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Bevor ich zum Motel zurückfuhr, besorgte ich mir noch lang haltbare Nahrungsmittel in einem Geschäft, das gegenüber meiner vorübergehenden Schlafstätte lag. Da ich nun wusste, dass es sich sehr wahrscheinlich um einen Werwolf handelte, und da ich davon ausging, dass er sich nicht so leicht von mir schnappen lassen würde, stellte ich mich auf mehrere Tage der Suche ein. Was daran lag, dass dieses Naturschutzgebiet, bestehend aus weit gezogenen Hügeln, bewachsen mit Buchen und Fichten, riesig war.

Theoretisch hätte ich einfach eine grüne Nahrungs-Tablette einwerfen können, die meinen Körper mit allen wichtigen Nährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen versorgte. Im Prinzip konnte man mit diesen Tabletten wochenlang überleben, wenn es sein musste. Das Einzige, das man nach wie vor wirklich brauchte, war Flüssigkeit. Dennoch genehmigte ich mir im Shop getrocknetes Obst und Fleischstreifen, Nüsse und Müsliriegel. Denn ehrlich - ich aß einfach viel zu gerne, kaute lieber auf etwas Echtem herum, als diese Dinger einzuwerfen, obwohl ich im Freien hockte.

Kurz verzog ich den Mund bei dem Gedanken daran, tagelang durch den Wald zu marschieren, während Nebel und Tau meine ganzen Klamotten durchweichen würden, und mich von den spitzen Fichtennadeln piksen zu lassen. Etwas anderes blieb mir nicht übrig, wenngleich ich es sonst bevorzugte, schnelle Aufträge zu erledigen, die mich höchstens ein oder zwei Tage aufhielten. Ich liebte dieses berauschende Gefühl vor dem Kampf, das kurz das Adrenalin in die Höhe schießen ließ. Die Chance zu haben, dabei unschuldige Kinder zu retten, war ein willkommener Bonus.

Noch mit dem Gedanken bei der bevorstehenden Jagd, trat ich in das Motelzimmer und erstarrte augenblicklich. Der Raum sah zwar so aus, wie ich ihn verlassen hatte – altes Doppelbett mit dunkelblauer Tagesdecke an der Mitte der linken Wand, abgetretener, dunkler Parkettboden und eierschalenfarben gestrichene Wände mit beigen Vorhängen -, aber der Schutzzauber der Steine verriet mir sofort, dass in meiner Abwesenheit jemand hier gewesen war. Es konnte keine Putzfrau oder dergleichen gewesen sein, da ich diesen Service bei der Rezeption extra abbestellt hatte. Außerdem blinkte noch immer mein „Nicht Eintreten"-Vermerk in roten Buchstaben auf dem Holostreifen, der in der Mitte der Tür angebracht war.

Nicht dass ich sonderlich paranoid war – nur ein klein wenig -, aber ich musste meine Aufzeichnungen schützen. Generell wollte ich nicht irgendjemanden in meinen Sachen schnüffeln lassen. Da wusch ich lieber tonnenweise Wäsche selbst und schrubbte den Boden, bis mir alles wehtat. Eine Putzfrau in meinem eigenen Haus wäre daher ein Unding sondergleichen.

Doch genau das war hier anscheinend passiert, es war jemand in meine Privatsphäre eingedrungen. Diese Information lieferte mir unmissverständlich die Magie der Steine. Mit den Fingerspitzen berührte ich den kühlen violetten Stein in einer Ecke des Zimmers und fühlte genauer nach. Es war vor einer Dreiviertelstunde passiert und die Person war erst vor wenigen Minuten verschwunden, was bedeutete, dass sie sich ungefähr eine halbe Stunde hier herumgetrieben hatte.
Verdammt! Vermutlich hatte dieses Arschloch mich sogar noch fröhlich einkaufen oder über die Straße spazieren sehen und dadurch noch genügend Zeit gehabt, um zu verschwinden.

Verflucht! Am liebsten hätte ich meinen Einkauf gegen die Wand geschleudert, einfach nur, um die heiße Wut aus meinem Körper zu entladen. Das hätte mir jedoch nicht geholfen, denn ich brauchte das Zeug noch. Daher stellte ich die Tüten zitternd vor Zorn auf den Tisch neben der Tür und inspizierte das Zimmer genauer. Der Eindringling hatte keine ersichtlichen Spuren hinterlassen, jeder Schnipsel, jedes Blatt lag genau so da, wie ich es zurückgelassen hatte. Hätte ich keinen Schutzzauber aktiviert gehabt, wäre es mir vielleicht nicht einmal aufgefallen. Mist!

Möglicherweise war es ein anderer Gildenjäger gewesen. Wer sonst würde in mein Zimmer eindringen und meine Aufzeichnungen durchwühlen, ohne Spuren zu hinterlassen? Der Jäger musste jemand sein, der entweder komplett neu im Geschäft oder nicht wirklich im Umgang mit Magie versiert war und daher keinen Schutzzauber kannte. Oder es war einer von diesen brutalen Schlägern, die wie ich gerne in die Mission stampften, alles kurz und klein schlugen, um dann schnell mit der erbeuteten Trophäe zu verschwinden. Somit hielt er sich nicht lange mit Nachforschungen oder Vorsicht auf, sondern preschte einfach hinein.

Wenn so ein Jäger in meinen Sachen gestöbert hatte, war derjenige vermutlich bereits draußen im Wald und auf der Jagd – mit einem meilenweiten Vorsprung mir gegenüber. Falls er schneller sein sollte als ich, würde der Mistkerl den ganzen Sold einsacken und das wäre das Gleiche, als würde er mir das Geld für die bereits geleistete Arbeit direkt aus den Taschen ziehen. Das konnte ich nicht zulassen. Nope, nicht mit mir!

Schnell packte ich alle Sachen in meinen Seesack, auch die Nahrungsmittel, Tabletten und meine Waffen. Danach zog ich mir mehrere Schichten Klamotten über und stopfte den Rest zu den anderen Sachen.

Schlecht gelaunt und vor mich hin grummelnd griff ich die schwere Tasche, schwang sie auf meine Schultern und blickte noch einmal wehmütig auf das weiche, äußerst bequeme Bett. Da ich erst morgen vorgehabt hatte aufzubrechen, hatte mich dieser Arsch um eine letzte Nacht im warmen Bett und einen Kaffee am Morgen gebracht. Dafür würde ich ihm in die Eier treten und ihn bereuen lassen, dass er sich mit mir angelegt hatte. Schließlich schlüpfte ich aus dem Zimmer, schloss die Tür und stellte mich auf mehrere kalte Nächte auf dem harten, gefrorenen Boden ein.
Jipie-yeah! Ich liebe meinen Job – ja, genau.
Ich schnaubte kopfschüttelnd.


***

MONSTER GEEK: Die Gefahr in den WäldernOnde as histórias ganham vida. Descobre agora