Hilfe ◇ ich war rassistisch!

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"Hey, ähm, das was du gerade gesagt hast, war rassistisch."

Diesen Satz habe ich in meinem Leben schon ziemlich oft gesagt und jedes Mal sind darauf einige Aussagen gefolgt, die alle in die gleiche Richtung gehen. "Was? Ich bin nicht rassistisch. Wie kannst du sowas sagen?"

Hier ist das Geheimnis: Man muss nicht zwingend rassistisch sein, um rassistische Äußerungen zu treffen. Sie können auch aus Ignoranz oder Unwissenheit gemacht werden. Heißt das, dass ihr ein absolut schlechter Mensch seid?

Nein.

Auch der größte Rassist kann gute Taten vollbringen.

In unserer Gesellschaft hat Rassismus so einen hohen moralischen Stellenwert, dass es fast schon als Beleidigung gilt, jemanden darauf hinzuweisen, dass jemand etwas rassistisches von sich gegeben hat oder gar rassistisches Gedankengut besitzt.

Und da fängt das Problem an: Denn dadurch wird das Problem nicht gelöst. Wenn sich jeder davon angegriffen fühlt, wenn man darauf hingewiesen wird, ist die erste Reaktion, sich zu verteidigen (darauf bin ich bereits in dem Text über Victim Blaming vor einigen Monaten eingegangen, weswegen ich mich hier etwas kürzer fassen werde).

Man muss sich im Klaren werden, dass jeder von uns rassistische Gedanken hat, weil wir in einer rassistischen Gesellschaft leben. Das hat nichts damit zu tun, was für eine Art von Mensch man ist, das sind Dinge, die einem als Kind beigebracht wurden und man nie hinterfragt hat, weil es schon immer so gewesen ist.

Und wenn man dann mal darauf hingewiesen wird, dass eine Aussage rassistische Züge hat, ist das kein Angriff, sondern ein Hinweis. Wenn man niemanden darauf ansprechen darf, wie soll sich dann jemals etwas ändern?

Nehmt es an, denkt darüber nach und macht es beim nächsten Mal anders. Es wird niemand am Ende sagen "Am 27.6 2013 hast du aber was rassistisches gesagt."

Nur weil ihr solch eine Aussage von euch gegeben habt, heißt das nicht automatisch, dass ihr im Leben nichts Gutes verdient, eure Karmapunkte in den Keller fallen und ihr am Ende in die Hölle kommt.

Es geht darum, wie ihr darauf reagiert und damit, euch angegriffen zu fühlen, tut ihr niemanden einen Gefallen, weder euch, noch unterdrückten Gruppen.

Und Auffassungen wie "Ich bin nicht rassistisch" sind immer etwas kritisch, denn mit dem Rassistischsein ist das so eine Sache: Das entscheiden andere, nicht man selbst. Vor allem jene, die Rassismus betrifft. Die Aussage ist auch daher kritisch, da unsere Gesellschaft und ihre Strukturen rassistisch sind. Alle Menschen, die in einer weiß-dominierten Welt sozialisiert wurden, sind grundsätzlich rassistisch sozialisiert. Zu behaupten, man wäre nicht rassistisch, macht so gesehen gar keinen Sinn.


Vielleicht hilft es auch, anders über rassistische Aussagen zu denken und eher die Perspektive des Opfers einnehmen. Ein rassistisch angehauchter Witz oder eine Person auf Englisch ansprechen, die einem aufgrund ihres Aussehens "ausländisch" vorkommt, kann einem mal unbeabsichtigt rausrutschen. Das kann schon mal passieren, genauso wie ein unabsichtliches auf den Fuß treten, eine Person aus Versehen anrempeln oder geliehene Gegenstände kaputt machen. Und da zögern wir ja nicht, uns direkt zu entschuldigen.


Vielleicht sollten wir also eher darüber nachdenken, ob wir einer Person beabsichtigt oder unbeabsichtigt Schaden zugefügt oder sie verletzt haben. Wenn ich einer Person mit Absicht oder unbeabsichtigt auf die Füße getreten habe, tut es ihr ja gleich weh. Also fühlt euch nicht angegriffen, wenn jemand euch auf eure rassistischen Aussagen hinweist, es trifft zum einen keine Aussage über euch als Person, da ihr euch ja noch weiterentwickeln könnt, und zum anderen kann man sich ja entschuldigen und seine Fehler einsehen.


Wort zum Mittwoch von roselillae und alterade :)


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