Pandora trifft auf die eifersüchtige Calenta

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Der Anblick brachte Pandora zum Kichern. „Hör auf! Die Leute schauen schon."
„Auf keinen Fall. Immerhin lachst du jetzt wieder." Er versuchte sich an einer Art Zombie-Roboter-Move. "Und die Leute dürfen sowieso nur lachen, wenn ich es ihnen erlaube. Das hat dir vielleicht noch niemand gesagt, aber ..." er beugte sich zu Pandora herunter, um ihr ins Ohr zu flüstern: „ich bin hier das neue Phoenix Oberhaupt."
„Ach komm!", Pandora tat entsetzt, stieg dann aber letztendlich in den Zombie-Paartanz ein, „DU bist das? Ich hörte schon, es sei ein arroganter Schnösel. Der, dessen Bild bei Wikipedia auftaucht, wenn man 'Wichtigtuer' googelt."
Daryan legte sich eine Hand auf die Brust, unterbrach dabei seinen Zombie-Rhythmus jedoch nicht. „Uh, das tut weh."
„Sollte es auch", nickte Pandora zufrieden. „Mehr oder weniger als mein Absatz vorhin auf dem Rasen?"
Statt zu antworten grinste Daryan Sutrey nur. Kurz danach schnappte er sich ihre linke Hand und legte sie sich auf die Schulter. Ihre andere Hand legte er in seine. „Standard-Zombie-Paartanz."
„Aha." Als sie über seine Schulter sah, fing sie den Blick einer Gruppe Phoenix Mädchen in ihrem Alter auf, die sie mit zusammengekniffenen Augen anstarrten. Ihre Glitzerkleider funkelten praktisch mit ihren Augen um die Wette. Eine von ihnen war Calenta Applebrin, die Pandora kannte, weil deren Großmutter mit dem Hulk befreundet war. Eine Lubrin. Wahrscheinlich war sie auch noch Drews Cousine irgendeines dritten Grades oder so. Die anderen beiden kannte sie nicht. Sie schienen jedoch einem höheren Clan anzugehören, das sagten ihre Designerkleider zumindest über sie aus. Ganz offensichtlich waren die drei Mädchen gerade nicht Pandoras größte Fans. Nicht, wenn sie mit dem hübschen Obrey Anführer so viel Zeit verbrachte. Pandora ließ ihren Blick zu seinem freudestrahlenden Gesicht schweifen. Jetzt drehte Daryan sie auch noch in abgehackter Zombiemanier im Kreis.
Das erinnerte Pandora daran, dass sie schon viel zu lange mit ihm tanzte. In der Menge versuchte sie Drew Elfenohr ausfindig zumachen. Hob und wand dabei den Kopf in alle Richtungen. Als sie ihn in seiner Ecke am Stehtisch entdeckte, wie er sein Kinn mit der Hand, die sie verbunden hatte, abstützte, war sie irgendwie erleichtert, dass er sich selbst nicht in noch größere Schwierigkeiten gebracht hatte. Wenn sie das Date mit ihm komplett ruinierte, riskierte sie am Ende noch einen handfesten Streit mit dem Lubrin Clan. Außerdem hatte sie von vorneherein nicht vor gehabt, mehr als einen Tanz mit diesem verwöhnten Obrey Bonzen zu verbringen. Das versuchte sie sich ins Gedächtnis zu rufen, während sie an ihrem Purity-Ring drehte.
"Ach wie schade, der Song ist vorbei." In gespieltem Bedauern klopfte sie Daryan auf die Schulter. "Gleich ist es Mitternacht und diese Schuhe werden sich in Kürbise zurückverwandeln." Sie deutete auf ihre Füße. "Mit bleibt leider keine Wahl." Sie zuckte mit den Schultern, während er über ihre Ausrede schmunzelte. Womöglich färbten Aspyns blöde Sprüche mittlerweile auf sie ab, aber jetzt war es raus und sie konnte diesen Blödsinn sowieso nicht mehr zurücknehmen.
"Hat mich sehr gefreut, Pandora Pearcinson", er deutete eine Verneigung an. "Ich hatte wahrscheinlich noch nie so viel Spaß dabei, mies zu tanzen."
Oh, na da war sich Pandora doch fast sicher. Schnaubend verdrehte sie die Augen. Was für ein merkwürdiges Kompliment. Bevor sie noch genauso rot wie das Kleid ihrer Mutter anlaufen konnte, wandte sie ihm eilig den Rücken zu.
<<Beeindruckend>>, hörte sie Aspyns Stimme in ihrem Kopf, <<ich glaube, ich habe noch nie zwei Menschen so schlecht tanzen sehen.>>
<<Danke Schwesterherz, aber nur kein Neid, ich glaube, der dämliche Obrey hatte einfach zu viel getrunken.>>
<<Das würde erklären, warum er sich so zum Affen gemacht hat. Wegen diesem Anblick werde ich noch tagelang Albträume haben. Andererseits: er ist gerade zum mächtigsten Mann unseres Volkes gekrönt worden, kann sich alles erlauben und ist dabei noch sehr, sehr jung. Seine Tanz-Aktion kam bei den Unterdreißigjährigen Phoenixen sicher recht gut an.>>
<<Bewirbst du dich um eine Position als seine PR-Sprecherin, oder wie?>>, wollte Pandora wissen. Im Laufen sah sich um und entdeckte Aspyn, die mit Matt am anderen Ende des Raums an der Bar stand und an einem bunten Cocktail schlürfte. Ihre Schwester musste sie längst bemerkt haben, denn sie fixierte sie direkt mit den Augen. <<Ach Pandi, ich bin einfach nur herausragend clever und wortgewandt. Alles, was man für eine Karriere als Politikerin braucht.>>
Wieder schnaubte Pandora. Kurz bevor sie dem Keuschheitsclub beigetreten war, hatte sich Aspyn für eine Mitgliedschaft im Politikclub der Schule entschieden. Wenn ihre Schwester das durchzog und später Politikerin wurde, dann taten ihr die Unentflammten, also die normalen Menschen jetzt schon leid. Sie stellte sich schon vor, wie in einem großen Saal im Rathaus eine hitzige Diskussion dank Aspyn buchstäblich in Brand geriet ...

"Hast du mir ein Bier mitgebracht?", empfing Drew sie.
Pandora stutzte irritiert. "Nein. Glaubst du nicht, dass es für diesen Abend reicht?" Sie hob die Hand und bestellte bei einem Kellner in der Nähe zwei Wasser für Drew und sie. Während sie auf die Getränke warteten, fummelte Drew an seinem Stoffserviettenverband herum. Kraftbündler konnten es gar nicht leiden, wenn etwas ihre Hände bedeckte. Zwar war es Ihnen möglich auch durch ihre Schuhsohlen die Kraft von Wurzeln im Boden anzapfen, so wie es ihre Großmutter vor der Krönung getan hatte, aber sie konnten viel mehr Macht durch direkten Hautkontakt zur Natur entfesseln. Besonders jahrhundertealte Bäume, deren Stamm sie berühren konnten, empfanden Kraftbündler als kleinen Schatz.

"Hi Drew", unterbrach eine Stimme Pandoras Gedanken. "Oh und hi Edison Mädchen." Als sie sich umdrehte, sah Pandora nicht nur den Kellner sondern auch Calenta Applebrin hinter sich stehen. Zwei Meter entfernt standen ihre Freundinnen Spalier und tuschelten. Was wollte sie denn hier? Um etwas Zeit zu gewinnen schnappte sich Pandora erst einmal die zwei Gläser Wasser vom Kellnertablett. Dabei musste sie sich ein wenig an Calenta vorbei beugen, die einfach keinen Platz machen wollte. Als sie ihre Schulter streifte und dadurch unabsichtlich eine ihrer sauber gerichteten Locken über Calentas Schulter schob, kniff das Mädchen die Augen zusammen.
"Hallo Calenta." Ohne sie anzusehen, reichte Pandora Drew das Wasserglas. Das Phoenix Mädchen aus dem Lubrin Clan strich sich ihre blonden Haare wieder nach vorn. "Schön dich zu sehen." Damit meinte sie ganz offensichtlich Drew und nicht Pandora.
<<Was ist das denn bei dir für ein hübscher Menschenauflauf? Diese olle Calenta mit Gefolge? Soll ich rüberkommen und sie für dich an den Haaren ziehen?>>
<<Nein, lass mal.>> Und damit schloss Pandora die Zwillingsdetektor-Verbindung. Irgendwie war ihr das alles langsam zu viel. Sie sehnte sich nach ihrem Bett und einem guten Buch. Doch stattdessen bekam sie eine Party, Daryan, Drew und jetzt auch noch Calenta ... Sie warf der Blondine einen Blick zu. In ihrem langen altrosa Kleid mit den grauen Perlen, die am Saum zusammen liefen, hatte Calenta irgendetwas von einer Auster.
Jetzt beäugte die Auster Pandora kritisch. Genau genommen musterten alle drei Mädchen Pandora von oben bis unten. Doch keiner von ihnen machte den Mund auf. Also gab sich Pandora Mühe, möglichst gleichgültig an ihrem Wasser zu nippen, der Musik zu lauschen und dabei an der Tischblumendeko herumzuzupfen. Drew tat ziemlich dasselbe, eben nur mit seinem Verband. Womöglich redete er nie mehr als zehn Sätze pro Tag. Aber was sollte es schon?
"Du hast mit Daryan Sutrey getanzt", stellte Calenta irgendwann fest.
Pandora versuchte sich nicht von ihrem lauernden Tonfall beeinflussen zu lassen. Es brachte quasi einen qualvollen Tod mit sich, wenn man ein Mitglied des Lubrin Clans verärgerte. Eine überaus schlechte Idee.

*****
Wenn ihr ein Phoenix wärt, zu welchem Clan würdet ihr gerne gehören?:)

Games of Flames [Leseprobe]Where stories live. Discover now