vierzehn

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BIRNE

Die Weihnachtsfeier ist so langweilig, dass Kilian irgendwoher weißes Papier und Buntstifte hergezogen hat. Während Leute vorne Reden schwingen, malen wir jetzt unauffällig kleine Bildchen.

Die Geschäftsleitung hat einen niedlichen Saal in einer Gaststätte gebucht. Mit der Deko haben sie sich wirklich Mühe gemacht. An den Wänden entlang hängen Lichterketten. In einer Ecke des Raumes steht ein großer dekorierter Baum, unter der Geschenktüten stehen. Die runden Tische wurden in der jeweiligen Mitte mit kleinen Gestecken dekoriert. Es ist alles schlicht und in Pastellfarben gehalten.

Wenn ich hier sehe, was wir so kritzeln, stelle ich wirklich in Frage, warum wir beruflich etwas mit Medien-Design machen.

Kilians nächstes Kunstwerk ist eine komische Fratze, worunter er «FrEaKs» schreibt. Ich muss lachen, weil das eindeutig auf die Lehrlinge aus der Buchhaltung, Elisabeth und Michael, bezogen ist. Genau genommen ist Lissy kein Lehrling mehr. Aber als ich hier gelandet bin, ist sie noch einer gewesen, weshalb sie für mich auch immer einer bleiben wird.

Zu unserer Verteidigung, sie haben angefangen. Irgendwann hatte ich einfach keine Lust mehr die Klappe zu halten und habe zurück gefeuert.

Kichernd halten wir die Luft an, um nicht jegliche Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen.

Es läuft so lange gut, bis wir von Gosslek Senior tadelnd gemustert werden. Sein Sohn zieht den Kopf ein und rutscht tiefer in seinen Stuhl.

Wir versuchen uns mindestens bis zur Eröffnung des Buffets zusammenzureißen. Denn dann ist der Lautstärkepegel wieder höher und niemand wird uns bemerken.

Während die anderen noch warten, stürme ich zum Essen. Denn ich habe heute verschlafen und etwas zu essen hätte sich nicht mehr gelohnt.

Erst als mich Blicke versuchen zu erdolchen, bemerke ich, dass die werte Azubine aus der Buchhaltung vor mir in der Schlange steht. Ihr siamesischer Zwilling ist nicht in Sicht.

«Na, Elisabeth?» Ihren Namen betone ich besonders, weil ich weiß wie sehr sie ihn hasst.

Der Blick der Blonden schweift mir abwertend von Kopf bis Fuß. «Wenn du schon vorhast mit mir zu sprechen, dann nenn mich bitte Lissy», brummt sie, während sie sich einen Teller nimmt.

«Sag bloß, Elisabeth, heute schon Kinder gefressen?», provoziere ich weiter und bediene mich ebenfalls am Geschirr.

Wieder sieht sie über ihre schmale Schulter zu mir. «Mach nur weiter Rossier und ich melde dich bei der Personalabteilung.»

Es ist eine Eigenart von ihr, andere beim Nachnamen zu nennen. Da sich die gesamte Belegschaft dennoch duzt, habe ich mich nach fast drei Jahren immer noch nicht daran gewöhnt, dass sie mich mit Rossier anspricht. Rossier für meine Eltern.

Vielleicht war meine Bemerkung wirklich gemein. Eine Entschuldigung hat sie sich noch nicht verdient.

«Aber nur, dass du es weißt», nimmt sie wieder ein Gespräch auf, während sie sich irgendwas Fleischiges auf den Teller legt, «ich bevorzuge lieber nervige Marketing-Menschen, die keinen Geschmack haben.»

«Du scheinst ja demnach wohl den schlechtesten Geschmack von allen zu haben.» Da fällt ihr jetzt nichts mehr drauf ein.

Lissy möchte mir die Zange weiterreichen, doch ich schüttle den Kopf.

«Stimmt ja, Pflanzenfresser», fällt ihr wieder ein. Dass sie das weiß, überrascht mich irgendwie. «Naja, wegen dir ist die Auswahl wenigstens größer. Immerhin wirkt es intolerant dem nicht omnivoren Volk, nur die Beilagen anzubieten.»

in case I fall for youWhere stories live. Discover now