Kapitel 8

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Regina lag stumm auf dem Rücken und starrte an die Decke. Um ihre lästigen Gedanken und Gewissensbissen fernzuhalten, hatte sie vor ein paar Minuten begonnen, die Maserung des Holzes mit den Augen zu verfolgen und die einzelnen Bretter zu zählen, aus denen die Decke bestand. Neben sich hörte sie das leise, gleichmäßige atmen von Newt.

Ihre Finger zogen unwillkürlich die leichte Wolldecke höher, sodass ihr nackter Körper jetzt bis zum Hals bedeckt war. Das raue Material kratzte unangenehm an ihrer Haut. Ein paar Atemzüge hielt Regina still und wiederstand dem Drang die Decke von sich zu werfen. In diesem Moment vermisste sie das samtig weiche Material, aus dem die Überzüge von ihrer Daunendecke in ihren Gemächern gemacht war. Aber das hier war nun mal nicht ihr Palast, sondern das kleine Zimmer eines Stallburschen neben dem Heuboden. Immerhin gab es hier keine Ratten.

Neben sich hörte Regina das leise Rascheln der Bettwäsche und spürte, wie Newt sich auf die Seite rollte, sodass er noch dichter neben ihr lag. Die dunkelhaarige Frau spannte sich daraufhin an und rutschte noch weiter an den Rand des ohnehin schon schmalen Bettes. Sie war gezwungen, sich auf die Seite zu rollen, um mehr Distanz zwischen ihrem und seinem Körper zu schaffen.

Stumm beobachtete sie die schlafende Gestalt, von der eine sanfte Ruhe ausging. Die Decke war heruntergerutscht, sodass Regina die glatte Haut seines schlanken Oberkörpers sehen konnte. Seine braunen Haare, waren verstrubbelt und die Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Seine Wangen waren mit unzähligen Sommersprossen bedeckt und Regina fiel wieder einmal auf, wie jung er aussah. Wobei er vermutlich auch etwa fünf Jahre jünger war, als sie.

Die Gewissensbisse, die sie so eifrig versucht hatte zu verdrängen, fraßen sich wieder in ihr Gehirn. ‚Schön, wie du es immer schaffst, anderer Leute leben zu ruinieren. Der Kleine mag dich. Und du hast ihn ausgenutzt. Hast eine Ablenkung gebraucht', zischte ihre innere Stimme gnadenlos. Regina entfuhr ein leises Seufzen. Ihr Gewissen hatte Recht, sie empfand nichts für Newt. Er war nett, lieb und schaffte es, ihr Vertrauen zu gewinnen, aber er war nicht Robin. Er war nicht so mutig, nicht so gewissenhaft und nicht so direkt und widerstandsfähig wie der ehemals Geächtete. Sie konnte ihn nicht lieben. Ihr Herz gehörte für immer dem Mann mit der Löwentätowierung, ihrem Seelenverwandten.

In diesem Moment fasste Regina einen Entschluss. Anmutig erhob sie sich und achtete dabei genau darauf, dass das Holzbett keine Geräusche verursachte. Die Decke rutschte von ihrem Körper und die Königin beugte sich herunter, um ihre Kleidung vom Boden aufzulesen. Behände schlüpfte sie hinein und begann ihre Schuhe zuzuschnüren. Sie warf einen letzten Blick auf den Mann, der nichtsahnend in seinem Bett lag und schlief. ‚Es ist besser so', redete Regina sich ein, ‚so ersparst du euch beiden eine Menge Schmerz'.

Sie wandte sich ab und lief über den Holzboden. Die Tür, die das Zimmer von dem Heuboden trennte, hatten die beiden gestern nicht geschlossen, was Regina jetzt wie ein Segen erschien, da die Tür seit Monaten nicht geölt worden war und die Angeln dementsprechend unfassbar laut quietschten. Das Stroh und Heu, welches den Boden bedeckte, dämpfte die Laute ihrer Absätze. Von dem Boden führte eine Holzleiter herunter in den Stall.

Die Sprossen gaben unter ihrem Gewicht nach und knarrten gefährlich. Regina hoffte inständig, dass Newt durch die Geräusche nicht geweckt wurde. Hastig stieg sie die Leiter herunter und eilte die Stallgasse entlang. Sie schob den Riegel beiseite und verließ den Stalltrakt durch das Haupttor.

Draußen empfing Regina die Kälte der Nacht. Newts Zimmer hatte keinerlei Fenster, sodass Regina nicht wusste, wie spät es war. Innerlich dankte sie Gott dafür, dass es noch nicht Morgen war. Sie konnte auf Gerüchte darüber, wo sie gewesen war, gerne verzichten. Hastig lief sie über den Hof, der Schotter knirschte und spritzte unter ihren Schuhen in alle Richtungen. Durch eine Hintertür betrat Regina das Schloss.

Mission Happy End - Outlawqueen FanfiktionWhere stories live. Discover now