21. Netflix and Chill

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Ich hatte, während der warmen Dusche und eines ausgiebigen Frühstücks beschlossen, mir die letzte Nacht sowie das Gespräch über Nates familiäre Situation nicht zu sehr zu Kopf steigen zu lassen.

Im Endeffekt würden mir das nämlich kein Stück weiterhelfen. Zudem hatten wir das Ganze schließlich schon geklärt, oder? Es war ein Ausrutscher und würde definitiv nicht zur Gewohnheit werden. Hoffentlich. Passiert war das schließlich nur, weil ich emotional irritiert war, so dass mich die Anziehung zu ihm überwältigt und das Ruder übernommen hatte. Rückgängig zu machen war es ohnehin nicht. Eigentlich wollte ich das auch gar nicht, wenn ich drüber nachdachte.

Denn dadurch war immerhin die Leichtigkeit zwischen uns wiedergekehrt, die ich am Abend unserer ersten Begegnung so intensiv gespürt hatte. Das sollte ich vielleicht einfach dankbar annehmen. Nate und ich waren nunmal irgendwie auf einer Wellenlänge. Auf freundschaftlicher und körperlicher Basis.

Wieso sollte ich also weiterhin so tun, als würde er mir gegen den Strich gehen, wenn dem nicht so war?

War er ein Frauenheld? Definitiv, ja.
Fand ich ihn attraktiv? Auch ja.
Hatte er einen interessanten Charakter? Erstaunlicherweise ebenfalls ein klares Ja.

Ich war unheimlich froh, dass er mich einen Blick hinter seine draufgängerische Maskerade hatte werfen lassen. So kam mir die Anziehung, die ich zu ihm spürte, zumindest nicht mehr vollkommen dämlich und absurd vor.

Doch war eine ‚Freundschaft' mit dem Typen, mit dem man zufällig zwei Mal im Bett gelandet war überhaupt möglich? Soweit man das als ‚Freundschaft' bezeichnen konnte.
Solang keine Gefühle im Spiel waren, sollte es keine Probleme geben, schätze ich.
Vor einer vergleichbaren Situation stand ich noch nie. Alle Typen, mit denen ich geschlafen hatte —was sich auf Josh beschränkte— waren meine festen Freunde.

Nach Josh hatte ich mal mit einem Typen betrunken auf einer Party rumgemacht. Nur um festzustellen, dass er absolut schrecklich küsste. So schrecklich, dass ich es nicht mal alkoholsiert gut fand und mitten im Kuss einfach aufgestanden und gegangen bin.

Nicht die feine englische Art, ich weiß.
Zu einer anderen Reaktion war ich damals allerdings gar nicht mehr fähig gewesen. Hätte ich versucht mich zu erklären, wäre das wesentlich übler für den Typen ausgegangen, da ich betrunken ziemlich direkt sein konnte. Zu meinem Glück hatte ich ihn nie wieder gesehen.

Es war mittlerweile Abend. Die Sonne war bereits untergegangen, weshalb ich es mir in bequemen Klamotten und mit meinem Tablet auf dem Bett bequem gemacht hatte. Neben mir stand eine Tüte Chips, die ich Stück für Stück vernichtete, während ich Grey's Anatomy ansah. Bestimmt schaute ich diese Serie zum vierten Mal. Eigentlich hatte ich Arztserien immer für schrecklich gehalten und fand die meisten absurd —was Grey's Anatomy zeitweise natürlich auch war. Doch irgendwie hatte mich die Serie in ihren Bann gezogen, aus dem ich nur schwer entkommen konnte. Sie hatte sich zu meiner absoluten Lieblingsserie entwickelt, die ich zu jeder Tageszeit schauen konnte, ohne dass mir langweilig wurde.

Ein Aufleuchten meines Handydisplays, neben mir, lenkte mich ab. Auf dem Display erschien eine Nachricht von einer unbekannte Nummer.

Irritiert öffnete ich WhatsApp.

Kann ich dir vielleicht Gesellschaft leisten?'

Ich antwortete mit einem Fragezeichen, da ich auf dem gesamten Profil keine Indizien für eine, mir bekannte, Person ausmachen konnte.
Mich beschlich zwar eine Ahnung, vorsichtshalber wollte ich mich dennoch vergewissern.

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