What's up, Lucifer?

Kapitel 7 - Tic-Tac-Toe

War es schon immer so einsam in der Klasse? War der Lärm schon immer so bedrückend? Oder war das - all dies - bloß, weil Lu nicht bei mir war? Hatte er tatsächlich die ganze Zeit dafür gesorgt, dass ich nicht davon mitbekam, wie allein ich eigentlich war?

Seufzend ließ ich mich auf meinen Tisch sinken. Ich saß nicht mehr neben Sky und Elektra, sondern in der letzten Reihe am Fenster. Ein Einzelplatz, wie man erwarten konnte. Für meine Klasse war ich nichts weiter als ein Freak, das war mir klar. Sky hatte wahrscheinlich bereits jedem erzählt, wie verrückt ich war, so war sie schon immer. Nur damals hatte mich ihre plaudernde Art nicht weiter gestört. Ich hatte sie einfach so akzeptiert, wie sie ist. Mit ihren rosa, fast puppenhaften Kleidern, ihrer Vorliebe für Okkultes und die Tatsache, dass sie nicht gern über ihre Vergangenheit sprach.

Doch sobald ich den Fehler beging, mich ihr und Elektra anzuvertrauen, wurde ich als Freak abgestempelt.

Aber am besten dachte ich nicht mehr daran. Weshalb sollte ich ihr mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie verdiente?

Erst, als der Lärm sich legte richtete ich meinen Blick auf die Figur, die herein getreten war. Es war ein etwa dreißig Jahre alter Mann, doch ich schenkte ihm kaum Beachtung. Ich fand mehr die Figur hinter ihm interessant. Ein weiterer WAI stand dort - doch aus irgendwelchen Gründe war er stumm. Vielleicht war das, was Lu mir erzählt hatte? Man konnte seine inneren Dämonen zum schweigen bringen?

"Hast du mal 'n Blatt?", Isaac, der eigentlich nicht neben mir sitzen sollte, sondern auf einem der Einzelplätze, grinste mich breit an. Er hatte vorher noch nie mit mir gesprochen, wie merkwürdig.

Schweigend gab ich ihm einen Zettel aus meinem Block.

"Dankeschöööön", er zog das "ö" unnötig in die Länge und grinste weiterhin schief.

Der Mann, der scheinbar Mr. Green hieß und unser neuer Lehrer war, erzählte uns irgendetwas über sein Leben, doch ich hörte ihm nicht wirklich zu.

"Mei", Isaac sah mich erneut verschwörerisch an und schob sein Blatt zu mir, "Tic-Tac-Toe?"

Ich nickte und so vertrieben wir den Unterricht mit diesem simplen und recht langweiligen Spiel. Letztendlich gewann ich mit 18:14.

"Gut gespielt", meinte er und ich musste schmunzeln.

"Ich habe jedes mal die selbe Taktik verwendet", gab ich schulterzuckend zu und er lachte.

"Du verarscht mich doch!"

"Würde ich nie."

"Könnten die beiden in der letzten Reihe bitte ruhig sein? Wie ihr vielleicht mitbekommen habt, halte ich hier Unterricht", ertönte Mr. Greens strenge Stimme und ich rollte genervt mit den Augen.

"Der Neue denkt doch nicht ernsthaft irgendjemand hört ihm zu?", zischte mir Isaac zu.

"Scheinbar schon. Wer kommt denn auch auf die bescheuerte Idee am ersten Tag unterricht zu machen?"

"Keine Ahnung", er grinste, "Sag mal, Mei..."

"Ja?"

"Wieso sitzt du nicht mehr bei deinen besten Freundinnen? Ich dachte ihr wärt sowas wie das Dream-Team schlecht hin?", plötzlich klang er viel ernster.

Jetzt wurde mir klar, warum er mit mir gesprochen hatte. Er war einer dieser Leute, die sich am Leid Anderer ergözten. Wie schön für ihn. Sollte ich ihm jetzt noch Popcorn vorbei bringen, damit er das Drama meines Lebens besser verfolgen konnte?

"Geht dich nichts an", zischte ich und wandte mich wieder dem Fenster zu. Der wundervoll regnerische Himmel und das häßliche graue Schulgebäude waren sowieso viel interessanter.