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Schmollend wischte ich mir eine Strähne hinters Ohr, die sich durch den Wind aus meinem strengen Knoten gelöst hatte. Am liebsten hätte ich den Dutt geöffnet, um den fiesen Zug auf meiner Kopfhaut zu beenden, der mir langsam, aber sicher Kopfschmerzen einbrachte. Ich war sonst auch kein fröhlicher Sonnenschein, aber Kopfschmerzen machten mich fast zur Furie. Das Bild, das bei diesem Gedanken in meinem Kopf entstand – ich als Furie mit krallenartigen Fingernägeln -, lenkte mich dummerweise schmunzelnd derart ab, wodurch ich den Schatten zu spät um das Fahrzeug huschen sah und der dazugehörige Kerl sich breitbeinig direkt vor mir aufbaute.

Verdammt! Dieser Pfarrer war aber auch schnell. Und verflucht sexy, schoss es mir eine Sekunde später durch den Kopf, als ich meinen Blick von seinen Beinen über den Oberkörper hin zu seinem Gesicht mit den markanten Zügen gleiten ließ. Der Polizeichef war mit seinem Aussehen schon nicht zu verachten gewesen, aber er verursachte bei mir nicht den gleichen schnelleren Herzschlag, wie es der Mann vor mir tat. Stellte diese kleine Stadt denn nur attraktive Kerle ein oder hatte ich mit den beiden einfach Glück gehabt?

Am heutigen Nachmittag hatte Matej den schwarzen Überwurf abgelegt und trug stattdessen ganz salopp eine schwarze Jeans mit einem dicken dunklen Pullover, der um seine Brust und Oberarme spannte.

Hm, interessant, schnurrte ich innerlich. Noch schöner fand ich seine dunklen Augen, deren Blick mich von oben bis unten genau musterte, beinah durchdrang und an dem ich hängen blieb. Das Licht stand im richtigen Winkel und beim genaueren Hinsehen bemerkte ich, dass sie nicht nur dunkel waren, sondern ein Muster aus stürmischem Grau zeigten, wie ein Wirbelwind kurz vor einem Gewitter.

Ich starrte wohl etwas zu offensichtlich, denn nun räusperte sich die verbotene Frucht mir gegenüber.
„Guten Tag, Frau Winchester. Ach nein, warten Sie, ich glaube, es war Miss McGyver, richtig?", begrüßte der Geistliche mich gut gelaunt und mit einem amüsierten Lächeln auf den sinnlichen Lippen. Lippen, die mich kurz aus dem Takt brachten.
„Ähm... guten Tag, Herr Pfarrer. Schöner Tag für einen Spaziergang, nicht wahr?", antwortete ich wenig geistreich, weil ich mich immer noch davon abbringen musste, wie ein hormongesteuerter Teenager zu starren oder vor Entzückung rot anzulaufen. Mann, krieg dich wieder ein, Jess!

Mit hochgezogener Augenbraue sah er in den wolkenverhangenen Himmel. Zwar blitzten seine Augen belustigt auf, er ging jedoch nicht auf meine Bemerkung ein. „Warum wundert es mich nicht, Sie hier anzutreffen?"
„Vorhersehung? Sie haben doch eine Funkverbindung zu dem Herrn dort oben. Und der weiß doch bekanntlich alles."
Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, vor allem, als ich bemerkte, wie einer seiner Mundwinkel ebenso nach oben zuckte. Doch er blieb standhaft, was ich ihm hoch anrechnete.

„Nett. Zuerst fragen Sie in der Bar nach, kommen dort einer jungen Frau zu Hilfe, indem Sie zwei Verdächtige zusammenschlagen, die doppelt so groß sind wie Sie. Dann geben Sie sich bei der Polizei für jemand anderen aus und nun spielen Sie hier eine Runde Seelsorgerin. Wollen Sie mir nicht endlich sagen, was Sie in unserer bescheidenen Stadt treiben? Wer sind Sie?", fragte er und ließ dabei seinen tschechischen Akzent mitschwingen, der ganz eindeutig auch Schwingungen bei mir auslöste. Auf meinen fragenden Blick hin fuhr mein Gegenüber ungerührt fort: „Kleine Stadt. Ich weiß alles, was hier vorgeht."

Kleine Stadt, von wegen. Das hier war keine Kleinstadt, sondern ein Dorf. Und die Leute hier plauderten nicht nur gerne, sondern waren richtige Klatschweiber. Außer natürlich bei Fremden, und wenn es um diesen Fall ging, dann schwiegen sie sich lieber aus.
„Im Übrigen ist Petr ein Freund von mir. Mein bester, um genau zu sein."
Ein Pfarrer und Polizeichef ..., das klang wie der Anfang eines schlechten Witzes. Obwohl, beide Männer hatten durchaus ihren Reiz, beide zusammen wären aber sogar mir eine Nummer zu groß.

MONSTER GEEK: Die Gefahr in den WäldernWhere stories live. Discover now