neue Wege - Kapitel 4.3

16 4 0
                                    

»Es ist an der Zeit, dass du dich mehr in die Gemeinschaft der Schule einbringst, Tharalea Laskari!«

Thara presste die Zähne so fest aufeinander, dass ihr Kiefergelenk bereits schmerzte. Die Augen zu schmalen Schlitzen verzerrt, musterte sie die Hausleiterin Grünberg.

»Ich kann nicht am Yoga und Pilates teilnehmen, ohne einen Lachanfall zu bekommen, das haben wir doch bereits durch.«

»Du hast dich nicht einmal bemüht«, bemerkte die alte Dame streng. Wenn sie wie heute ihre Haare zu einem engen Knoten gebunden hatte und eines ihrer vielen dunklen Kostüm trug, wirkte sie wie das Gegenstück zu der Person, die mit weiten weißen Gewändern und offenem Haar in ihre Mitte atmete und ihr Zentrum suchte. Thara schüttelte den Kopf, um die Bilder daraus zu vertreiben.

»Das heißt, du weigerst dich?«, fragte Frau Grünberg ruhig. Hatte sie sich diesen Namen geben lassen, nachdem sie hier an der Schule begonnen hatte, oder zeichnete ihr Nachname schon ihren Werdegang ab? Hatte sie ihn von einem Ehemann angenommen?

Konzentrier dich, Thara!, ermahnte sie sich.

»Ja! Nein! Das heißt«, Thara bekam Panik vor den Konsequenzen, die ihr die Leiterin bereits beim ersten Gespräch angedroht hatte. Der Verweis von der Schule. Im letzten Schuljahr des Gymnasiums käme dies einer Katastrophe gleich. »Mein Kopfschütteln war nicht die Antwort auf Ihre Frage«, führte sie ihren Satz zu Ende.

»Du wirst an den Kursen außerhalb des Unterrichts teilnehmen? Ernsthaft teilnehmen?«, versicherte sich die Lehrerin.

Thara verzog die Lippen und murmelte ein Ja. Was tat man nicht alles für einen guten Abschluss. Dafür könnte sie doch wohl jeden Morgen ein wenig »Ommmm« summen und den Bauchnabel zu ihrer Wirbelsäule ziehen - ohne dabei zu lachen. Allein der Gedanke verursachte ihr Krämpfe, weil sie sich stark beherrschen musste, nicht breit zu grinsen.

»Dann sehe ich dich nach dem Unterricht. Dann werden auch deine Albträume aufhören.« Ohne eine weitere Verabschiedung verließ Frau Grünberg Tharas Zimmer. Nach einem kurzen Sprung zur Türe, um sie zu verriegeln, ließ sie sich mit Gesicht voraus auf ihr Bett fallen.

Woher wusste Frau Grünberg von ihren Albträumen? Und warum sollte ausgerechnet Yoga dagegen helfen, wenn nicht einmal das härteste Workout es schaffte, sie so tief in den Schlaf zu schicken, um dem nächtlichen Horror zu entgehen?


NeumondschattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt