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„Er hatte echt Eier, das muss ich ihm lassen!", murmelte Sergej neben mir, fast schon beeindruckt von der kriminellen Energie, die mein ehemaliger und jetzt sehr toter Bodyguard an den Start gelegt hatte

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„Er hatte echt Eier, das muss ich ihm lassen!", murmelte Sergej neben mir, fast schon beeindruckt von der kriminellen Energie, die mein ehemaliger und jetzt sehr toter Bodyguard an den Start gelegt hatte. Ich hob nur eine Augenbraue und bemühte mich, nicht eine ähnliche Aussage zu treffen. Seit gut einer Stunde sichteten meine rechte Hand und ich Unterlagen, die Diego aus Saschas Zimmer vorbeigebracht hatte. Anscheinend war die Ratte extreme langfingerig gewesen und hatte nicht nur Informationen über die nächste Waffenlieferung abgegriffen, sondern sich auch ein ausgesprochenen stattliches Konto auf den Kaiman Islands angelegt, welches unmöglich ausschließlich mit seinem Gehalt dermaßen angefüllt worden sein. Diego stand knurrend wie ein wütender Berggorilla hinter uns und überlegte gerade laut, ob er nicht rasch die Kunst der Nekromantie erlernen konnte, um den treulosen Wichser wiederzubeleben und ihn dann erneut sehr kreativ unter die Erde zu befördern. Und das in einem permanenten Kreislauf... anscheinend fühlte sich mein Mann fürs Grobe persönlich beleidigt, weil Sascha noch verräterischer gewesen war, als zunächst gedacht und der Tod zu schnell und gnädig gekommen war.

Vor sich hin grummelnd marschierte Diego zu meinem Bücherregal und begann zu stöbern. Sergej deutete mit dem Daumen über die Schulter auf meinen Vollstrecker und sah mich fragend an. Ich hatte keinen Schimmer, was Sache war und beobachtete genauso neugierig dessen Erkundungstour. Es war nun echt nicht so, dass Diego dumm war... er hatte nur in der Regel stets etwas Wichtigeres zu tun - seine Aussage, nicht meine - als dass er als Bücherwurm sein Dasein fristen konnte. Unter Umständen könnte diese Aussage aber auch mit seiner einst bevorzugten Lektüre und dem Spott von den Männern meines Vaters zu tun haben. Die Volldeppen hatten ihn einmal in seiner Freizeit überrascht, als er vom Winde verweht gelesen hatte. Nun, ja... die nächste Edelnutte, die sie ihm zum Geburtstag gemietet hatten, war in ein Kleid mit einem gigantischen Reifrock, Korsett, Handschuhe und Sonnenhut gekleidet und hatte ihn den ganzen Abend mit Rhett Butler angesprochen. Danach war verständlicherweise mit Lesen bei ihm erstmal nichts mehr. Zumindest bis jetzt anscheinend... Mit einem triumphierenden Grunzen zog er ein etwa fingerbreites Handbuch hervor und begann diabolisch zu grinsen. „Zeit, mich fortzubilden... meldet euch, wenn was ist!", knurrte er und pflanzte sich in den ledernen Ohrensessel am Fenster. Serge und ich sahen uns kurz an, dann trabte mein Freund zu Diego hinüber, der sich inzwischen eine Lesebrille mit schmalem Goldrand aufgesetzt und in die Lektüre vertieft hatte. „Die einhundert grausamsten Foltermethoden des Mittelalters", las meine rechte Hand vor und pfiff anerkennend durch die Zähne. Na, das nannte ich doch mal eine Fortbildung, die sich hervorragend mit unserem Leben vereinbaren ließ! Zufrieden nickend wandten Sergej und ich uns wieder den Daten zu, welche aus dem Zimmer der Ratte gesichert worden waren. Das nächste, was unsere traute Dreisamkeit störte, war das charakteristische Klacken von Frauenschuhen, welche über den Marmorboden auf mein Büro zu hielten. „MAXIIIM?" Fuuuuuuck! Wieso? Sergej schlug mit der Stirn wiederholt gegen die Teakholzplatte meines Arbeitstisches und Diego fühlte sich animiert prompt laut vorzulesen: „In Fällen von blasphemischen Äußerungen, oder gar Beleidigungen gegen die Oberschicht wurden den Verurteilten die Zungen herausgerissen und diese im Beisein der Verfehlten an die Hunde verfüttert!" „Bring mich nicht auf Ideen!", schnaubte Serge und flirtete intensiv mit dem goldenen Brieföffner zu seiner Linken. Die Tür wurde aufgerissen und meine wundervolle Verlobte schwebte im Stechschritt ins Büro. „Sarina? Ich dachte eigentlich, dass ich mich vorhin klar ausgedrückt hatte", sagte ich, lehnte mich in meinem Sessel zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. Die blonde Barbiepuppe musterte mich und antwortete dann doch echt mit einem abfälligen Ton: „Soll ich dir eine fette Perserkatze besorgen? Wenn du schon einen auf Paten machst, dann versuch es doch wenigstens authentisch hinzukriegen!" „In schweren Fällen wurde den Delinquenten zusätzlich im Nachhinein der Mund zugenäht..." Verwirrt sah Sarina zu Diego, der sich immer mehr für seine Lektüre begeisterte. „Gehts ihm gut?" fragte das blonde Gift und Sergej grinste breit. „Oh, er sammelt nur Inspiration für den nächsten Verräter... oder Nervensäge." Und zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit musste ich zugeben, dass jemand unerwartet Eier zeigte, denn das Weib sah meinen Vize nur mitleidig an und gab ihm nicht einmal die Genugtuung, ein wenig Verunsicherung in ihrer Haltung zu zeigen. Ich schnipste mit den Fingern, um die Aufmerksamkeit wieder auf ihre Anwesenheit hier zu lenken. „Warum bist du hier?" Sarina presste kurz die Lippen fest zusammen, dann sagte sie: „Meine Mutter meinte, dass ich es dir sagen soll. Ich bin zwar der Meinung, dass ich das alleine klären kann, aber gut. Anscheinend habe ich deinen Ring verloren. Oder er wurde geklaut, keinen Schimmer. Jedenfalls ist er nicht mehr da." Ich richtete mich auf. „Möchtest du das vielleicht noch einmal wiederholen? Nur für den Fall, dass ich dich nicht richtig verstanden habe. Du hast dieses unbezahlbare Familienerbstück verloren oder es wurde dir gestohlen. Vermutlich, weil du einfach nicht darauf aufgepasst hast und du denkst, das war's? Dass es eine Kleinigkeit für mich ist? Dass es mich nicht kümmern würde, nur weil ich nicht gerade scharf darauf bin, mit dir vor den Traualtar zu treten? Um es einmal ganz deutlich zu sagen, Sarina. Unsere Ehe ist mir scheißegal. Dieser Ring jedoch nicht. Ich werde ihn wieder finden und du, meine werte Verlobte, wirst dich danach mit einem schlichten Plastikring begnügen müssen. Und das ist mir vollkommen wumpe, ob das in irgendeiner Weise demütig für dich ist. Haben wir uns da verstanden?" Das Weib besaß doch tatsächlich die Frechheit, ihre Augen zu verdrehen! Ich kochte vor Wut und stand mit so einem Ruck auf, dass mein Stuhl in die Scheibe der Vitrine mit antiken Messern hinter mir befördert wurde. „Hmmm, der hier ist gut! Wurde die Verurteilte dabei erwischt, respektlos und verachtend auf das ausführende Organ zu blicken, wurden die Augäpfel mit einem löffelartigem Gerät aus dem Schädel entfernt...!" Sarina wurde blass und beeilte sich aus dem Büro zu stöckeln. Sergej hielt gerade so lange durch, bis die eiligen Schritte des Biestes verklungen waren, dann brach er wiehernd wie ein angeschossener Ackergaul über meinem Schreibtisch zusammen. Diego klappte das Büchlein lautstark zusammen und packte die Lesebrille weg. Dann erhob er sich, schob seinen neuen Ratgeber in die hintere Hosentasche und verschränkte die Arme vor der Brust. „Also, zunächst: ich werde mir diverse Löffel aus deiner Küche mopsen, brauche neues Werkzeug. Und dann... Warum stehen wir hier herum? Wir haben einen Ring zu finden! Und dann werde ich meine neuen Löffel an dem Dieb ausprobieren. Win, win für alle! Du kriegst dein Familienerbstück wieder und ich einen mehr oder weniger Freiwilligen zum Üben! Auf geht's!" Und schon marschierte mein Vollstrecker zur Tür hinaus und murmelte dabei: „Ob die aus Silber sich besser in der Augenhöhle drehen lassen?" Sergej zuckte mit den Achseln und wischte sich die Lach Tränen von den Wangen. „Pakhan... Ich hoffe, du planst in Zukunft keine Suppen mehr zu essen! Oder wir müssen Diego ein eigenes Set kaufen!
'Guter Einwand', dachte ich, während ich mein Jackett anzog und die Glock ins Holster schob. Es war Zeit für eine Jagd!

Es begann mit einem RingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt