Kapitel 2 - Lucifer?!

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Am nächsten morgen empfand ich es direkt als Albern, dass ich vor meinem Trenchcoat solch eine Angst verspürt hatte. Nichts desto trotz verfrachtete ich den Mantel sicherheitshalber in den Schrank, damit ich wenigstens heute Nacht beruhigt schlafen konnte. Es war wirklich Irre, wie sehr man durch solch Kleinigkeiten erschreckt werden konnte. Ich schüttelte den Kopf über mich selbst. Wieso war ich bloß so ein Angsthase?

Müde schlurfte ich in die Küche und machte mir dort einen Cappuccino. Es war ein ganz normaler Sonntag - das bedeutete Jogginghose an und das Haus nicht einmal im Notfall zu verlassen. Vielleicht könnte ich ja einfach einen Marathon meiner Lieblingsserie sehen? Oder mein Lieblingsbuch zum 21. Mal lesen? Mir stand alles offen. Ich hatte wirklich Glück, dass meine Mutter und mein Stiefvater übers Wochenende meistens weg fuhren. Als mein Cappuccino fertig war nahm ich meine Taste und verbrannte mich prompt, das passierte mir auch wirklich jedes mal. Ich nahm ein miauen aus der Richtung des Wohnzimmers wahr und meine bunt gefleckte Katze strich mir um die Beine um mir einen guten Morgen zu wünschen. Also entweder das oder sie wollte dass ich sie fütterte. Mir war beides Recht. Ich nahm eine Scheibe Käse aus dem Kühlschrank und gab sie ihr. Sie liebte Käse wirklich über alles. Das Einzige, dass sie fast so gern mochte waren Kartoffelchips. Ja, eigentlich sollte man besser darauf achten, was man seinem Haustier zu Essen gab, aber ich hatte sie schon immer von meinen Sachen kosten lassen, wenn wir allein waren. Ich tapste zurück in mein Zimmer und legte meine Lieblingsplatte auf. Ich schloss genießerisch die Augen, als „Carry on my wayward son" laut durch die Lautsprecher dröhnte. Munter sang ich mit und genoss meine „Mei-Zeit" - also die Zeit, die ich alleine verbrachte - in vollen Zügen. Ich setzte mich mit einem Buch aufs Sofa und meine Katze legte sich leise schnurrend neben mich. Ich strich ihr übers Fell und sofort verteilten sich ihre Haare auf meinem Pullover.

„Das Ende des Sommers naht, was? Oder eher... Das Ende haart", ich lachte leise über meinen eigenen Witz. Manchmal nahm ich einfach an, dass alle Menschen solche merkwürdigen Kleinigkeiten taten, wenn sie alleine waren und nicht, dass ich irgendwie verrückt war.

Ich verbrachte den ganzen Tag auf dem Sofa mit meinem Buch - zugegeben, das war auch nicht schwer. Immerhin war ich erst am Nachmittag aufgestanden - und beschloss am Abend zu Duschen. Je dunkler es wurde, desto unwohler fühlte ich mich wieder. Das Gefühl beobachtet zu werden wurde immer stärker und ich fragte mich, ob es daran lag, dass ich es während des Tages einfach verdrängt hatte oder ob es wirklich wieder kam. Ich machte überall im Haus die Lichter aus und ließ meine Katze auf dem Sofa weiterschlafen, obwohl sie eigentlich die Nächte im Garten verbringen sollte. Naja, was meine Mutter nicht wusste konnte sie auch nicht stören. Ich fragte mich manchmal ob es meine Katze wohl wunderte warum sie keinen Namen hatte oder ob sie vielleicht dachte „raus hier" wäre ihr Name. Klar, das waren ziemlich unsinnige Gedanken, aber so dachte ich wenigstens nicht an das Gefühl beobachtet zu werden. Und da war es auch schon wieder. Wieso musste ich auch so schlau sein und es erwähnen? Argh.

Ich wälzte mich müde im Bett herum und bemerkte plötzlich wie kalt mir wurde. Es war als hätte man mich in einen Kühlschrank gesteckt. Meine Katze stand auf und verließ das Zimmer fluchtartig. Ich zog meine Decke ein wenig weiter nach oben, doch ich zitterte noch immer. Und da war die Figur auch schon wieder. Ich wollte mir gerade einbilden, dass es der Mantel war, aber... Den hatte ich doch vorhin in den Schrank gehängt...?! Ich setzte mich auf und schaltete das Licht an. Dort vor dem Schrank stand tatsächlich ein Mann.

„W-Wer sind Sie?! Was wollen Sie hier?!", schrie ich förmlich und er schmunzelte.

„Du hast mich gerufen und jetzt erschrickst du dich vor mir?", seine Stimme klang tief und raus, als hätte er schon eine Weile nicht mehr gesprochen. Allerdings gefiel mir seine Stimme. Nur sein Aussehen schien ein wenig befremdlich auf mich. Er sah aus wie einer der Schauspieler aus meiner Lieblingsserie. Das musste also ein Traum sein. Nur stimmte seine Augenfarbe nicht. Seine Augen waren tief schwarz und ich konnte nicht erkennen wo seine Pupille anfing und seine Iris aufhörte.

What's up, Lucifer?Where stories live. Discover now