5.2

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Angenehme kalte Luft schlug mir entgegen und vertrieb die anhaftenden Gerüche der Bar, der Männer und der schaurigen Geschichten, denen ich sowieso nie würde entfliehen können. Ich wollte mich gerade von der Bar entfernen, als ich links hinter mir ein verdächtiges Geräusch hörte. Ein unterdrücktes Wimmern, das mir eiskalt den Rücken hinunterkroch.

Sofort sprangen alle meine Warnleuchten auf Rot und Adrenalin schoss durch meine Venen. Wie immer, wenn die Jagd bevorstand, fühlte ich eine gewisse Euphorie und Lebendigkeit, die ich nicht bestreiten konnte und die wahrscheinlich Teil eines Jägers waren.

Vorsichtig schlich ich weiter und spähte um die Ecke des Gebäudes. Neben einem alten Truck mit abblätternder grüner Lackierung, an einem dicken Baumstamm gedrängt, stand eine hübsche Blondine. Zumindest wäre sie hübsch gewesen, wenn sie kein blaues Auge und von Tränen verschmiertes Mascara gehabt hätte.

Ein bulliger Typ mit langen, verfilzten Haaren hatte ihr mit einer Hand ein Stück Stoff in den Mund gestopft, um jeglichen Laut zu ersticken. Mit der anderen Hand hielt er in einem eisernen Griff ihre schmalen Hände über den Kopf an den Baum gepresst, während sein fast ebenso stämmiger Kumpel seelenruhig mit einer Hand ihre Brust begrabschte und die andere bereits ausgiebig den Bereich unter ihrem Rock erforschte.

Heißer Zorn schoss durch mich hindurch und obwohl ich das nicht tun sollte, um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, rannte ich so schnell und geräuschlos los, wie ich konnte. Gut, dass ich fast keine Waffen dabeihatte, außer mein Hüftmesser Sid, das sich heute jedoch in einer versteckten Scheide in meinem Stiefel befand. Ich ließ die Waffe, wo sie war, sonst hätte ich den beiden Typen damit einige wichtige Teile abgeschnitten, ohne auch nur an die weiteren Konsequenzen zu denken. Sogar mit bloßen Händen hätte ich sie töten können, doch das wollte ich nicht. Nein, ich hatte vor, ihnen Schmerzen zufügen, sie richtig schön und langsam zu bearbeiten. Was mit meinen kleinen, aber schnellen Fäusten und Beinkicks um einiges besser vonstattenging.

Bevor sie mich kommen sahen, schlug ich bereits mit der Faust gegen den Hinterkopf des bulligen Kerls, der mit dem Gesicht voran gegen die harte Baumrinde knallte, und sprang gleichzeitig seitlich in die Hinterbeine des ekligen Grabschers. Dabei erwischte ich sein Knie und es gab ein angenehmes Knacksen von sich. Grinsend sah ich auf den Wicht hinunter, der winselnd auf Tschechisch vor sich hin fluchte und mir wahrscheinlich ein paar hübsche Kosewörter entgegenschleuderte. Noch ein Tritt in den Rücken auf seine Nieren und ein Ellbogenschlag ins Gesicht und der Kerl erschlaffte endgültig.

Im selben Moment packte mich eine fleischige Pranke von hinten. Ich wirbelte lächelnd zu dem anderen Kerl herum, dabei bildete ich eine Faust und nutzte die Drehbewegung, um doppelte Kraft in meinen Schlag auf seine Schläfe zu legen. Als ich herumwirbelte und der Person mir gegenüber eine verpasste, stellte ich jedoch fest, dass es gar kein Typ mit ekligen langen Haaren war, sondern eine Frau. Nun ja, eine sehr maskuline Frau mit einer herben Visage und auffällig großgewachsener, breiter Statur. Aus ihrer Nase tropfte Blut von ihrer vorigen Begegnung mit dem Baumstamm auf ihre grimmig verzogenen, fleischigen Lippen. Aus der Nähe betrachtet hatte sie Ähnlichkeiten mit dem ausgeknockten Typen am Boden, war aber älter und deutlich stärker – vermutlich seine große Schwester. Herzallerliebst; ein Familienausflug. Am liebsten hätte ich gekotzt.

Nichtdestotrotz war sie eine Frau, obwohl sie sich nicht so kleidete oder aussah, als würde sie Wert auf ihre weibliche Seite legen. Viel zu gerne hätte ich den Kopf geschüttelt, es ausgeblendet und wütend gebrüllt. Mir ging es nicht in den Schädel, wie eine Frau einer anderen Frau so etwas antun konnte – dabeistehen und sogar helfen, wie diese auf die schändlichste Weise missbraucht wurde. Siedende Wut flammte in mir hoch. Kurz meinte ich sogar, besser hören, sehen und riechen zu können und mein Sichtfeld flackerte einmal rot auf, wobei mir klar war, dass es sich um Einbildung handelte. Der Zorn war fast wie ein brennender Geschmack auf meiner Zunge, er schwappte über mich, schwemmte mich fort, wie ich es bisher nur selten erlebt hatte, während das dazugehörige Adrenalin meine Sinne schärfte. Nun war ich nur noch ein Wesen aus Rache, Blutdurst und Vergeltung.

MONSTER GEEK: Die Gefahr in den WäldernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt