012 - ARLINGTON

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Mit einem Handgriff schnappte sich Arlington seinen Kaffee vom Schreibtisch und rannte mit seinem Hoodie die Treppe nach oben. Heute war endlich wieder einer der Tage, an denen er den Tower und auch den Nexos-Stadtring verlassen durfte. Es kam nicht oft vor, dass Arbeiter aus der IT-Abteilung den Tower an einem ihrer Arbeitstage verließen, weil sie außerhalb gebraucht wurden. Arlington aber hatte das Glück, dass seine Arbeit mit den Aufgabenbereichen der Krankenstation verknüpft war. So musste er nicht immer in dem muffigen Keller sitzen, dessen dunkle Wände er zu lieben gelernt hatte.

Doch ab und zu die Sonne zu Gesicht zu bekommen – und damit war weder der Sonnenaufgang noch der Sonnenuntergang gemeint – tat ganz gut. Gut gelaunt verließ er also den Tower und starrte eine Weile in den Himmel. Die schützende Kuppel war kaum zu erkennen, doch Arlington sah ab und zu das Flimmern der Schutzdecke, die ganz Centenniel überdachte.

„Mister Cooper, kommen Sie?"

Ein Mann in einem weißen Van hatte die Tür aufgeschoben und sah Arlington abwartend an. Arlington hatte ihn schon öfter auf einer dieser Missionen gehabt, doch konnte sich bei bestem Willen nicht an seinen Namen erinnern. Irgendwas in die Richtung von Bobbys oder Brayden. Er wusste nur, dass er auf der Krankenstation arbeitete und dafür zuständig war die Infusionen vorzubereiten und alle Impfstoffe zu sortieren – jedenfalls tat er das immer, wenn sie ihre Untersuchungen an den Werkstoffhöfen hatten.

Mit einem Nicken setzte er sich schnell ins Auto, in dem sich auch noch zwei andere Krankenpfleger befanden. Die Türen gingen zu und das weiße Gefährt fuhr Richtung Süden. Arlington trank seinen Kaffee und sah aus dem schmalen Fenster. Zwar war er gestern erst am Werkstoffhof gewesen, doch das war wegen einer Lieferung gewesen, die heute noch ankommen würde. Da hatte er auch Peyton Reed das erste Mal getroffen. Die braunhaarige junge Frau war ein wenig störrisch und eigensinnig gewesen, doch dieses widerspenstige Funkeln in ihren Augen hatte ihn irgendwie fasziniert. Deshalb freute er sich ebenfalls, aus dem Tower zu können.

Der Doom-Ring floss aus einem grünen, braunen und weißen Farbstrudel an ihm vorbei und als sie die letzte Brücke passiert hatten, wurde alles flacher. Die Fabrikgebäude sah man an ihren dicken Schächten bereits von den Brücken aus, aber auch im vorderen Bereich, der näher am Stadtring der Dooms war, herrschte noch reges Treiben. Bäckereien, Schneidereien und andere handwerkliche Berufe, die im Celment-Tower alle keinen Platz gefunden hatten. Auch einige Frei-Botaniker und Gärtner waren zu erkennen, doch neben ihren Läden stapelten sich verdorrte Pflanzen und leere Töpfe in den Gassen.

Und dann fuhren sie auf das Gelände des Werkstoffhofes. Arlington trank den letzten Schluck seines Kaffees aus und ließ den leeren Becher im Wagen stehen, als sich die Türen öffneten. Freudig drehte er sich einmal im Kreis und strahlte dann die drei Ärzte an, die ihm aus dem Wagen folgten. Bobbys Brayden grinste ihn an. „Jedes Mal strahlst du wie ein kleines Kind. Und dann frage ich mich, ob es deshalb ist, weil ihr IT'ler so selten aus dem Tower kommt oder aber, weil du dich freust die armen Menschen hier zu untersuchen."

„Sei nicht so bösartig", meinte Arlington. „Ich denke, ersteres trifft eher zu, aber ich liebe es zu sehen, wie die Sucher wiederkommen. Sie sind wahre Helden."

Jeder im Tower wusste, dass Arlington und Elijah von Daniel aufgezogen wurden, nachdem sie von den Suchern aus der Wüste gerettet worden waren. Dass Arlington die Männer in den geschützten Anzügen anhimmelte, war nur selbstverständlich. Bobbys Brayden nickte und warf Arlington einen Skanilo zu.

Dies war ein Gerät, welches im Prinzip ein Scanner war, der jedoch Symptome anzeigen konnte. Einige Wissenschaftler und IT'ler haben zusammen mit den Ärzten das Gerät entwickelt und Skanilo genannt – weil es auch recht klein ist. Es war nur so groß wie eine Hand und neben dem Touchbildschirm konnte man noch eine Art Schutzkappe drauflegen, die Knöpfe und Tasten besaß, mit der man weitere Untersuchungen anstellen konnte.

G E N - deltaWhere stories live. Discover now