zwanzig

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BIRNE

Lou und ich sitzen mitten im Wohnzimmer auf dem Boden. Es ist unsere letzte gemeinsame Mahlzeit in der Wohnung. Meine Zwillingsschwester wird morgen früh nach Luzern fahren und in ihre neue WG einziehen. Ich kann kaum glauben, dass ich das erste Mal seit zweiundzwanzig Jahren ohne meine Schwester wohnen werde.

Es ist verrückt, dass bereits Ende Januar ist. Noch im Dezember hat es sich so angefühlt, als wäre der Februar noch lange hin. Nun steht er auf der Türschwelle und schreit nach einem neuen Lebensabschnitt.

Unser Sofa haben wir verkauft, da Kilians Vater uns ein neues zum Einzug geschenkt hat. Der Fernseher steht vor uns auf dem Boden. Lous WG hat bereits einen, weshalb sie ihn Kilian und mir überlassen hat. Alles ist so kahl und ich hasse, dass es hallt, wenn man lauter spricht.

Meine Pflanzen stehen mittlerweile alle im Wohnzimmer vor den Fenstern auf dem Boden. Ich bin froh, dass wir in unserer neuen Wohnung auch große Fenster, Richtung Sonnenseite haben. Ansonsten müsste ich eine Weile auf einer Matratze auf dem Boden schlafen, weil ich in Pflanzenlichter investieren müsste.

Mein bisheriges Bett habe ich verkauft. In der alten Wohnung hatte mein Zimmer einen schmalen Schnitt, weshalb mein Bett auch eher kleiner ausgefallen ist. Mittlerweile hätte ich allerdings gerne ein breiteres Bett. Die neue Wohnung ist auch größer. Immerhin sind Kilian und ich bald ausgelernt. Wenn Becca dazu zieht, wird die höhere Miete zu stemmen noch einfacher.

Ich nehme auch nicht alle Pflanzen mit. Ein paar habe ich tatsächlich verschenkt oder auch an Leute aus Bern und Umgebung verkauft. Teilweise werden sie noch kommende Woche abgeholt. Lou hat auch ein paar für sich beansprucht. Sie würde es nie zugeben, aber Pflanzen haben es ihr auch irgendwo angetan. Die meiste Zeit hat sie sich über den Dreck beschwert und mich gebeten, aufzuhören, welche nachhause zu bringen.

Allerdings ist mir nicht entgangen, dass sie sich einen Karton genommen und ein paar ihrer Favoriten eingepackt hat. Auch wenn sie es leugnet, weiß ich, dass sie mich vermissen wird.

Die, die ich mitnehme, werde ich allerdings erst am Tag vor dem Umzug verpacken. Denn im Gegensatz zu Lou werde ich noch bis zum Wochenende hier bleiben, da wir erst dann in die neue Wohnung können. Auch die Schlüsselübergabe werde ich allein machen müssen.

Nala liegt zusammengerollt in ihrem Körbchen. Die letzten Tage läuft sie mir besonders viel hinterher und will überall dabei sein. Ich wünschte, ich könnte ihr erklären, warum ihre vertraute Umgebung sich so verändert oder warum Lou bald nicht mehr bei uns sein wird.

Es ist ein Trost für mich, dass sie Kilian liebt. Das wird ihr helfen, sich in der neuen Wohnung einzuleben.

Der Umzug selbst ist stressig und anstrengend. Schon als wir begonnen haben, Sachen, die niemand von uns mehr braucht ins Internet zu stellen, hatte ich genug. Es war schön, einfach nichts in eine Wohnung einzuziehen und sich alles erst nach und nach anschaffen zu müssen. So ist es erspart geblieben, alles von A nach B zu karren.

Irgendwann ist es allerdings geschafft. Die wichtigsten und größten Möbel sind aufgebaut und die Kartons alle in die Zimmer sortiert, in die sie gehören.

Kilians Vater, Rebecca und Diego haben uns geholfen, alles hier rauf zu schleppen. Mona selbst wird auch mit ihrem Kleinkind und Nala noch hier aufschlagen. Meiner älteren Schwester war anzusehen, dass sie gerne mit ihrem Mann mitgefahren wäre und uns geholfen hätte.

Nur geht das nicht. Denn ihre Kugel wird immer runder und schwer tragen darf sie auch nicht. Es war auch schon eine sehr große Hilfe, dass sie Nala übers Wochenende genommen hat.

Unsere Betten, Kleiderschränke und unser neues Sofa stehen. Die großen Regale, die Lou und ich auch schon vorher in unserem Wohnzimmer hatten, haben auch neue Plätze gefunden. Meine Motivation begrenzt sich auf ein Minimum, wenn ich daran denke, dass ich meine ganzen Pflanzen am besten heute noch auspacken sollte.

in case I fall for youWhere stories live. Discover now