IX.

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Freiheit ist die Welt zu spüren.
Zu hören und fühlen
und riechen und schmecken.
Mach die Gedanken aus und sei am Leben.

"Wir sind da. Du kannst aufatmen. Noch lebst du noch", stichelte er, als er den Wagen auf einen leeren Parkplatz lenkte und ich schaute mich um.

Nur eine Lampe an einer kleinen Holzhütte spendete uns Licht, als der Lichtkegel der Scheinwerfer verschwand und wir zum stehen kamen.

"Bereit die Sterne zu sehen?", seine Augen schimmerten in der Dunkelheit.

Kann ich dir trauen?, war das Einzige, was ich dachte, weil seine Frage so viel mehr Gewicht hatte, als ich tragen konnte. Du musst verrückt sein, wenn du das hier durchziehen willst, sagte ich mir. Und dazu ein bisschen wild und frei, fügte ich hinzu. Aber hey, verlieren kannst du nichts!

"So bereit, wie schon lange nicht mehr, Captain!", gab ich kraftvoll von mir und hielt meine Hand an die Stirn, als wäre ich ein Soldat, der in die nächste Schlacht zieht.

Wir sahen uns an. Er grinste. Ich grinste. Wir waren uns einig. Damit war alles gesagt. Der Sterne Willen.

Wortlos drückten wir unsere Türen auf, stiegen aus, er lief um sein Auto, ich blieb stehen und wartete. Doch er lief einfach an mir vorbei, schweigend, als würden wir das Ganze nicht zum ersten Mal machen.

"Hey! Bleib stehen! Wohin gehst du?", rief ich ihm hinterher, wie ein herrenloser Welpe, weil das ganze Spektakel doch eine ziemliche Premiere für mich war.

Aber ich war nun mal Lizz. Wir hatten eine gemeinsame Mission. Wir zogen in die Schlacht, um die Sterne zu sehen. Ich brauchte sein Kommando. Stattdessen pfiff er fröhlich vor sich hin.

Als er schon fast von der Dunkelheit umschlungen wurde, reichte es mir und ich rannte ihm hinterher, bis ich ihn nach einigen Metern erreichte. Ich keuchte jetzt schon.

"Fürchtest du dich?", er sah geradeaus, lief geradeaus weiter, aber ich bemerkte das Zucken um seine Mundwinkel.

"Nein! Wieso sollte ich?"

Wie waren an einem kleinen Trampelpfad angelangt. Zu beiden Seiten lag ein Wald vor uns. Dunkel. Unheimlich. Ziemlich angsteinflößend. Meine Augen gewöhnten sich kaum an die Finsternis, von Sternen keine Spur weit und breit.

"Okay. Vielleicht ist mir doch ein bisschen mulmig."

Jetzt sah er mich an.

"Mulmig im Sinne von: Ich mach keinen Schritt mehr, wenn du mir nicht sofort sagst, wohin wir gehen!"

Er seufzte theatralisch:"Schieß schon los. Löcher mich mit Fragen, du Spielverderberin."

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen.

"Also", holte ich Luft. "Wohin gehen wir? Was hast du vor? Wie lange dauert es noch?", quengelte ich wie ein kleines Kind und ratterte alle W-Fragen hinunter, die mir einfielen.

"Wir gehen zu einer Aussichtsplattform. Ich komme hier öfter her, also nein, du kannst deinen Kontrollzwang beruhigen", antwortete er mit einem Seitenblick,"ich kenne den Weg in und auswendig. Ach und was die Zeit betrifft. Du kannst dich schon auf circa eine Stunde Fußmarsch einstellen."

Mir klappte der Mund auf. Sollte das ein Witz sein? Ich beobachtete ihn. Nein. Nein! Ich würde definitiv keine Stunde in einem gottverlassenen Wald umherirren. Ich schüttelte den Kopf. Noch dazu mit einem fremden Jungen.

"Jetzt zieh nicht so ein Gesicht. Wir sind in fünf Minuten da, Lizz."

Er lachte und sein dunkles, lockiges Haar wirbelte umher, als er seine Kappe verkehrt herum aufsetzte und weiterlief, ohne auf meine Antwort zu warten.

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