Das Tagebuch

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Ich komme nicht wirklich erschöpft in Loanas Wohnung an. Sascha scheint entweder immer noch nicht da zu sein, oder er ist erneut ausgeflogen, denn es ist total still, als ich sie betrete. 

Noch immer drücke ich meine neuen Errungenschaften fest an die Brust.  Gehe mit ihnen ins Schlafzimmer und lasse sie dann auf das Bett fallen. Innerlich fühle ich mich total zerrissen. Auf der einen Seite war die Begegnung mit Carl zwar sehr unterhaltsam und zwischenmenschlich. Auf der anderen Seite würde ich all das, was im Antiquariat geschehen ist, am liebsten weg wünschen. Meine Gefühle, die ich für Loana Hege und pflege sind nämlich komplett durcheinander. Was soll ich denn jetzt bloß machen? 

Ich schaue das Notizbuch mit dem schwarzen Einband lange Zeit an und treffe dann die Entscheidung, dass es zu meinem persönlichen Tagebuch wird. Irgendwo muss ich schließlich meine Gedanken unterbringen. Eventuell sollte ich auch noch ein Schloss dran montieren lassen? Ich lache bei dieser Idee laut auf, denn vor Loana möchte ich absolut keine Geheimnisse haben. 

Suche jetzt alles nach einem geeigneten Stift ab und werde schließlich fündig. Nach längerer Zeit werde ich nämlich einen Füllfederhalter benutzen. Das letzte Mal war nämlich während meiner Schulzeit. Bis zu dem Tag, als fast alle auf Kugelschreiber umgestiegen sind. 

Klappe das Buch auf und blicke auf die leeren Seiten vor mir. Finde allerdings vorerst keinen guten Anfang für meine Gedanken. Ein läppisches Liebes Tagebuch ist meiner Meinung nach zu standardmäßig. Frustriert klappe ich das Buch wieder zu. Frage mich, wie es andere hinbekommen, die ihre Gedankengänge jahrelang aufschreiben. Der Einband hat allerdings keine Antwort darauf. 

Ich beschließe kurz darauf einen Spaziergang zu machen. Damals hat mir dieser nämlich sehr geholfen. Aufgrund der ständig wechselnden Launen meiner Mutter war ich die meiste Zeit draußen. 

Leider durchkreuzt dieses Mal die späte Zeit meine Pläne. Als ich nämlich wenig später nach draußen trete, ist es bereits stockfinster. 

Ich kehre enttäuscht in die Wohnung zurück. Was für ein actionreicher Tag. Tapse ins Schlafzimmer zurück und mache mich bettfertig. 

Am nächsten Morgen wache ich schon in der Früh auf und bin energiegeladen. Erledige meine Morgenroutine und renne dann in die Küche. Erwarte eine Begrüßung von Sascha doch diese trifft nicht ein. Er schläft wahrscheinlich noch. Umso besser, denn ihn kann ich im Moment am wenigsten gebrauchen. Ich hole mir alles fürs Frühstück und setze mich dann an den Tisch. Erst jetzt fällt mir ein Zettel auf, der dort liegt. Ich überfliege ihn nur. Dort steht, dass Sascha sich entschieden hat, nach Hause zu fahren. Als ich diesen Satz lese, mache ich innerlich Luftsprünge. Endlich bin ich ihn los. 

Ich renne aus der Küche zurück ins Schlafzimmer. Schmeiße mich dort aufs Bett und nehme mein Tagebuch zur Hand. Setze den Füllfederhalter an und fange an zu schreiben. Schreibe mir alles von der Seele und höre zu, wie die Feder des Füllers auf dem Papier kratzt. Beende meinen Eintrag erst nach einer Weile und bin froh, dass das Tagebuch trotz seiner Größe ein gutes Platzverhältnis hat. 

Lege es vorerst in die Schublade vom Nachtisch. Dies wird allerdings nicht der endgültige Ort sein, an dem ich es aufbewahren werde.  Hier passt es nämlich überhaupt nicht hin. 

Während ich mir alles von der Seele schreiben konnte, wurden auch meine Gedanken immer klarer. Ich werde Carl definitiv öfters besuchen und auch meinen Wunsch ansprechen, für ihn zu arbeiten. Allerdings erstmal nur Teilzeit, da ich noch genügend Zeit mit Loana verbringen möchte. Eventuell kann ich ihn sogar noch heute sehen, wenn ich aus dem Krankenhaus zurückfahre. 

Eine seltsame, innere Ruhe füllt mich aus. Alles scheint sich wieder zum Guten zu wenden. Im Krankenhaus habe ich erfahren, dass Loana bald wieder nach Hause darf. Mein Herz hat daraufhin einen Luftsprung gemacht. 

365 Tage devotWhere stories live. Discover now