acht

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BIRNE

«Birne? Hast du die anfänglichen Entwürfe der Logos fertig?»

Ich starre wie gebannt auf den Bildschirm vor mir. Illustrator ist geöffnet und ich drehe den Stift meines Grafiktabletts in meinen Händen. Meine Gedanken bleiben nach dem Wochenende immer wieder im Nichts hängen, während ich in mich hinein cringe und weinen möchte. Den Pinguinfelsen werde ich mir jetzt wohl abschminken können.

«Herr Rossier!»

Erschrocken zucke ich zusammen und drehe mich auf meinen Drehstuhl um und sehe direkt in das Gesicht meines Vorgesetzten. Er holt tief Luft und wiederholt sich, während ich mit weit aufgerissenen Augen seiner tiefen Stimme lausche. «Bist du mit den Entwürfen fertig? Sie haben sich für nach der Mittagspause angekündigt, um den Rest ihres Auftritts zu besprechen. Weißt du zufällig wie weit Kilian mit der Website ist?»

«Ist fertig», murmle ich. «War gerade dabei dir alles in eine Mail zu packen.» Was Kilian betrifft, habe ich keine Ahnung. Zuletzt habe ich ihn vor zwanzig Minuten gesehen, als er seinen Kopf auf den Tisch fallen lassen hat, weil einer der Reiter auf der Seite nicht so wollte wie er. Anschließend hat er laut geschnauft, die Datei auf einen Stick gezogen und ist davon gebraust.

«Wo Gosslek ist, weiß ich allerdings nicht.»

Mathias seufzt und geht sich durch sein aschfarbenes Haar. «Ihr beide treibt mich noch in den Wahnsinn.»

Das mit der Website ist Kilians letzte Feuerprobe. Eigentlich steht schon fest, dass er übernommen wird. Zumindest kann es sich keiner anders vorstellen.

Meine Übernahme ist auch schon so ziemlich in den trockenen Tüchern. Im Gegensatz zu mir beschäftigt sich Kilian einiges mehr mit Gestaltung. Eigentlich fast ausschließlich. Seine Lehre geht vier Jahre, während ich im Marketing bin und nur drei Jahre ranklotzen musste.

Im Frühjahr machen wir gemeinsam unseren Abschluss, was ich wirklich kaum erwarten kann. Ich bin kein Mensch für die Schulbank. Danach wird er bei den Websites bleiben und ich werde in den Social Media Bereich gehen.

«Er wird bei seinem Betreuer sein. Irgendwas hat nicht so funktioniert wie er wollte.»

Der Mann Ende Vierzig seufzt und ist drauf und dran, mich wieder zu verlassen. «Danke, bitte schick mir die Mail, damit ich drüber gehen kann. Du kannst in deiner Pause weiter von David Beckham oben ohne träumen.»

«Der ist gar nicht mein Typ!», rufe ich ihm nach, während er bereits im Flur steht. «Und viel zu alt.»

«Ey, der ist so alt wie ich», erwidert Mathias pampig und rückt seine Brille zurecht.

«Ja eben», entgegne ich und verziehe erkennbar mein Gesicht.

Der Hauptverantwortliche für Papier und Druck verschränkt seine Arme und marschiert wortlos davon.

In der Mittagspause lässt sich Kilian erschöpft neben mir fallen.

«So schlimm?», frage ich und stopfe mir ein Stück Apfel in den Mund.

Er schiebt seine Brotdose zur Seite, damit er seine Arme auf dem Tisch verschränken und sein Gesicht darin vergraben kann. «Ich habe die halbe Nacht mit Becca telefoniert, weil sie nicht schlafen konnte.»

«Kommt das öfter vor?»

Der Brünette hebt seinen Kopf, atmet laut auf, fährt sich mit beiden Händen übers Gesicht und anschließend mit einer durchs Haar. «Manchmal lassen wir einen Anruf über die Nacht durchlaufen, wenn sich einer von uns allein fühlt.»

in case I fall for youWhere stories live. Discover now