.

Caden.

Ohne noch eine weitere Sekunde zu verschwenden, springe ich ab und eile mit unbändiger Geschwindigkeit in ihre Richtung.

Im selben Augenblick als ich auf den Verräter, den ich als meinen einzigen Freund bezeichnet hatte, losgehen will, ertönt aus der Ferne ein ohrenbetäubender Knall. Ein heftiger Schmerz durchzieht mein Hinterbein und lähmt mich noch in der Bewegung. Ich sacke zu Boden und höre dem Aufprall, spüre ihn aber nicht.

"Mason, nein!", nehme ich noch Amara's von Tränen überströmtes Gesicht wahr, als sie sich zitternd vor mich kniet.

Danach werde ich umhüllt von Dunkelheit.

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Bam bam baaaam 😨

Gemeiner Cliffhanger, ich weiß. 🙆

Habt ihr das erwartet?
Schreibt mir gerne was dazu in die Kommentare! 😊

Der nächste Teil wird aus Sicht von Amara, beginnend kurz vor diesem Vorfall spielen. Ich hoffe, dadurch wird so einiges klarer werden. ♡

Vergesst bitte nicht zu Voten, wenn euch das Kapitel gefallen hat!

Ihr seid die Allerbesten! 😘😘😘

Amara & Mason ~ Alpha Der RudellosenΌπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα