Kapitel 14

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Mei sah süß aus wenn sie schlief. Ganz ehrlich. Sogar in diesem merkwürdigen bewusstlosen Zustand, in den mein Bruder sie versetzt hatte. Keine Ahnung, was die beiden für eine Beziehung am Laufen hatte, aber Lu hat sie vorhin mindestens eine Stunde lang nur angesehen und ist dann aufgestanden und gegangen. Wirklich, aus dem Typ werde ich nie schlau. Klar, er war mein Lieblingsbruder und so weiter, aber Gedanken konnte ich leider nicht lesen. Naja, sagen wir mal noch nicht. Ich werde daran arbeiten müssen. Immerhin würde er sonst niemals damit herausrücken, weshalb er dieses Menschlein so besonders fand. Ich meine, ihre Seele war ruiniert, was brachte es also sie zu behalten? Michael hätte mir bestimmt längst verboten ein Haustier mit kaputter Seele zu halten...

Ich seufzte und lehnte mich gegen eine der kühlen Wände. In der Hölle war es so viel kälter als im Himmel, nicht, dass mich das stören würde. Im Gegenteil: Ich nahm es als willkommene Abwechslung. Vom Gang draußen konnte ich schwere Schritte vernehmen, die sich langsam mir näherten. Ein Grinsen huschte mir über die Lippen. Das würde lustig werden.

Ich richtete mich auf und blickte Richtung Tür um meinen geliebten großen Bruder in Empfang zu nehmen. Als er den Raum betrat sah er ein wenig mitgenommen aus. Noch schlechter, als vor einer Stunde. Armer Junge.

"Gabriel?", er runzelte verwirrt die Stirn als er mich erblickte. Ich grinste ihn nur breit an.

"Luci!", sang ich fast schon, "hast du mich vermisst?"

"Hm.. Nicht mehr seit meinem Gespräch mit Michael", grummelte er und ließ seinen Blick auf Mei fallen, "du hast sie nicht angefasst, richtig?"

"Warum sollte ich? Ist doch dein Spielzeug", ich zuckte mit den Schultern.

"Spielzeug? Wirklich?", er sah ein wenig genervt aus, was mich innerlich Freudensprünge vollführen ließ. Ich liebte es meinen Bruder zu ärgern, auch, wenn es nicht gerade leicht war. Aber ich hatte einen Schwachpunkt getroffen! Jetzt nur nicht übertreiben.

"Also..", begann ich, noch immer breit grinsend, "worüber hast du mit Michael geredet?"

"Solltest du das nicht wissen? Die Informationen stammen ja schließlich von dir", zischte er. Seine leicht spöttische Manier hatte sich plötzlich in puren Hasse verwandelt. Oh, je. So hatte er noch nie auf mich reagiert.

"Aber, aber", ich lachte nervös, "ich habe ihm ja nicht alles gesagt. Und du musst zugeben, ihre Seele ist in einem miserablen Zustand. Sieh sie dir doch nur an..."

Es zeriss mir fast das Herz sie so zu sehen. Ihre Seele hatte einst so gestrahlt... Und jetzt kam nurnoch ein matter Schein aus ihrem inneren, der eindeutig mit Blut befleckt war. Oh, Luci...

"Na und? Ich mache sie wieder ganz", fauchte er.

"Indem du ihr noch den Rest ihrer Seele raubst? Hat es dir nicht schon gereicht, als du ihr einen Teil genommen hast, nur, damit du nicht vor Schmerz verwelkst? Das war eine bescheuerte Idee, Luci. Das weißt du. Willst du das wirklich noch einmal erleben?"

"Du... Wusstest davon?", Lucifer erstarrte förmlich.

"Klaro. Dachte aber, das wäre nichts, dass Michael interessieren sollte", ich zuckte mit meinen Flügeln, einfach nur, weil ich es konnte.

"Danke, Gabriel...", murmelte er und ließ seinen Kopf hängen, "ich habe sie ruiniert, nicht?"

"Ach, aber ist doch nicht schlimm! Menschen ruinieren sich dauernd selbst. Einer mehr oder weniger macht doch nichts aus."

"Für mich schon. Immerhin machen sie es sonst selbst. Oder zumindest sind sie dann dumm genug einen Deal einzugehen."

"Ach, komm schon!", ich schnaubte, "wie willst du bitte dafür sorgen, dass sie menschlich bleibt, wenn du ihre Menschlichkeit weggibst?"

What's up, Lucifer?Where stories live. Discover now