020 - ELIJAH

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Elijah spürte die Blicke seines Bruders, wie sie sich in seinen Rücken bohrten, aber es konnte ihm nicht noch mehr egal sein. Er hatte nicht erwartet mit offenen Armen empfangen zu werden. Arlington hatte ihm bereits auf dem Weg in den Doom-Ring gesagt, dass seine Freunde wussten, dass er ihn zusammengeschlagen hatte. Der Asiate konnte es ihm nicht einmal übel nehmen, dass er mit seinen Freunden darüber gesprochen hatte und es war ihm eigentlich auch fast klar gewesen, dass er bei irgendwem gewesen sein musste und dass dieser jemand Fragen stellen würde.

Er hatte aber auch nicht erwartet einen solchen Hass ihm gegenüber entgegen zu laufen.

Nicht nur Peyton hatte deutlich gemacht wie sehr sie ihn verabscheute. Auch Waelon war die Missgunst deutlich anzumerken, von Willow ganz zu schweigen. Der Barkeeper erinnerte sich an die Nacht, als er sie das erste Mal getroffen hatte, ihre Begegnung besonderer Art, als sie in die Männertoilette gestürmt war und wie sie sich danach unterhalten hatten. Vielleicht war er naiv, aber er hatte gedacht, dass da zumindest das Potential für eine gute Freundschaft geschaffen wurde. Sie hatten sich wunderbar verstanden, wenn auch mit etwas Hilfe. Aber wie sie ihn in Waelons Wohnung angeschrien hatte...sie musste ihn wirklich hassen. Und all das nur, weil er sich nicht unter Kontrolle hatte.

"Woran denkst du?" Arlington stellte die Frage so in den Raum, als wüsste er bereits die Antwort, aber erwartete trotzdem, dass sein Bruder es aussprach. Stattdessen zuckte Elijah nur mit den Schultern und ging wortlos durch die Eingangstür des Towers.

Vor dem Labor, in welchem sie den jedes Quartal fälligen Test ablegen mussten, wartete bereits ein grimmig drein schauender Daniel.

"Elijah! Hab ich dir nicht noch extra gesagt, dass ich erwarte, dass ihr dieses Mal pünktlich seid? Ich muss mich auf euch verlassen können!"

"Beruhig dich Daniel. Arli hat mir bei der Suche nach Willow geholfen."

"Ja...und? Habt ihr sie wenigstens gefunden?"

Der Schwarzhaarige spürte erneut die bohrenden Blicke seines Bruders, so als ob er sagen wollte: 'Wenn du etwas verrätst, steckst du die nächste Tracht Prügel ein.'
Als ob er wirklich so bescheuert war und Daniel hier und jetzt verraten würde wo sich Willow aufhielt, denn das würde nicht nur Peyton und Waelon in Schwierigkeiten bringen, sondern auch Arlington und das konnte er nicht mit sich verantworten. Mit gesenktem Blick schüttelte er den Kopf.

"Nein, tut mir leid. Keine Spur von ihr."

"Dann streng dich mehr an! Es kann ja nicht sein, dass sie einfach so vom Erdboden verschluckt wurde. Und jetzt rein mit euch. Ihr habt den Zeitplan eh schon durcheinander gebracht."

Die beiden Brüder trotteten hinter ihrem Ziehvater her und stellten sich an zwei gegenüber liegende Krankenliegen. Wie üblich streifte sich der Asiate das Shirt vom Körper und ließ sich unter dem wachsamen Blick Daniels nieder. Zwei wichtig tuende Wissenschaftler kamen mit zwei kleinen Wagen, auf welchen sie alle möglichen Instrumente transportierten, vor ihnen zum Stehen. Der Wissenschaftler, welcher vor Elijah stand, holte einige Unterlagen hervor und begann vorzulesen.

"Testobjekte Arlington C und Elijah Z: Alter 25 und 25. Geborgen aus der Wüste vor 63 Quartalen. Keine Anzeichen der Seuche seit 63 Quartalen. Bekannte Krankheitsbilder: Arlington C: Fraktur Sternum erfolgreich behandelt vor 31 Quartalen; Fraktur der Rippen 5 bis 7, links, erfolgreich behandelt vor 24 Quartalen; verschlechterte Sehleistung bekannt seit 59 Quartalen; Verschlechterung exponentiell steigend.
Elijah Z: Verbrennungen dritten Grades rechter Arm, sowie rechte Seite des Halses und rechte Häflte des Oberkörpers erfolgreich behandelt vor 28, 27 und 25 Quartalen; starke Alkoholvergiftung erfolgreich behandelt vor 35 Quartalen; vermehrt auftretende Migräne, sowie Orientierungslosigkeit bekannt seit 61 Quartalen."

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren steckte er die Mappe mit den Unterlagen zurück, wo er sie her hatte und die beiden begannen mit ihrer Arbeit. Die Routineuntersuchungen waren schnell vorbei, die Testergebnisse so normal wie immer. Als ihnen schließlich Blut abgenommen wurde verließen die behandelnden Wissenschaftler sowie Daniel für einen Moment den Raum, um die Testergebnisse zu besprechen. Die Blutpumpen surrten leise und Elijah beobachtete wie Arlington angestrengt auf den Bildschirm starrte, welcher die Analysedaten zeigte, die ihrem Blut entnommen wurden.

"Du...Arlington?"

Als Antwort erhielt er nur ein Brummen, interpretierte es aber als Zustimmung, dass er fortfahren konnte.

"Es tut mir wirklich leid. Nicht nur, dass ich dich geschlagen habe, sondern auch das, was ich gesagt habe. Ich hab's nicht so gemeint. Ehrlich. Keine Ahnung was ich ohne dich gemacht hätte. Du warst immer für mich da, egal wie viel Scheiße ich gebaut habe, egal wie viel ich getrunken habe und egal was ich dir an den Kopf geschmissen habe. Du hast es nicht verdient so behandelt zu werden, wie ich dich in der letzten Zeit behandelt habe. Und die Aktion von Vincent war wirklich dumm. Ich habe ihn eigentlich wieder weggeschickt, aber er war einfach stärker. Er hat mir versprochen mich aufzufangen, wenn ich zu tief falle, dabei war er derjenige der mich gestoßen hat. Vielleicht hast du recht und es ist wirklich besser wenn ich erstmal ein wenig auf Abstand gehe."

Während seiner gesamten Rede hatte Arlington kein einziges Mal hoch geschaut und er starrte immer noch angestrengt auf den Bildschirm, ohne ein Wort zu sagen. Nervös begann Elijah an seinen Armbändern herumzuspielen. Hasste Arlington ihn jetzt auch? Plötzlich erhob sein Bruder doch seine Stimme, dabei blickte er ihn aber kein einziges Mal an.

"Weißt du Elijah, ich bin echt nicht sauer. Naja, vielleicht ein bisschen, aber das ist nicht der Punkt. Die Zeit, als die Flasche dein bester Freund war...ich hatte jeden Tag Sorge, ob ich dich überhaupt noch einmal lebend wieder sehe. Und als du endlich trocken warst, war ich so unfassbar stolz auf dich. Du hast dein Leben endlich in den Griff bekommen. Aber ich möchte ehrlich sein. Vincent war vielleicht am Anfang eine nette Abwechslung, aber je öfter du dich mit ihm getroffen hast und je ernster die Sache wurde, desto mehr hatte ich das Gefühl dich wieder zu verlieren. Und heute Morgen, als ich dich da so liegen gesehen habe, ich dachte ich habe dich verloren! Und eins kann ich dir sagen. Ich möchte nie, nie wieder neben dir knien müssen mit der Angst, dass du nicht mehr aufwachst. Kannst du versuchen mich zu verstehen? Kannst du verstehen, dass ich enttäuscht bin, wenn ich dich nach sieben Jahren ohne Alkohol finde, umringt von geleerten Weinflaschen? Ich kann dir verzeihen, dass du mich geschlagen hast, aber ich weiß nicht ob ich dir so schnell verzeihen kann, dass du dich von jemandem wie Vincent hast verleiten lassen wieder zu trinken."




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