Das achte Jahr: Wind im Gesicht

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Und ich rannte. Weiter und weiter sprintete ich während meine Lunge nach Luft bettelte und meine Beine vor Hitze und Krampfhaftigkeit zu zerbersten drohten. Doch ich rannte und rannte, ohne Ziel, ohne Halt.

Obwohl die grösste Hitze des Tages vorbei war, blendete mich der hell ausgetrocknete Boden noch immer und die Sonne brannte unbarmherzig auf meine Schultern nieder. Meine staubigen Haare wehten hinter mir nach und peitschten mir immer wieder gegen den muskeldurchzogenen Rücken.

Ich stiess einen freudigen Jauchzer aus, was meine Lunge mit einem pulsierenden Schmerz kommentierte. Obwohl ich wusste, dass mein Körper nicht mehr lange genug Luft bekommen würde, steigerte ich meine Geschwindigkeit noch einmal ein klein wenig. Der Wind, der mir dadurch entgegenschlug, kühlte mein verschwitztes Gesicht sanft ab.

Weiterhin rannte ich geradeaus über die trockene Ebene, bis ich völlig unerwartet über meine eigenen Füsse stolperte und unsanft zu Boden krachte. Mein Herz raste und mein ganzer Körper brannte. Dennoch lachte ich laut auf, immer und immer wieder. Ich lachte wie ein Kind. Blieb auf dem Boden liegen und betrachtete den blauen Himmel, lauschte für einen Moment dem Pulsieren meines Körpers und sogar dem fast nicht wahrnehmbaren Meeresrauschen in der Ferne.

Schliesslich drängte sich das Gestampfe von Hufen auf dem kahlen Wüstenboden in mein Bewusstsein, weshalb ich meine Augen schloss. Während die Pferde deutlich näher kamen, genoss ich für einen Augenblick die Ruhe und Zufriedenheit, die mich plötzlich durchströmte. Wie sehr ich das Laufen vermisst hatte. Obwohl mich nie wirklich etwas davon abgehalten hatte, war ich die vergangenen Sonnenzyklen kaum einmal gerannt. Nicht so, wie ich es früher getan hatte. Nicht so, wie ich es brauchte.

„Kleine Ausreisserin", rief mir Patroclos zu, dessen Pferd gerade im Begriff war, meinen Arm zu beschnuppern. Ich spürte die Wärme, die der Atem aus seinen Nüstern auf meine Haut entliess.

„Komm gefälligst zurück und hilf uns beim Holzfällen."
Ich grinste und öffnete schliesslich meine Augen und drehte meinen Kopf um ihn anschauen zu können. Selbst sein schönes Anlitz konnte meinen schmerzenden Körper aber nicht dazu bewegen, aufzuhocken.

„Wohl kaum", stöhnte ich und grinste ihn schelmisch an, wodurch ich meinen Kopf noch seltsamer verdrehen musst, damit ich ihm in die Augen blicken konnte.

„Elizabeth", widerholte er und stieg mit einem dumpfen Aufprall von seinem Braunen, „wir bekommen sonst Ärger."

„Als würdest du dich um das scheren", gab ich stur zurück und war noch nicht bereit, mir meine gute Laune verderben zu lassen.

„Ausserdem sind doch Hunderte im Wald, da fallen wir wohl kaum auf. Niemand wird bemerken, dass wir überhaupt weg sind."

„Du bist unmöglich."

„Ich bin schlau", grinste ich ihn verschwörerisch an. Patroclos verdrehte seine Augen und schüttelte die Zügel seines Pferdes.

„Was tust du überhaupt hier", fragte er schliesslich, worauf ich seufzte.

„Das weiss ich auch nicht so genau", antwortete ich, „aber es hat so gutgetan. Irgendetwas hat mich einfach überkommen, so dass ich nicht anders konnte, als anzufangen, zu rennen."

„War das zufällig der Krieger neben dir, der konstant gerülpst hat?", fragte er spielend ernst. Ich konnte seinem Gesicht genau ablesen, dass er beim Gedanken daran auch ein Lächeln verkneifen musste.

„Glaube mir, das Rülpsen war noch lange nicht alles", erklärte ich ihm vielsagend. Nun musste er wohl oder übel grinsen.

„Einige dieser Krieger sind wirklich ekelhaft."

Die letzte KriegerinWhere stories live. Discover now