Böse Nachrichten

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Nach ziemlich genau 400 Sonnenaufgängen war ich mein neues Leben schon so gewohnt, dass es mir fast langweilig wurde.

Auch anderen Kriegern, die vermutlich noch viel länger still und brav gewesen waren, war anzumerken, dass ihnen die Zeit in der Schule langsam zum Halse heraus hängte. Wir unternahmen daher öfters Massenkämpfe. Diese fanden im Hof statt, und Ziel war, dass die eigene Gruppe versuchte, die andere auszurotten. Wir kämpften weiterhin nur mit Holzschwerten, aber trotzdem konnte man den Gegner so unterwerfen, dass man ihn mit einem richtigen Schwert sofort getötet hätte. Dieser Schüler war dann ausgeschieden. Die meisten von uns liebten diese Spiele, und auch Péristeris amüsierte sich oft köstlich über den Trotz der Krieger, die ausschieden.

Wir kämpften immer in denselben Gruppen. In meiner waren Serafim, Valérios, Kleanthes und Pavlos. Letzterer war ein stolzer Krieger, er liess sich nicht richtig in die Gruppe integrieren. Aber Serafim, die zwei anderen und ich hatten recht schnell einen guten Zusammenhalt, und so wussten wir auch, wie wir zusammen kämpfen mussten. Oft nahmen sich zwei von uns einen von den Gegnern vor, besonders wenn es ein starker war. Die anderen zwei versuchten derzeitig, die anderen abzulenken. Wir hatten viel Gefallen an diesem Verfahren gefunden.

Es war eine richtige Abwechslung zum alltäglichen Training, auch einmal in der Gruppe zusammen zu arbeiten. Und für mich war es auch eine willkommene Gelegenheit, endlich einmal einige andere Krieger kennenzulernen. Denn was ich - trotz Patroclos - in der letzten Zeit immer mehr vermisst hatte, waren Freunde und ein gewisses Gefühl des dazu Gehörens. Denn obwohl jeder für sich trainierte, waren es trotzdem oft Gruppen, die den Posten zusammen wechselten oder die gemeinsam assen. Ausser Serafim und gelegentlich Sáwas hatte ich bisher noch keine weiteren Bekanntschaften gemacht, mit denen es sich zu unterhalten wert war. Ich konnte mich also in keine Gruppe einfügen.

Doch bald schon erschien Pavlos nicht mehr zu unseren Kämpfen. Am Anfang dachten wir, es habe etwas damit zu tun, dass er nun doch lieber in der Gruppe weitergekämpft hätte, es aber zu spät einsah und so keinen weiteren Gefallen mehr an den Spielen fand.

Doch nach und nach fielen immer mehr Spieler aus, zwar nicht aus unserer Gruppe, aber dafür aus den Gegnergruppen. Eine Krankheit war gerade nicht im Umzug, daran konnte es also nicht liegen, dass sich so viele Krieger im Moment nicht mehr blicken liessen. Auch konnten sie nicht tot sein, denn sie kamen regelmässig zu den Mahlzeiten zu Tische und sahen dabei sehr lebendig, wenn auch nicht gerade amüsiert, aus. Und meist kamen die plötzlich verschwundenen Krieger so nach zehn Tagen auch wieder zum täglichen Training.

Ich versuchte also herauszufinden, woran es lag, dass so viele Krieger zeitweise nicht mehr zum Training antraten. Doch es stellte sich als schwieriger als gedacht heraus und so konnte ich herumfragen und schnüffeln wie ich wollte, die Wahrheit schien sich mir nicht zu öffnen. Denn die Betroffenen waren entweder ausgereist oder hielten sich nur in ihren Gemächern auf, wobei ich sie natürlich nicht stören wollte.

Und Péristeris zu fragen schien mir auch keine Lösung, da ich sonst nur als neugierig und frech bezeichnet werden würde. Eigentlich ging es mich ja auch nichts an, aber ich fand es einfach sehr seltsam, dass wir manchmal nur noch an die achtzig Krieger auf dem Hofe waren. Wenn einer der Fehlenden dann plötzlich zurück zum Training erschien, war es immer ein schlecht gelaunter und mit Augenringen gekennzeichneter junger Mann. Auch diese Tatsache liess mich stutzen.

Nach etwa fünfzig Sonnenaufgängen kamen dann wieder fast alle zum täglichen Training, und so verschwand auch das Geheimnis um das Fehlen langsam aber sicher. Nur noch wenige Krieger blieben dem Training fern, und einer, dessen Namen ich nicht mehr weiss, verliess sogar die Schule, nachdem er wohl gemerkt haben musste, dass er sich nicht mehr aufs Kämpfen konzentrieren konnte. Er war etwas älter als ich und sehr gross und stark.

Die letzte KriegerinWhere stories live. Discover now