15 Der Beginn einer Odyssee

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»Sake fliessen, wie Meer.« Mehrstimmiger Gesang drängte sich in Yunas Bewusstsein und liess sie langsam erwachen. Ihr Schädel brummte. Stöhnend wälzte sie sich herum und öffnete ihre Augen, doch sie konnte nur verschwommene Umrisse sehen. »Mensch wach!« Der Gesang brach ab und wurde von polterndem Stampfen und unregelmässigen Atemzügen ersetzt.

»Hallo?«, fragte die Jägerin, während sie sich aufsetzte. »Wer ist da?« Sie wischte sich durch das Gesicht, wodurch sie eine Schicht Sand auf ihrer Haut bemerkte. »Scheisse.« Unbeholfen klopfte sie sich den Sand ab, ehe sie den Geschmack in ihrem Mund bemerkte. Sie begann zu spucken und rieb sich die Augen, damit sie ein kleines bisschen sehen konnte.

»Uh.«

Noch war ihre Sicht getrübt, da auch ihre Augen mit Sand verklebt waren, doch sie hörte das Rauschen des Meeres und kroch darauf zu. Sobald sie ihre Hände in das Wasser tauchen konnte, spritzte sie sich eine handvoll ins Gesicht. »Argh, das brennt vielleicht.« Trotzdem wiederholte sie den Vorgang einige Male. Ihren Mund spülte sie ebenfalls kurz aus, um sich danach aufzurichten. Vor ihr lag das Meer, also drehte sie sich im Halbkreis, in der Hoffnung sich irgend woran orientieren zu können.

Dieser Scheiss Oni.

»Wen meinst du genau?«

Stimmt. Ihr Scheiss Oni!

»Du hast uns beinahe umgebracht!«

Ich hatte alles im Griff, bis du dich eingemischt hast!

»Du wolltest... du hast dich kopfüber in eine riesige Flutwelle gestürzt! Du bist doch völlig gestört!«

Sie beschloss ihren Seelenpartner zu ignorieren und blickte an sich herab. Seetang und seltsame rote Fäden klebten an ihrem Körper. Die Jägerin zupfte sich das Zeug von der Kleidung und warf es zu Boden. Unweit vor ihr ragte etwas Tönernes aus dem Sand auf.

Ich bin so durstig.

Rasch ging sie hinüber und hob das Gefäss hoch. Zu ihrem Glück war es verkorkt, also befand sich möglicherweise Trinkwasser darin. Mit einem Zug riss sie den Korken heraus und setzte die Flasche an ihre Lippen an. Yuna nahm einen grossen Schluck, doch das Zeug brannte in ihrer Kehle und schmeckte überhaupt nicht wie Wasser. Sie spie die ganze Flüssigkeit wieder aus und hustete, wobei die Flasche im Sand landete. »Was zur Hölle ist das für ein Zeug?« Mehrere Male wischte sie ihre Zunge am Saum ihres Shirts ab. »Das ist ja ekelhaft.«

»Mensch trinken Sake.«

Sie sah auf und blinzelte ein paar Mal, während sie den Strand auf und ab spähte. Ausser Sand und etwas Treibholz lagen nur einige Steine und Muscheln verstreut herum. »Wer ist da? Hallo!« Yuna ging ein paar Schritte, ehe ihr Fussspuren im Sand auffielen. Sie hatten zwar Ähnlichkeit mit menschlichen Abdrücken, wirkten aber verzogen. »Ich könnte Hilfe gebrauchen.« Nochmals suchte sie den Strand ab und bemerkte hinter einem Hügel drei Augenpaare, die unter roten Haaren hervorlugten. Langsam hob sie ihre Hand. »Hallo.«

Alle drei Augenpaare verschwanden hinter der Sanddüne. »Mensch sehen.« - »Rennen?« - »Rennen.« - »Aber Sake.« - »Ja. Sake?« - »Mensch Sake!« - »Sake uns!« Den Kopf schief-legend hörte die Jägerin geduldig der Diskussion zu. Erneut erschienen die roten Schöpfe und die dazu gehörigen Augenpaare und musterten sie. Yuna bemühte sich darum nicht zu genervt drein zu blicken. »Sake.« - »Bei Mensch.«

Sie sah zum Gefäss zu ihren Füssen. »Wollt ihr die wiederhaben? Ich will sie nicht.«

Die Haare wirbelten herum, als würden sich die Wesen hinter der Düne beraten. Dann spähten sie wieder herüber. »Ja. Sake wollen.«

Ein japanisches SommermärchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt