7.1 - Teddybären sind die beste Gesprächsbasis

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Der nächste Morgen war ... mittelprächtig. Mir brummte dermaßen der Schädel, dass ich am liebsten eine ganze Packung Paracetamol eingeworfen hätte. Was aber nicht nur am Alkoholkonsum von voriger Nacht lag, sondern daran, morgens schon früh aus dem Bett gekrochen zu sein.

Wegen des schlechten Gewissens, da der ganze gestrige Nachmittag vergeudet gewesen war, hatte ich bereits bei Sonnenaufgang begonnen, alle Fakten auf dem Tisch zu drapieren, eine Karte mit den Entführungsorten an die Wand zu tackern und meine Schlüsse und Ideen aufzuschreiben. Nachdem ich alles, was ich definitiv wusste, mit einem Marker auf ein Stück altes Papier geschrieben hatte, das vom Motel als Block ausgegeben wurde, nahm ich einen Stift zur Hand und kritzelte daneben meine möglichen Kandidaten auf.

Werwolf – am wahrscheinlichsten. Rudel, das in einem Rhythmus im weiten Gebiet jagt? Nein – eher Einzelgänger.

Vampir – möglich, passt nicht ganz. Arbeiten unauffälliger, mit mehr Intelligenz.

Böse Fae – möglich. Fleischfressende Art, welche? Wurden keine Spuren gefunden, die darauf hindeuten würden.

Bereits ausgeschlossen: Geister, Wiedergänger, Dämonen, Trolle

Unzufrieden stieß ich den angehaltenen Atem aus und rieb mir über die Stirn, während ich meine krakelige Handschrift las. Mehr fiel mir mit den derzeitigen Informationen nicht ein, daher musste ich dort weitermachen, wo ich gestern aufgehört hatte. Bei den Familien.

Bevor ich das Zimmer verließ, aktivierte ich den Schutzzauber mit den Amethyst-Steinen, die ich in jeder Ecke des Zimmers versteckt hatte. Kurz flackerte der magische Schutzkreis blau-violett auf, dann war alles wieder wie zuvor. Zufrieden verließ ich den Raum und machte mich auf den Weg, um Antworten zu finden.

***

Einige Stunden und vier Familien später wusste ich immer noch nicht mehr und wurde langsam ungeduldig. Niemand wollte mir etwas Greifbares erzählen, nicht einmal den kleinsten Krümel hinschmeißen. Genauso wie die fünfte Familie, die mir gerade eben mit den Worten „Verschwinden Sie. Wir haben bereits von Ihnen gehört und werden sicher nicht mit Ihnen über unsere Tochter reden", die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte.
Famos, über mich wurde bereits getratscht und das anscheinend nur in den besten Tönen. Dieser Tag wird ja immer besser.

Brummig stapfte ich über den Rasen zurück zum Gleiter, blieb aber abrupt stehen, als ich im Augenwinkel ein kleines Mädchen bemerkte. Sie saß auf einer Schaukel, starrte zu Boden, wo im Gras vor ihr ein kleiner rosa Teddy lag. Dieser erinnerte mich an Heidi und ich schluckte schwer. Über die Schulter blickte ich zurück zum Haus, konnte jedoch niemanden erkennen, der mich beobachtete. Daher schlich ich über den Rasen zu dem Mädchen, das sich noch immer keinen Zentimeter bewegt hatte. Untypisch für so ein kleines Ding.

Sie wirkte sogar beinahe traumatisiert und eigentlich sollte ich mich darüber freuen, da es nur eines bedeuten konnte – das Kind musste etwas gesehen oder gehört haben. Ich empfand nur Mitleid. Dennoch musste ich das hier durchziehen und durfte nicht weich werden. Immerhin war ich Gildenjägerin, daher war ich hart im Nehmen. Ich pack das!

Einmal tief durchatmend ging ich auf sie zu und hockte mich vor sie hin, um den Teddybären aufzuheben, der vom nassen Gras bereits feucht geworden war. Dann blickte ich hoch, doch sie beachtete mich gar nicht.
„Weißt du, ich hatte auch mal so einen Teddy, aber der war lila und hieß Heidi. Hat dein Teddy auch einen Namen?", versuchte ich es vorsichtig auf Englisch.

Sie blickte auf, zuerst erschrocken, aber als ich ihr den Teddy entgegenhielt und sie ihn annahm, entspannte sie sich. Ihre hellbraunen Haare waren zu einem Zopf geflochten, der seitlich über eine Schulter baumelte, und die Augen blickten mich traurig an. Mit einem Kummer, den nur Leute nachempfinden konnten, die selbst bereits jemanden verloren hatten. Ich schätzte das Mädchen auf ungefähr fünf oder sechs Jahre.

MONSTER GEEK: Die Gefahr in den WäldernWhere stories live. Discover now