Siebenunddreißig

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Ich war entschlossen. Entschlossen, einiges niederzuschreiben. Doch die Wörter, die den Weg auf das digitale Papier bereits gefunden hatten, habe ich wieder gelöscht. Vielleicht waren es nicht die richtigen Wörter. Nicht die Wörter, die ausdrücken, was ich wirklich fühle. Aber genau da liegt das Problem. Kann ich überhaupt sagen, was ich fühle? Immer noch hänge ich an diesem Punkt, dass ich keine Gefühle habe. Und genau deshalb habe ich das, was wir hatten, beendet. Aber du kannst es nicht sein lassen. Ständig spukst du in meinem Kopf umher. Ständig frage ich mich, weshalb dies so ist. Weil meine Entscheidung nicht richtig war? Nein. Meine Entscheidung war mehr als richtig. Das zeigst du mit jeden Tag aufs Neue. Es hätte nichts gebracht, alles noch länger hinauszuzögern. Ich habe lange genug darauf gewartet, dass sich bei mir irgendetwas tut, wenn wir Zeit miteinander verbringen. Dass mein Herz schneller schlägt. Dass es sich zusammenzieht und ich für einen kurzen Moment das Gefühl habe, es würde stehen bleiben. Dass ich aufgeregt bin. Dass ich nervös werde. Dass sich meine Wangen erhitzen. Dass ich Gänsehaut bekomme. Dass dieses Kribbeln durch meinen Körper strömt und sich in meinem Bauch ausbreitet. Dass ich nicht mehr ruhig schlafen kann, wenn du nicht in meiner Nähe bist. Dass es mir etwas ausmacht, wenn wir zum wiederholten Mal diskutieren. Auf all das und noch viel mehr habe ich gewartet. Vergebens. Also bring mich nicht dazu, zu überlegen, ob meine Entscheidung falsch war. Das ist sie nicht. Nur weil ständig Erinnerungen von unserer gemeinsamen Zeit im Kopf umherschwirren, bedeutet es nicht, dass wir noch mehr Erinnerungen hätten sammeln sollen. Ich muss mich damit abfinden, dass mein Kopf noch verarbeiten muss, was mein Herz schon längst wusste. Lass mich dies in Ruhe tun und vielleicht kann ich dir dann eines Tages berichten, dass ich mich in den Schlaf geweint habe, um mich besser zu fühlen. Denn tut man dies nicht eigentlich, wenn man einen wichtigen Menschen verloren hat? Ja, du warst wichtig für mich. Vielleicht bist du es sogar immer noch und vielleicht kannst du es irgendwann wieder sein. Aber auf eine andere Art und Weise als du es dir erhoffst. Ich möchte dich nicht zurück. Also hör auf, mir diesen Gedanken unterzuschieben. Hab den Mut, mir zu sagen, was du wirklich über die Trennung denkst, und wir können wie zwei normale Menschen miteinander reden. Aber merk dir, dass ich auf diese dreckige Methode nicht reagieren werde. Nicht letzte Woche. Nicht diese Woche. Nicht nächste Woche. Lass mich in Frieden das finden, was andere Menschen Liebe nennen. Das, was ich bei dir nicht finden konnte. Das, was mich irgendwann glücklich machen wird. Für immer.  

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