003 - PEYTON

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Mit quietschenden Reifen kam der Laster vor dem schmalen Eingang der Lagerhalle zum Stehen.
Erst vor drei Tagen war Peyton noch in dieser Lagerhalle eingeteilt, um dort aufzuräumen. Die hohen Regale, die sich in dem unterirdischen Bau meterweise nach oben zogen, waren vollgestellt mit Kisten und allem möglichen Zeug, das eventuell irgendwann mal eine Heimat finden würde. Manche Geräte standen schon seit zehn Jahren dort unten – oder länger.

Ohne auf ihren Beifahrer zu achten stieg sie aus und knallte die Tür zu. Der Schlüsselbund baumelte an ihrer Hose und nachdem sie den Laster abgeschlossen hatte, ging sie auf die Tür zu, die in die große Halle hinunter führte. Der junge Mann mit den schwarzen Haaren wirkte mit seinem T-Shirt und der guten Jeans nicht wie jemand, der im Celment-Tower arbeitete. Doch was wusste sie schon, wie die Leute dort gekleidet waren. Immerhin hatte sie noch nie den Ring der Nexos betreten. Sie selbst hatte eine kleine Wohnung im Wohnheim im Stadtteil der Dooms. Waelon wohnte einige Straßen entfernt von ihr, auf der östlichen Seite des Parks, und manchmal saßen sie auf seinem kleinen Balkon draußen und tranken Limonade und aßen Waelons Nudeln. 

„Hast du dich jemals gefragt, weshalb das Lager so groß gebaut wurde?", fragte der Mann plötzlich. Seine grauen Augen musterten sie interessiert durch seine Brillengläser.

„Ich kann mir nicht vorstellen, wann ich Ihnen erlaubt habe mich zu duzen?"

Peyton klapperte sich durch die Schlüssel und ignorierte den stechenden Blick des ihr immer noch unbekannten Mannes. Er stand einfach da, lässig angelehnt an die Wand, mit den Händen in den Hosentaschen und den Blick auf sie gerichtet, während ein Lächeln seine Mundwinkel umspielte. „Schließt du die Tür dann auch mal auf oder wollen wir uns noch einen Kaffee bestellen? Ich hatte zwar einen, aber der war schon kalt."

Peyton schnaubte. Entweder er hatte ihr nicht zugehört oder hatte Spaß daran sie zu provozieren. Manchmal wünschte sie sich, auf der Stirn einer Person würden blaue Häkchen erscheinen, sobald das Gesagte im Gehirn der Person angekommen ist und auch verstanden wurde. Wie bei den Chatverläufen mit Waelon – nur, dass sie da nie genau wusste, ob er es wirklich verstanden hatte. Aber die blauen Häkchen signalisierten jedenfalls, dass die Nachricht angekommen war.
Kurz war Peyton versucht genau diesen Gedanken auszusprechen, doch das Zucken der Mundwinkel ihres Gegenübers schrie förmlich nach Provokation. Deshalb drehte sie den Schlüssel herum und öffnete die Tür. Ohne auf den Mann zu achten ging sie hinein.

Schmale Neonröhren flackerten an der Decke und erfüllten das Treppenhaus, das vier oder fünf Stockwerke nach unten in den Keller und somit auch bis zur eigentlichen Eingangstür in die Lagerhalle reichte. Wieder suchte Peyton nach dem richtigen Schlüssel.

„Was meinst du? Ob wir danach noch Zeit haben einen Kaffee trinken zu gehen? Das wird ja hoffentlich nicht allzu lange dauern?"

Peyton riss die Tür auf und sah den jungen Mann an. „Ich weiß nicht wie lange es dauern wird, aber garantiert noch länger, wenn Sie jetzt nicht ihre Klappen halten." Dann trat sie in die Halle und hörte nur, wie der schwarzhaarige Brillenträger ihr folgte.

Obwohl Peyton öfter in den Lagerhallen arbeitete und die Kisten sortierte, fand sie es jedes Mal aufs Neue faszinierend, die großen unter der Erde liegenden Bunker zu betreten. Das Dach bestand aus Glasflächen, damit genug Licht hineinfiel, doch an jedem Regal waren LED-Streifen angebracht, die zusätzliches Licht spendeten. Nach wie vor standen Unmengen an quadratischen Kisten in der Halle, die einen Durchmesser von einhundertzwanzig Metern hatte. Metallene Regale erstreckten sich vier Geschosse weit nach oben, waren mal mehr und mal weniger gefüllt und ein breites Fließband war an der rechten Seite neben einer Steuerkonsole angebracht.

Peyton drehte sich zu dem Brillenträger um und sah ihn abwartend an. Als sie vor wenigen Minuten noch in der Fabrik am Fließband gestanden und mit Waelon die Kabel sortiert hatte, wusste sie nicht, dass im nächsten Moment ein Autoschlüssel vor ihrem Gesicht baumeln würde. Irritiert hatte sie den Brillenträger angestarrt, der auch da schon dieses selbstgefällige Grinsen auf den Lippen hatte, wie die ganze Fahrt über. „Du sollst mich zur östlichen Lagerhalle bringen", hatte er gesagt und war dann ohne ein weiteres Wort nach draußen gelaufen. Erst hatte sie ihm nicht folgen wollen, doch Finch hatte ihr einen auffordernden Blick aus seiner Bürotür zugeworfen. Der missbilligende Blick, den er dem schwarzhaarigen Mann hinterhergeworfen hatte, war ihr dabei nicht entgangen. So hatte sie auch herausgefunden, dass er im Celment-Tower arbeiten musste.

G E N - deltaWhere stories live. Discover now