Kapitel 29

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Hätte ich bloß nicht eingewilligt.

Aber Lady Sorcha hatte mich mit Tee und Gebäck gelockt, welche ich nicht ausschlagen wollte.

Die Behandlung und Versorgung der Verletzten der Prügelei hatte bis in den Nachmittag hinein gedauert, weswegen das Mittagessen an uns vorübergegangen war.

Ich hatte mich auf einen warmen Tee, süßes Gebäck und ein prasselndes Feuer gefreut, an dem ich meine beanspruchten Glieder wärmen und angenehme Konversation mit Lady Sorcha treiben konnte.

Stattdessen waren wir in einer dunklen Wolke aus Anspannung, unterdrückter Wut und störrischem Trotz gefangen, denn Lairdess Mackinnon, Lairdess Donald und Lady Fiona hatten sich ebenfalls in den Damensalon zurückgezogen.

Die Herrin der Burg sah genauso blass und erschöpft aus wie bei meiner Ankunft und rührte ihre Mehlspeise gar nicht an, sondern klammerte sich mit verkrampften Fingern an ihren Tee.

Ihre Versuche eine Unterhaltung in Gang zu bringen, scheiterten kläglich an Lairdess Donalds eisiger Miene und wütenden Ausstrahlung sowie an Fionas trotziger Art das Schweigen ihrer Mutter zu imitieren.

Da Lairdess Donald mich allerdings nach meinem Wohlergehen fragte, war ich obendrein noch Zielscheibe der bösen Blicke ihrer Tochter geworden.

Danach saßen wir alle Schweigend im Salon und ich wartete sehnsüchtig darauf, bis eine angemessene Zeit verstrichen war, um mich dann entschuldigen zu können, damit ich nach den verbliebenen Verletzten sehen und mich zum Abendessen frisch machen konnte.

Zudem ließ die Sorge um Kieran nicht von mir ab. Dass er sich nicht unter den Verletzten befunden hatte, besänftigte mich etwas. Doch ich wusste, erst wenn ich mich bei unserem nächsten Zusammentreffen mit eigenen Augen von seiner Unversehrtheit überzeugen konnte, würde ich beruhigt sein.

Lady Sorcha hielt es auch nur schwer auf der gepolsterten Bank neben mir aus, bis sie seufzend aufstand, um hier einen Vorhang zu richten, dort eine Decke glatt zu streichen und schließlich mit unvollendeten Stickarbeiten zurückkehrte und diese unter uns Damen verteilte. Da sie von Lady Fiona allerdings bewusst ignoriert wurde, legte sie das Tuch mit dem Rahmen auf das kleine Tischchen neben ihr.

Nach dieser Situation durchbrach Lairdess Donald die Stille und sagte in strenger Stimme zu ihrer Tochter: "Fiona, wir müssen uns dringend unter vier Augen unterhalten."

"Um was genau zu tun, Mutter? Damit du mich für mein Betragen ausschimpfen kannst? Mich für mein Handeln verurteilst?", erwiderte die Angesprochene trotzig.

"Fiona Bridget Donald, nicht in diesem Ton! Hier geht es nicht um einen kleinen Fauxpas, den du versehentlich begangen hast. Nein, was ich mit dir besprechen möchte ist von weit aus ernsterer Natur und hat nicht nur weitreichende Konsequenzen für dich, sondern für zwei Clans", antwortete Lairdess Donald scharf.

"Es heißt jetzt Fiona Bridget Mackinnon! Und ich weiß genau, was du sagen wirst Mutter. Dass ich mich schändlich verhalten habe und die Ehre des Donald Clan besudelt habe. Aber ich konnte nicht anders! Ich habe dir und Vater unzählige Male versucht zu sagen, dass ich nicht den Bund der Ehe mit einem mir völlig fremden Mann schließen möchte. Doch ihr habt beschlossen meine Bedenken und mein Flehen nicht zu beachten. Was hätte ich denn tun sollen?", fragte Fiona verzweifelt.

Unbehaglich lehnte ich mich auf der gepolsterten Bank zurück und wünschte mir inständig, dass ich mit der Sitzgelegenheit verschmelzen möge, oder sich ein Loch im Boden auftue. Denn auch wenn ich Lady Fionas Bedenken und Ängste vollkommen nachvollziehen konnte, wollte ich nicht bei diesem privaten Gespräch mit ihrer Mutter zugegen sein.

Auch Lady Sorcha bewegte sich unruhig neben mir auf dem Sofa.

Ganz die erfahrene und besonnene Gastgeberin gebend, bot Lairdess Mackinnon Mutter und Tochter an: "Lairdess Donald und Lady Fiona, wenn Ihr wünscht, nur ein paar Räume weiter ist ein Gästezimmer, in welchem Ihre Euer Gespräch fortsetzten könnt."

"Danke Lairdess Mackinnon, doch das wird nicht nötig sein. Ich kann nur wiederholen, was ich schon vor der Abreise aus meinem ehemaligen Zuhause meiner Mutter und meinem Vater zu vermitteln versucht habe. Mutter, du hast mir versichert, dass Laird Rowan Chattan ein ehrenwerter Mann ist. Doch die wenigen Male, die ich ihm über die Jahre begegnet bin, habe ich mich alles andere als sicher in seiner Gegenwart gefühlt. Er ist so groß und sieht so wild aus. Dort oben im Norden leben doch nur Barbaren. Wie konntet ihr beide eure einzige Tochter nur so einem Mann versprechen?", beklagte sich Lady Fiona bitter.

Lairdess Donald, die trotz ihrer Rage versuchte auf ihre Tochter einzugehen, erwiderte: "Und wir haben dir mehrfach erklärt, dass ihr schon seit eurer Geburt einander versprochen wart, da dein Vater und der ehemalige Laird Chattan trotz der räumlichen Distanz gute Freunde waren. Und die wenigen Male, die du in Gegenwart von Rowan verbracht hast, hat er sich mehr als untadelig und zuvorkommend verhalten. Wir haben die Einzelheiten dieses Abkommens ausführlich mit dir besprochen und dir dessen Wichtigkeit für den Clan aufgezeigt. Also verschone mich mit deinen Ausreden und zweifelhaften Begründungen für dein unverantwortliches Handeln!"

"Ich habe dir im Vertrauen meine Bedenken mitgeteilt in der Hoffnung, dass du sie verstehen würdest, Mutter. Schließlich weiß ich, dass du und Vater am Anfange eurer Ehe alles andere als glücklich wart. Aber ihr habt weiterhin auf meine Heirat gedrängt und so musste ich die Sache selbst in die Hand nehmen", fauchte Lady Fiona mit Tränen in den Augen.

Das fehlende Entgegenkommen ihrer Eltern, hatte die junge Frau offensichtlich tief getroffen. Ich verstand den Unmut, sich bestimmten Tatsachen beugen zu müssen und keinen Ausweg zu sehen. Doch ob diese die Konsequenzen aufwogen, stand auf einem anderen Blatt geschrieben.

"Ja junge Dame, du hast die Sache selbst in die Hand genommen. Doch du hast damit nicht nur dein eigenes Leben unwiederbringlich verändert, denn wir alle tragen die Rechnung für deine Taten", gab Lairdess Donald niedergeschlagen von sich.

Alles Feuer schien aus der benachbarten Lairdess gewichen zu sein. Wie bei Lairdess Mackinnon blieben Erschöpfung, Anspannung und die Angst vor dem Ungewissen zurück.

Diese letzte Aussage ließ die Tränen bei Lady Fiona nun doch überlaufen. Schluchzend vergrub sie ihr Gesicht in den Händen und begann bitterlich zu weinen.

Mit einem Seufzen, das aus der tiefe ihrer Seele zu kommen schien, erhob sich die Lairdess und verließ mit ihrer Tochter im Arm den Raum, nachdem sie von der Burgherrin die genaue Lage des Gästezimmers erfahren hatte, das ihr zuvor angeboten wurde.

Als wir schließlich nur noch zu dritt in einem Raum waren, wich auch meine Anspannung einer tiefen emotionalen Erschöpfung.

Auch Lady Sorcha sackte etwas in sich zusammen und Lairdess Mackinnon brachte mit zittrigen Händen ihre Tasse Tee in Sicherheit, als diese drohte ihren Händen zu entgleiten.

Niedergeschlagen strich sich die ältere Frau eine Haarsträhne aus der Stirn und versuchte den anbahnenden Tränen Herr zu werden.

"Sorcha, bitte spiel mir etwas auf der Fiedel vor. Du weißt wie gerne ich dich spielen höre und ich muss auf andere Gedanken kommen", bat Lairdess Mackinnon mit leiser Stimme.

"Sehr gerne, Mutter!", erwiderte diese und beeilte sich aus einem Schrank an der Wand eine Fiedel zu holen und diese etwas nachzustimmen.

Lady Sorcha begann erst ganz sanft mit einer Melodie, die uns von der jetzigen Situation in einen reißenden Strom aus immer schneller werdenden Tonfolgen sog. Das Stück ließ mich an Tage des goldenen Herbstes denken mit zartem Sonnenschein und nebelverhangene Abende. An Familie und Zusammenhalt und wegweisende Entscheidungen, die in grauen Nächten getroffen wurden.

Und mich bangen und hoffen ließ für unsere Zukunft. 

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Hallo ihr Lieben,

ich hoffe ihr habt die freien Tage und das schöne Wetter genießen können.

Alles Gute euch und bis zum nächsten Mal!

Eure

love_to_read2014

Allana - Das VersprechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt