006 - WILLOW

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Willow stürmte durch die Menge, auf der Suche nach ihren Eltern. Das sollte das letzte Mal sein, dass sie ihr etwas vorschrieben. Sie würde sich doch nicht einfach so verheiraten lassen, nur weil es ihren Eltern gerade so in den Kram passte. Vor allem nicht mit einem Mann der mindestens doppelt so alt war wie sie.

In einer Ecke, etwas zurückgezogen von der breiten Masse, konnte sie die hochgesteckten blonden Haare ihrer Mutter sehen. Wütend stürmte sie auf sie zu. Als ihre Mutter sie kommen sah, breitete sie ihre Arme aus.

„Willow, Schätzchen! Wir haben dich schon gesucht. Du warst vorhin einfach verschwunden."

„Mutter! Hast du mir vielleicht etwas zusagen?"

„Ich wüsste nicht was du meinst."

„Tu' doch nicht so. Du weißt genau was ich meine! Wie konntest du nur. Hast du jemals daran gedacht, was das für mich bedeutet?"

Sharons Augen verengten sich zu Schlitzen, als sie zunächst umher blickte, um sicher zu gehen, dass niemand ihrem Streitgespräch folgte und dann ihrer Tochter tief in die Augen sah.

„Hüte deine Zunge! Wir sind hier nicht bei den Dooms! Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann vergreife dich nicht im Ton."

Willow sah bedrückt nach unten. Immer wenn ihre Mutter sauer war, und das war sie nicht selten, hatte es Folgen. Ob ihr nun noch mehr die Freiheit entzogen wurde und sie für einige Tage das Haus nicht verlassen durfte, oder ob sie direkt in ihr Zimmer eingesperrt wurde, kam immer auf die Launen ihrer Eltern an. Aber es war immer besser sie nicht noch weiter zu provozieren.

„Ach Kind, sieh doch was du schon wieder gemacht hast. Jetzt bist du an diesem wunderbaren Abend niedergeschlagen und ich bin die Böse."

Liebevoll strich Sharon Willow über die Wange, hielt sie jedoch am Kinn fest und zwang sie nach oben zu schauen.

„Ich erwarte von dir, dass du dich benimmst", raunte sie. „Dir wird eine große Ehre zuteil werden und jedes andere Mädchen würde sterben um das zu haben, was du bekommst."

Die eiskalten Augen von Sharon durchbohrten die grünen ihrer Tochter und Willow wusste, dass die Diskussion hier und jetzt beendet war. Doch sobald sie die Festivitäten verlassen hatten würde sie noch einmal versuchen mit ihren Eltern zu sprechen. Sie konnten unmöglich wollen, dass ihre einzige Tochter, welche gerade erst 21 geworden war, an einen Mann verheiratet wurde, der mindestens Mitte 40 war.

Ihre Mutter bedachte sie noch mit einem warnenden Blick ehe sie sich wieder unter die Leute mischte.

Willow schäumte vor Wut. Sie war nicht nur wütend auf ihre Mutter sondern auch besonders auf sich, dass sie sich mal wieder hatte unterkriegen lassen. 

Plötzlich wurde das Licht gedämmt und Daniel Celment stand mit einem Mikrofon in der Mitte des Saals, wo eine kleine Bühne aufgebaut worden war.Ein Scheinwerfer strahlte ihn an, dass seine roten Haare wie Feuer leuchteten.

„Meine lieben Gäste, ich begrüße Sie herzlichst an diesem warmen Frühlingsabend und danke Ihnen für Ihr Kommen. Es freut mich sehr, dass Sie alle heute Abend Zeit gefunden haben, um dieser Veranstaltung beizuwohnen."

Die Menge klatschte, doch Willow schloss sich ihnen nicht an. Sie lehnte sich gegen eine der Marmorsäulen und starrte auf den Mann im Licht.

Seine Lippen waren zu einem strahlenden Lächeln erhoben und die Wangen waren vom vielen Alkohol gerötet – und den sollte Willow heiraten.
Kurz stieg Übelkeit in der jungen Frau auf und mit geballter Faust zwang sie sich still zu stehen, um nicht aus dem Celment-Tower zu rennen.

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