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„Das ist wirklich eine ganz, ganz blöde Idee!", murmelte ich nervös, als ich vor der Tür des kleinen Ladens am Ende einer schmuddeligen Gasse stand

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„Das ist wirklich eine ganz, ganz blöde Idee!", murmelte ich nervös, als ich vor der Tür des kleinen Ladens am Ende einer schmuddeligen Gasse stand. Eddys Secondhand und Pfandleihe stand dort auf dem Schild, welches schief in der Verankerung hing. Dies war die Art von Geschäft, welches nicht nach einem Nachweis des angebotenen Produktes fragte. Jedes seriöse Pfandhaus hätte einen Besitznachweis für den Ring verlangt - den ich logischerweise nicht erbringen konnte. Ergo sah ich mich nun Auge in Auge mit einer dicken Ratte, die gerade im Mülleimer neben dem Geschäft einen nachmittäglichen Snack genoss. Die Lederschatulle brannte mir derweil ein Loch in die Tasche. Immer wieder musste ich mir sagen, dass mit dem Verkauf dieses Ringes ich meinem Kind Medizin besorgen, was zu essen auf den Tisch bringen, das Dach über unserem Kopf bezahlen konnte und trotzdem wusste ich, dass es einfach nur falsch war. Meine versoffene Alkoholikermutter hätte nicht eine Sekunde gezögert, um diesen wundervollen Ring zu Geld zu machen. Natürlich hätte sie den Zaster nicht dazu verwendet, mir Medizin oder Essen zu kaufen. Nein, ihre eigenen Bedürfnisse waren da sehr viel wichtiger gewesen... Und obwohl ich kein positives Vorbild in meinem Leben gehabt hatte, war ich anscheinend doch ganz gut geraten, denn noch immer zögerte ich. Na, ganz toll... Ausgerechnet dann, wenn ich es nicht brauchte, meldete sich mein Gewissen! Wieder dachte ich an Kiara. Und an Kathi und daran, was sie für ihr Baby getan hätte. Und das gab mir schließlich den Anstoß und ich gab mir einen Ruck. Meine Hände zitterten, als ich den kalten Metallgriff herunterdrückte und das Innere des kleinen versifften Ladens betrat. Die Atmosphäre war drückend, düster und ein Stück weit unheimlich. Und das Wiesel von Verkäufer hinter der Theke trug nicht unbedingt zu einer Vertrauensbildung bei. „Hallo, schöne Frau... Ich bin Eddy Montgomery. Und mir gehört dieses Geschäft. Was kann ich denn Gutes für dich tun?" „Ich habe hier ein Familienerbstück, und ich stecke zurzeit in einer kleinen Krise. Daher wollte ich nur einmal wissen, was ich dafür bekommen könnte."
Mit diesen Worten zog ich die kleine Schachtel heraus, drehte sie noch einmal unschlüssig in den Händen herum und reichte sie dann an den schmierigen Typen vor mir. Der lächelte ein durch viele Goldzähne blitzendes Lächeln und kramte unterm Tisch eine kleine Waage, eine Edelsteinlupe und die Prüfsäure für den Goldtest hervor. Die ganze Zeit startete er dabei auf meinen Busen. Wirklich ein sehr charmanter Kerl! „Dann lass uns doch mal schauen, was du da hast." schleimte er mein Dekolletee an und wandte dann endlich den Blick auf das Schmuckstück vor sich. Da ich ihn genau beobachtete, konnte ich exakt den Moment erkennen, an dem seine Geldgeilheit die Oberhand gewann. Anscheinend war der Ring um einiges mehr wert, als ich gedacht hatte. Großartig... Jetzt fühlte ich mich noch beschissener! Auch wenn der Kerl mir gruselig hoch zehn war, musste ich zugeben, dass er ausgesprochen vorsichtig mit dem wertvollen Ring umging. Rasch und effizient testete er den Goldgehalt und summte zufrieden, als das Ergebnis achtzehn Karat anzeigte. Als Nächstes waren die Steine dran. Eddy Montgomery sabberte förmlich über den Anblick ... allerdings nur kurz. Dann beeilte er sich, einen mitfühlenden Blick aufzusetzen. „Ach, mein Täubchen. Auch wenn das Gold wirklich von sehr guter Qualität ist, die Steine sind es leider nicht. Aber ich will dich aber nicht über den Tisch ziehen. Ich biete dir fünfzehnhundert Dollar für das hübsche Teil an. Der Ring hat trotz fehlender Exquisiten ein recht ansprechendes Design und ich werde ihn gut weiterverkaufen können." Ich schluckte nervös. Mein Bauchgefühl sagte mir nämlich, dass ich hier gerade sehr wohl über den Tisch gezogen wurde. Und auf einmal zimmerte mein schlechtes Gewissen mir mit einer Bratpfanne eines ganz gewaltig über den Schädel. „Tut mir leid, so dringend ist es dann doch nicht. Der Ring gehörte meiner Oma und sie würde sich im Grabe umdrehen. Ich kann nicht verkaufen ... Ich werde es auch so schaffen ... Entschuldigen Sie bitte, dass ich ihre Zeit verschwendet habe." Eddys Gesichtsausdruck verfinsterte sich, als ich über die Theke langte und ihm das Schmuckstück aus den dreckigen Wurstfingern puhlte. Vorsichtig packte ich den Ring wieder sicher in sein Döschen und schob dieses zurück in meine Tasche. Höflich nickte ich ihm zu und sah zu, dass ich Land gewann. Kaum atmete ich die nach Kloake riechende Luft der Gasse ein, seufzte ich erleichtert. Wenn ich gleich Zuhause war und Kiara wieder im Arm hielt, würde ich meine Entscheidung sehr wahrscheinlich bitter bereuen ... Aber im Moment? Nein, ich konnte beim besten Willen sagen, dass ich gerade die falsche Entscheidung getroffen hatte. Wenn die Verzweiflung wieder zuschlug, hatte ich den Ring ja noch als Rückversicherung. Also, nur für den Fall, dass ich es mir anders überlegen sollte. Ich brauchte einige Minuten, um mich zu sammeln, dann eilte ich zu der Apotheke um die Ecke. Dort ließ ich etwa die Hälfte meiner Trinkgelder und kaufte neben Multivitamintabletten auch noch Fiebersaft für Kinder in Geschmacksrichtung Erdbeere und etwas zur Stärkung des Immunsystems. Als ich wieder am Eingang der Gasse zu Eddys schmierigen Laden stand, sah ich noch einmal mit einem Anflug von Bedauern auf das in einem leichten Wind schaukelnde Schild. Dann schüttelte ich mich und drehte mich schwungvoll um, nur damit ich einen Herzschlag später gegen eine massive Männerbrust krachen konnte. „Au ...", jammerte ich leise und bückte mich nach den Einkäufen, die ich bei dem unfreiwilligen Kontakt hatte fallen lassen. Eine große tätowierte Hand schob sich in mein Blickfeld und reichte mir das Fläschchen mit dem Fiebersaft für Kinder. „Ist dein Kleines krank?", rumpelte eine tiefe Stimme und ich sah in die ruhigen schokoladenfarbenen Augen eines wahren Riesen von einem Mann. Es war ein warmer, sonniger Tag, was erklärte, dass der Gorilla neben einer schlichten Stoffhose und schweren Stiefeln nur ein Tanktop trug. Zahlreiche Tattoos schlängelten sich unter dem Stoff hervor und abgesehen von dem harten Äußeren beunruhigte mich das Waffenholster, welches um seinen rechten Oberschenkel geschnallt war, dann doch schon etwas. Mit zitternden Fingern nahm ich die Medizin entgegen und versuchte mich krampfhaft an die Frage zu erinnern. „Diego? Kommst du?" Der Gorilla musterte mich noch einmal besorgt, strich mir mit einem Zwinkern eine Haarsträhne aus der Stirn und marschierte dann an mir vorbei, um sich den anderen beiden ebenso großen und furchteinflößenden Kerlen anzuschließen. Und einen dieser Typen kannte ich auch noch ... der war doch bei dem Massengelage vor einigen Monaten dabei gewesen! Der Chef der russischen Bande, deren grapschendes Verhalten mir einen köstlichen Bucket KFC als Entschädigung von meiner Chefin eingebracht hatte. Der Dritte im Bunde war heiß wie die Hölle selbst. Dunkel, seelenvolle Augen, ein gepflegtes Äußeres und er strahlte so viel Gefahr aus, dass ich mich wunderte, nicht direkt diverse S.W.A.T. Teams zu sehen, die unterwegs waren, um ihn einzukassieren. Dass er der Chef war, war so klar wie dicke Tinte. Und von diesem Mann sollte Frau sich möglichst weit fernhalten! Und als die drei sich dann auch noch in Richtung der Pfandleihe von Eddy Montgomery aufmachten, gab ich Fersengeld. Irgendwas sagte mir, dass dies kein Zufall war und ich auf keinen Fall vom Radar dieses Mannes erfasst werden durfte. Doch noch während ich den Schlüssel im Schloss zu meiner Wohnung umdrehte, flüsterte mir meine ziemlich pessimistische Stimme panisch zu, dass es hierzu wahrscheinlich bereits zu spät war ...

Es begann mit einem RingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt