❦legende 1; 7

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Namjoon

Es war ein äußerst ruhiger Tag in der Klosterbibliothek.

Leises, dennoch heiteres Vogelgezwitscher drang durch die festen Steinmauern und die kleinen Fenster an mein Ohr.
Eilige Schritte einiger Nonnen, welche strukturiert ihrem Tagesplan nachgingen, sowie die entstehenden diffusen Schatten, welche mitsamt des blassen Lichtes des Flures durch den Schlitz zwischen schwerer Holztür und platonierten Steinboden entstanden regten bei mir ein Gefühl des Wohl- und Zuhauseseins an.

Ebenso auch die dicken, deckenhohen Holzregale - ganze 34 Stück, wie ich sie immer zählte, wenn ich von alten, gegilbten Buchseiten aufblickte und meinen Blick über die Bibliothek schweifen ließ - in Kombination mit den Massen an bunt eingeschlagenen Büchern - sorgfältig in Kategorien und Regalen eingeteilt oder auf Tischen gestapelt, gaben mir Geborgenheit und Zuflucht.

Die angenehme Kühle im Sommer und die vom Kamin ausgehende Wärme im Winter, welcher bedächtig knisterte und die rot-blauen Flammen an dem selbstgeschlagenen, von Ruß überzogenen Holzschnitzen lecken lies, war nicht zuletzt ein Grund gewesen, weshalb ich meine Zeit größtenteils hier verbrachte.
Das Wissen und die Mächtigkeit, die dieser Ort in meinen Augen ausstrahlte war schlichtweg schon immer fesselnd für mich gewesen.
Ein Unterschlupf; ein Ort an dem sich ein einsamer Junge in einem Frauenkloster zurückgezogen hatte, um ein Mal seine Ruhe vor bedachten Blicken und Tuscheleien zu bekommen.

Suspekt mochte es schon sein - das gab ich offenkundig zu, was hatte schließlich schon ein Junge in einem strengen Frauenkloster zu suchen; dennoch unfreiwillig eine Attraktion darzustellen, obwohl man sich dieses Leben nicht ausgesucht hatte, war besonders in jungen Jahren sehr kompliziert und schwierig gewesen.
Die kritischen Blicke und zynischen Aussagen gegenüber mir und meiner Mutter hatten, wie die Flammen im Kamin, gierig an meinem Selbstbewisstsein geleckt und mir keine Ruhe gelassen, sodass ich einfach rauswollte.

Raus aus diesem Teufelskreis.

Die Bibliothek kam mir gelegen - gerade wenn das Lesen das erste gewesen war, was mir meine Mutter beigebracht - und ich schon immer begeistert verfolgt hatte.
Es war wie als wäre der große, trotzdessen vollgestopfte Raum eine Löschdecke für die zynischen Flammen gewesen - hatte mir Ruhe und Eigenständigkeit gespendet, die ich gebraucht hatte, um genügend Selbstfindung und eigenen Charakter aufzubauen.

Seit bereits sechzehn Jahren saß ich also schon hier, Tag für Tag, Seite um Seite aus antiken Büchern verschlingend und mithilfe von fließenden Metaphern und üppiger Wortwahl Wissen in mich aufnehmend.
Ich konnte, wenn ich ehrlich war keinen Tag nennen, an dem ich nicht den Kopf in den steinernden Raum gesteckt - oder gar nicht gelesen hatte. 
Es war Alltag geworden.
Alltag, der nie langweilig zu werden schien.
Alltag, der einem immer Neues mitgab.
Alltag, der mir so gefiel, dass ich nichts daran ändern musste.

Morgens wachte ich auf und kehrte jeden zweiten Tag mit rostiger Harke und fransigem Besen den Klosterhof - im Herbst täglich, da das Laub in der Nacht wie Starkregen von Bäumen fiel.
Anschließend frühstückte ich, umgeben von all den Nonnen zu festgelegter Zeit, wobei ich nur noch irritierte Blicke von vereinzelten Neuankömmlingen bekam, welche ich jedoch nur warm anlächelte.

Anomalien, welche normalerweise nicht in bestimmten Systemen vorgesehen waren, waren einzeln vorkommende Ereignisse; Besonderheiten - etwas, wovon Menschen ihre Überraschung selten verbergen konnten. Doch was mit der Zeit kam, ging auch wieder.
So wie die Flut an die sandigen Strände preschte, so ebbte sie auch wieder mit der Zeit ab.

Nachdem ich zeitweilig beim Abwasch half, sofern ich die Erlaubnis von Booyoung, einer alten Nonne, zugeteilt bekam, begann ich mich auch in mein eigensernanntes Territorium zurückzuziehen und meine Liste an Büchern abzuarbeiten.

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