01 Auf Urlaubsreise

64 6 10
                                    

Du fehlst mir.

Babe... wir haben darüber gesprochen. Ich kann mir keinen Urlaub leisten. Und im Wagen hat es nur acht Plätze.

Ich hätte dir den Urlaub bezahlt. Wir hätten die Limousine nehmen können, oder einen Car mieten.

Du bist wirklich süss, wenn du so anhänglich bist. Geniess den Urlaub, Yuna-chan.

Ohne dich wird es total beschissen, Wata-kun.

Ich muss jetzt weiter. Neuer Auftrag. Ich liebe dich, Süsse :-*

Ich dich auch. Ich schreib dir später.


Seufzend wandte Yuna den Blick ihres blauen und ihres roten Auges ab, und schaltete das Display ihres Handys aus. Sie verstaute das Gerät in der Tasche ihrer kurzen Hose und fuhr sich mit der linken Hand durch ihre blauen Stirnfransen. Ihren Kopf drehte sie nach links, damit sie einen Blick auf ihre Schwester Yui werfen konnte.

Diese blätterte in einem ledergebundenen Buch weiter.

»Was liest du denn da für einen Wälzer?«, erkundigte sich die ältere Schwester.

Yuis violette Augen blickten hinüber, wobei sie sich auf das rote, linke Auge ihrer Schwester fokussierte. »Es handelt von Yōkai. Kanade-san hat es mir für die Reise empfohlen.«

Kritisch krauste sich die Stirn des blauhaarigen Mädchens. Yōkai, aber vor allem Oni, hatten ihr bei dieser Urlaubsreise gerade noch gefehlt. Sie betrachtete die Woche am Meer als Gelegenheit, um endlich einmal von diesen Monstern wegzukommen. Natürlich waren nicht alle Oni Monster, aber sie schien die Bösartigen auf magische Weise anzuziehen.

»Soll ich das als Beleidigung auffassen?«

Ein weiterer Seufzer entfuhr dem älteren Masuda-Mädchen, als sie die Stimme ihres eigenen Oni in ihrem Kopf vernahm. Nein. Fühl dich nicht ständig angemacht.

»Bei dir weiss man nie, Mädchen. Du hast so ein Schwarz/Weiss-Denken, da muss man auf der Hut sein.«

Sie verdrehte ihre verschiedenfarbigen Augen nach oben. Können wir uns darauf einigen, dass du mich einfach für eine Woche zufrieden lässt?

»Solange du auf deiner Seite der Grenze bleibst, bleibe ich auf meiner.«

Yuna schmunzelte. Ich nehm dich beim Wort.

»Habe ich richtig gehört? Mutter hat Ihnen ein Buch empfohlen, Masuda-sama?«, hakte der Fahrer nach. Es handelte sich dabei um Tomoya Kanade, den ehemaligen Butler von Yoshiro Takagi und Verwalter des Takagi-Anwesens, welches die Masuda-Mädchen von ihrem Onkel Yoshiro Takagi geerbt hatten.

»Ja. Ich bat sie um etwas über die Region.«

Die rothaarige, junge Frau, welche eine Reihe vor Yuna sass, drehte sich nach hinten. »Und da gibt sie dir ein Buch über Yōkai? Scheint mir nicht sonderlich passend zu sein«, warf Ayumi ein, die neben Rei, der Tochter von Tomoya, sass.

Das blonde Mädchen widmete sich ihrer Mitbewohnerin. »Es hat auch regionale Beschreibungen drin. Zum Beispiel ist das Dorf, welches am nächsten bei der Sommer-Residenz liegt, für seine fischreichen Gewässer berühmt. Legenden zufolge pflegen die Dorfbewohner ein sehr gutes Verhältnis zu den lokalen Yōkai, so dass diese ihnen beim Fischen behilflich sind.«


Yuna dachte an die Sommer-Residenz, die Yui gerade erwähnt hatte. Sie war in der Erbmasse enthalten, welche ihr Onkel ihnen hinterlassen hatte. Diese Reise diente nicht nur als Urlaub, sondern auch dazu, diesen Teil des Nachlasses zu begutachten. Mit ihrem Vormund, Midori Omura, welche neben Tomoya auf dem Beifahrersitz sass, waren sie durchgegangen, ob man Teile des Nachlasses veräussern sollte, und nun mussten sie sich erst einmal ansehen, was sie denn da in ihrem Besitz hatten.

Ein japanisches SommermärchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt