Kapitel 6 - Highway to Hell

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Wenn Mei nur sehen könnte, was ich sah. In diesem Moment war ihre Seele so hell und klar, wie die ihres Vaters - nein, sie schien noch heller zu erstrahlen. Für einen Moment lang konnte ich mich daran erinnern, wie es damals war. Damals, als ich zum ersten Mal von der Schönheit einer Seele so fasziniert war.

Er hatte genau gewusst worauf er sich eingelassen hatte.

"Guten Abend, James", es war bereits spät am Abend und er saß alleine auf dem Balkon mit dem Blick gen Himmel gerichtet.

"Guten Abend, Lucifer", er lächelte leicht. Es war ein derart friedliches Lächeln. Keine Spur von Angst war in seinem Gesicht zu sehen.

"Es ist lange her", meinte er und ich nickte.

"Zehn Jahre, um genau zu sein. Es ist Zeit zu bezahlen, James", erwiderte ich.

Er schmunzelte. "Hatte mich schon gefragt, wann du auftauchen wirst."

"Nun ja, du wusstest der Deal hat einen Haken."

"Natürlich", sein Blick wanderte zur geschlossenen Tür, "aber sie wird unversehrt bleiben?"

"Wie versprochen."

"Gut", er seufzte, "sie wird mir fehlen."

"Hast du dich angemessen verabschiedet?", fragte ich nach. Eigentlich war es mir vollkommen gleichgültig, allerdings wollte ich diese reine Seele nicht mit Reue oder Trauer besudeln.

"Das habe ich jeden Abend."

"Und du verspürst keinerlei Angst?", mir erschien es zu diesem Zeitpunkt völlig skurril, doch wie hätte ich auch etwas verstehen sollen, das ich nicht kannte?

"Lucifer, es ist so wie es ist. Das habe ich akzeptiert und jede Sekunde meines Lebens genossen - obwohl ich wusste, was passieren würde. Ich bereue nichts und Lucifer, ich danke dir dafür. Für alles."

In diesem Augenblick sah ich die wahre Schönheit seiner Seele. Sie raubte mir den Atem und für einen Moment wurde ich ganz warm - es war fast so, wie damals, in der Umgebung von Engeln. Seine Seele strahlte förmlich und ich wurde schon fast traurig darüber, sie ihm zu rauben.

Eigentlich war ich mir sicher gewesen, dass ich nie wieder etwas von solch Makellosigkeit und Herrlichkeit erblicken würde, doch da lag ich falsch.

Eine einzige Seele gab es noch und sie schaffte es immer wieder mich sprachlos zu machen. Wenn sie doch nur wüsste, wie schön sie eigentlich war. Doch diese Menschen konnten das größte Geschenk, dass ihnen je gegeben war nicht wert schätzen. Für sie zählten nur die materiellen, sichtbaren Werte. Sie waren lächerliche kleine Wesen, die wohl kaum mehr als ein paar weitere Jahrtausende überleben würden. Der Gedanke an eine Welt ohne Menschen jedoch bedeutete auch eine Welt ohne Seelen.

Ich seufzte. Scheinbar war ich nicht weniger jämmerlich. Auch für mich zählte nur eine Sache: Seelen. Auf das sie mich zurück zu meinen Brüdern bringen würden - oder wenigstens ihren Respekt zurück gewinnen.

Mei's Seele... Sie musste noch reifen. In ihr steckte so viel potential. Ich würde sie nicht gehen lassen, niemals! Sie könnte meine Eintrittskarte in ein besseres Universum sein.

Und wer weiß? Sie für immer an meiner Seite zu haben würde sicherlich auch nicht schlecht sein.

Ich lachte über mich selbst. Welch grotesken Gedankengänge! Ich musste mich nun schon länger bei diesen verweichlichten Menschen aufgehalten haben, als ich gedacht hatte.

Mir war klar, was zu tun war. Ich musste drastischere Mittel auffahren um ihre Seele zu gewinnen. Gewiss, ich hatte sie bereits beobachtet seit sie ein kleines Mädchen war - doch das durfte mein Handeln in keinster Weise beinflussen. Es war an der Zeit für einen neuen Plan. Und zwar bald.

What's up, Lucifer?Onde as histórias ganham vida. Descobre agora